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Die spanische Upperclass

Kritik zu Pedro Almodóvars „Madres Paralelas“

Von Catharina Luisa Deege

Madres Paralelas
Schauspielerinnen Milena Smit (l.) und Penélope Cruz in „Madres Paralelas“. (Foto: Netflix)

Buenos Aires (AT) - Genau heute ist es soweit: „Madres Paralelas“ (deutscher Titel: Parallele Mütter) vom spanischen Superregisseur Pedro Almodóvar erscheint auf Netflix. Vorher ließ der Streamingdienst-Riese den Film in einigen Kinos Argentiniens laufen. Man könnte meinen, dass einem Almodóvar-Film die ganz große Leinwand gegönnt sei; „Madres Paralelas“ ist jedoch auch etwas für die Fans von Sonntagabend-auf-dem-Sofa-Filmen.

Es geht um Janis (Penélope Cruz), eine attraktive, selbstbewusste, frischgebackene Mama. Und es geht um Ana (Milena Smit), ebenfalls Mutter, jedoch deutlich jünger (angeblich minderjährig), unsicher und etwas blauäugig. Die beiden lernen sich bei den Geburten ihrer Mädchen im Krankenhaus kennen, teilen sogar ein Zimmer. Dass die zwei Frauen sich noch des Öfteren über den Weg laufen werden und müssen, ahnen sie zu dem Zeitpunkt nicht.

Janis und Ana haben sich im Vorfeld dazu entschieden, unabhängig von der Zustimmung der biologischen Väter ihrer Töchter Mamas zu werden. Dabei sind sie fast auf sich allein gestellt, denn in Anas Fall ist ihre Mutter Teresa (Aitana Sánchez-Gijón) vernarrter in ihre Schauspielkarriere als in ihr neues Enkeltöchterchen und die Werbefotografin Janis bekommt lediglich etwas Unterstützung eines trägen Au-Pairs. Ein nicht ganz unwichtiger, weiterer Handlungsstrang entsteht aus der Arbeit von Arturo (Israel Elejalde), dem Vater von Janis kleiner Tochter. Dieser ist forensischer Anthropologe und arbeitet für eine Stiftung, die versucht, Licht hinter die Verbrechen des Franco-Regimes zu bringen.

„Madres Paralelas“ spiegelt sicher die Liebe und Unterstützung wider, die Almodóvar für Mütter empfindet. Er zeigt Ana und Janis als freie, selbstbestimmte und sich unterstützende Frauen. Er zeigt ebenfalls, dass selbst Mamas manchmal Fehler machen (dürfen) und verleiht dem Film mit dem Ende einen politischen Schwenk. Der Eröffnungsfilm der Internationalen Festspiele von Venedig 2021 ist eine Mischung aus Seifenoper und Empowerment-Film mit Arthouse-Einflüssen.

Von einem typischen Almodóvar-Meisterwerk kann man bei der Komödie jedoch nicht gerade sprechen. Auffällig tauchen Produkte der Luxusmarken-Sponsoren wie Apple und miu miu auf, die Farben sind bis in die vollkommene Unnatürlichkeit auf Netflix-Ästhetik gesättigt. Wenn das Ziel war, eine aus dem Leben gegriffene Geschichte zu erzählen, dann scheitert Almodóvar bereits ab dem Moment daran, als Janis eine Woche nach der Geburt ihrer Tochter perfekt geschminkt und spindeldürr ins Bild hopst.

Penélope Cruz ist sehr, sehr schön. Aber das weiß sie auch. Mut zur Hässlichkeit beweist sie einzig in der Anfangsszene. Pedro Almodóvar schafft es stets in seinen Filmen die bürgerliche Mitte Spaniens abzubilden und marginalisierten Personen eine Stimme zu geben. Die Figuren in „Madres Paralelas“ wirken jedoch wie gelangweilte Bonzen, die den ganzen Tag mit Lackledertäschchen durch Madrid spazieren. Die Dialoge geben ihnen ein wenig mehr Charakter und Witz, auch wenn im Kinosaal nur an einer einzigen Stelle herzlich gelacht wurde. „Madres Paralelas“ wirkt leider wie eine schnelle, kommerzielle Produktion - die Messlatte liegt durch die bisherigen Werke des Regisseurs und Drehbuchautors jedoch auch unverschämt hoch.


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