Dass Präsident Alberto Fernández dem russischen Präsidenten (und Diktator) Wladimir Putin ausgerechnet jetzt einen Staatsbesuch abstattete, deutet auf ein totales Unverständnis der internationalen Lage hin. Russland droht jetzt mit einem Krieg, und die EU-Staaten, die Vereinigten Staaten u.a. machen sich große Sorgen über die Aussicht eines russischen Einmarsches in der Ukraine. Was der Putin beabsichtigt, weiß man nicht, aber die Drohung ist Tatsache und beruht auf der Stationierung von Truppen in großem Umfang an der Grenze mit der Ukraine. Der Besuch von Fernández ist zwar keine Unterstützung der bösen Absichten Russlands, wird aber so gedeutet. Abgesehen davon sollte Fernández nicht vergessen, dass Putin Oppositionspolitiker verfolgt, einen sogar vergiftet hat, und Menschenrechte allgemein missachtet. Jetzt hat er auch das Büro der Deutschen Welle in Moskau geschlossen.
In einem Moment, in dem Argentinien besonders auf den guten Willen der USA angewiesen ist, kommt dies dort schlecht an. Die Vereinigten Staaten fordern von den Staaten, denen sie helfen, zumindest Loyalität in der Weltpolitik. Das scheint Kabinettschef Juan Manzur begriffen zu haben, der den nordamerikanischen Botschafter Mark Stanley aufsuchte, offensichtlich um die politische Bedeutung der Unterredung von Fernández mit Putin zu entkräften. Manzur hat, im Gegensatz zu Alberto Fernández, eine klare Vorstellung über die internationale Zugehörigkeit Argentiniens und die Bedeutung guter Beziehungen zu den USA.
Fernández sagte, Argentinien wolle sich von der Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten lösen. Damit hat er erneut gezeigt, dass er die Welt nicht versteht. Er sagte auch, Argentinien solle das Eingangstor Russland in Südamerika sein, was großer Blödsinn ist. Die USA haben sich faktisch nach dem 2. Weltkrieg zum Finanzzentrum der Welt entwickelt und ihre Währung, den Dollar, als Weltwährung durchgesetzt. Die EU-Staaten haben versucht, dies mit der Schaffung des Euro zu mildern, was jedoch grundsätzlich wenig geändert hat. Argentinien verwendet den Dollar als Zweitwährung, und das haben nicht die Vereinigten Staaten sondern die argentinischen Regierungen mit der Inflation und der Devisenbewirtschaftung herbeigeführt. Dass die USA das internationale Finanzzentrum sind, bedeutet jedoch nicht, dass die Regierung der Vereinigten Staaten direkten Einfluss auf die Finanzgeschäfte ausübt.
Die These der angeblich schädlichen Abhängigkeit von den USA gehört zum Konzept, dass immer die anderen die Schuld für die argentinischen Problemen haben. Doch die argentinische Krise ist hausgemacht. Abgesehen davon liegen die Vereinigten Staaten beim Außenhandel weit hinter China und Brasilien, und haben auch bei Auslandsinvestitionen eine beschränkte Präsenz. An der Privatisierungswelle der 90er Jahre haben die Vereinigten Staaten nicht mitgemacht. Beim Verkauf der Unternehmen des Konzerns Bunge & Born, die auch in den 90er Jahren erfolgte, hat die US-Firma Procter & Gamble die Compañia Quimica übernommen. Und dann hat auch auch Kraft Foods lokale Firmen geschluckt. In früheren Zeiten betrieben US.Firmen die großen lokalen Schlachthöfe Swift und Armour und waren bei Kfz mit den Marken Ford und Chevrolet mit Abstand führend. Doch all das ist längst vorbei. Auch die US-Banken Boston und Citibank haben sich zurückgezogen.
Was wollte Fernández konkret von Russland? Einmal will er Geld für die Aufstockung der Reserven, was auf einen Kredit hinausläuft. Über dieses Thema verhandelte Minister Guzman in Moskau nach der Abreise von Fernández. Es ist jedoch fragwürdig, dass Russland sich dazu bereit erklärt und auf alle Fälle nicht ohne Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds, dem auch Russland als Mitglied angehört.
Über russische Investitionen gab es nichts neues. Auch russische Unternehmen betrachten die Bedingungen für Investitionen in Argentinien als ungünstig. In einem Land mit hoher Inflation und einer Gewinnsteuer, die höher als in den meisten Ländern liegt (da auch Buchgewinne besteuert werden, die sich aus der Inflation ergeben), werden Auslandsinvestoren von vorne herein abgeschreckt. Außerdem greift der Staat in vielen Bereichen in die Festsetzung der Preise ein, und die Arbeitsgesetzgebung wirkt störend. Schließlich werden Auslandsinvestitionen zum offiziellen Kurs verrechnet, während Investoren den freien Kurs beanspruchen. Wer in Argentinien investiert, fühlt sich von vorne herein betrogen.
Was Finanzierung von öffentlichen Investitionen betrifft, so hat Russland schon Interesse gezeigt. Unlängst wurde ein Projekt bekannt, um die Vororteisenbahn San Martín zu elektrifizieren, was jedoch erst nach dem Abschluss des IWF-Abkommens in Kraft treten würde. Und 2015, unter der Regierung von Cristina Kirchner, hatte ein russisches Unternehmen die Zuteilung für den Bau des Wasserkraftwerkes Chihuidos, am oberen Lauf des Limay-Flusses, in Neuquén, erhalten, wobei Russland auch einen Kredit bereitgestellt hatte. Unter der Macri-Regierung zog sich Russland zurück, nachdem die Regierung den Vertrag ändern und die Zinsen senken wollte. Das Prinzip der Vertragserfüllung wurde auch von Macri nicht eingehalten. Schlimm!
Russland bietet gute Möglichkeiten für argentinische Exporte. Das bezieht sich nicht nur auf traditionelle Exportprodukte, sondern auf Wein, Obst, Oliven, Zucker, Baumwolle, Holzprodukte und zahlreiche reine Industrieprodukte. Doch über dieses Thema wurde angeblich nicht gesprochen. Konkret hat die Russlandreise des Präsidenten nichts ergeben. Sie hat nur viel Geld gekostet.
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