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Die Umschuldungsverhandlung geht weiter

Von Juan E. Alemann

Wirtschaftsminister Martín Guzmán
Wirtschaftsminister Martín Guzmán. (Foto: wikipedia)

Das Wirtschaftsministerium hat am Freitag der Vorwoche bestätigt, dass es den Termin für ein Abkommen über Umschuldung mit den Inhabern von argentinischen Staatstiteln, die auf Dollar lauten und der US-Gerichtsbarkeit unterstehen, bis zum 24. Juli verlängert hat. Ob die Gläubiger zugestimmt haben oder dies einfach dulden, wurde nicht mitgeteilt. Es ist die fünfte Festsetzung eines neuen Schlusspunktes. Am 22. Mai 2020 war Argentinien formell in Default geraten, nachdem Zinsen von u$s 503Mio., die auf drei sogenannte “Global-Bonds” entfielen, nicht gezahlt wurden. Zunächst hatte Präsident Fernández den 31. März als Schlussdatum angekündigt, und dann wurden sukzessive weiteren Termine festgesetzt, die alle nicht eingehalten wurden.

Ende Juni sind weitere Zinszahlungen fällig, die insgesamt u$s 581 Mio. ausmachen, die auf 4 verschiedene Bonds entfallen. Und in der ersten Julihälfte kommen noch u$s 363 Mio. hinzu, die auf Zinsen von fünf Bonds entfallen. Insgesamt sind es u$s 944 Mio. Die Regierung könnte diesen Betrag ohne weiteres zahlen, so dass ein neuer Konflikt vermieden würde, der die Verhandlung stören würde. Doch wie verlautet, wird die Regierung nicht zahlen, weil dies im Fall eines Defaults keinen Sinn hat. Es wäre eine weitere Verhärtung der Verhandlungsposition. Eventuell besteht für diese Zinszahlungen eine Frist von 30 Tagen, bevor die Gläubiger den Default erklären. Das steht zwar nirgends geschrieben, wird aber als üblicher Brauch angesehen. Diese Frist ist jetzt bei den Zinsen, die am 22. Mai verfielen, abgelaufen, so dass die Gläubiger, und zwar irgend einer, den Default fordern und einen Prozess einleiten kann.

Offensichtlich rechnet Wirtschaftsminister Martín Guzmán damit, dass die Inhaber argentinischer Staatspapiere kein Interesse an einem Default haben, weil sie dabei schließlich einen höheren Verlust erleiden, als bei der letzten argentinischen Offerte. Denn dann sind die Titel, die sie im Portefeuille haben, an der Börse viel weniger Wert als jetzt, und noch weniger als bei der argentinischen Offerte. Guzmán zeigt sich (mit der Rückendeckung von Präsident Alberto Fernández) als ein Pokerspieler von Format. Aber er riskiert dabei sehr viel, denn er kann dabei die Kontrolle der Lage verlieren und bei einem Default enden.

Wenn schließlich doch eine Einigung erreicht wird, irgendwo zwischen der argentinischen Offerte und der der großen Investmentfonds, dann steht Guzmán als gerissener Unterhändler und starker Wirtschaftsminister da. Wenn es ihm schlecht geht, tritt er zurück und nimmt wahrscheinlich seine Lehrtätigkeit an der Universität Columbia wieder auf. Das Problem überlässt er dabei uns. Doch auch wenn es schließlich zu einem guten Ende kommt, fragt man sich, ob es sich gelohnt hat, über ein halbes Jahr zu verhandeln, mit dem Damoklesschwert über dem Haupt, statt zu versuchen, den Fall sofort zu beenden, auch wenn dies teurer zu stehen gekommen wäre. Denn der Schaden, den die Ungewissheit in diesen Monaten angerichtet hat, ist immens, wahrscheinlich sogar höher als die Ersparnis, die Guzmán schließlich erreicht.

Die Differenz zwischen der Offerte der argentinischen Regierung und der der Fonds ist schließlich so gering geworden, dass ein Default keinen Sinn hat und eine Einigung logisch wäre. Bei einer Berechnung des Gegenwartswertes der Schuld (Kapital plus Zinsen) bis zum Ablauf der einzelnen Titel, betrug die Differenz vor kurzem noch u$s 6 Mrd., und liegt jetzt, gemäß Zahlen von letzter Woche bei u$s 2,1 Mrd. Dabei wird die Rechnung mit einem Zinssatz von 10% gemacht, der im internationalen Vergleich als sehr hoch erscheint. In anderen Fällen wurden bei Umschuldungen wesentlich niedrigere Zinsen genommen, was angesichts der sehr niedrigen Zinsen, die auf dem internationalen Finanzmarkt gelten, als logisch erscheint. Aber Argentinien ist eben durch seine Vergangenheit belastet, besonders durch den gigantischen Default von 2001, dessen Überwindung anormal lang gedauert hat und für die Gläubiger sehr traumatisch war.

Die argentinische Regierung hat ihr Angebot bis auf 49,9% der Gesamtsumme (Kapital plus Zinsen) angehoben, angeblich auf Empfehlung des IWF. Doch die Fonds fordern in einigen Fällen 52%, in anderen (wie Blackrock, der Härteste von allen) 54%. Vor zwei Wochen hat die Regierung dann noch zwei Möglichkeiten in Aussicht gestellt, um den Vorschlag zu verbessern: einen Coupon, der bei einer bestimmten Exportzunahme gezahlt wird, und Zahlung von Zinsen für 2020. Für die Regierung ist es das eine oder das andere, für die Gläubiger beides. Ein Exportbonus ist auf alle Fälle besser als der an das Wachstum des Bruttoinlandsprodukt gebundene von 2005. Denn einmal ist der Export, im Gegensatz zum BIP, eine statistische Zahl, über die kaum ein Zweifel besteht, während das BIP von der Methodologie der Berechnung abhängt. Das hat schon zu einem Prozess in New York geführt, der nicht beendet wurde. Und dann hat der Export mehr mit der Möglichkeit zu tun, Schulden zu zahlen, als das BIP. Wenn Argentinien den Export stark steigert, was durchaus möglich ist, dann ist die Zahlung von Schulden einfacher.

Sowohl der Internationale Währungsfonds wie die Regierung der Vereinigten Staaten, und wohl auch andere Regierungen der großen Welt, und nicht zuletzt auch China, haben ein Interesse, dass es zu einer Lösung kommt. Der Fall erscheint aus internationaler Sicht zu gering, als das man es auf einen Default ankommen lässt. Viele Schwellenländer, und auch andere, stehen jetzt als Folge der weltweiten Wirtschaftskrise, die der Covid-19 ausgelöst hat, vor schwierigen Zahlungsbilanzproblemen, die auch direkte oder verkappte Umschuldungen erfordern. Käme es dabei zu vielen Defaults, würde das eine Erschütterung für das internationale Finanzsystem und die Weltwirtschaft bedeuten.

Es ist somit zu erwarten, dass Donald Trump jetzt Alberto Fernández (mit dem er schon ein freundschaftliches Telefongespräch hatte) hilft. Die unnachgiebigeren Fonds, Blackrock und Ashmore, dürften es wohl nicht auf einen Konflikt mit der US-Regierung ankommen lassen. Außerdem ist Larry Fink, der Blackrock vertritt, ein persönlicher Freund von Trump, dem dieser sogar für ein Amt in seiner Regierung in Aussicht gestellt hat.

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