top of page
Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die schwierige Verhandlung mit dem Währungsfonds

Von Juan E. Alemann

Wirtschaftsminister Martín Guzmán und seine Mannschaft verhandeln seit einigen Monaten mit Fachbeamten des Internationalen Währungsfonds über die Umschuldung des Betrages von u$s 44 Mrd., den der argentinische Staat dem Fonds schuldet. Im Jahr 2018, als Macri die Hilfe des Fonds beantragte, um einen unmittelbar bevorstehenden Default zu vermeiden, hatte der Fonds sich bereit erklärt u$s 50 Mrd. zu leihen, und schließlich sollten es sogar u$s 57 Mrd. sein. Doch die letzten Quoten wurden nicht abgehoben, wobei Alberto Fernández, damals Präsidentschaftskandidat, die Regierung aufforderte, kein Geld mehr vom IWF aufzunehmen. Das war keine gute Empfehlung; denn mit den verbleibenden u$s 13 Mrd. hätten Schulden getilgt werden können, die einen höheren Zinssatz hatten, und das hätte die Verhandlung über Umschuldung privater Forderungen erleichtert.

Es dürfte von vornherein klar gewesen sein, dass die Amortisation des Kredites, die schon dieses Jahr beginnen sollte, nicht möglich war. Ebenfalls war klar, dass Macri kein langfristiges Abkommen abschließen konnte, nachdem die Zahlungen auf die Regierung von Alberto Fernández und Cristina Kirchner entfielen.

Der IWF erteilt Kredite innerhalb bestimmter Schemen, aber nicht gemäß dem Wunsch der Schuldner. Jetzt ist die Rede von einer Amortisationsfrist von 10 Jahren im Rahmen eines EF-Programmes (”extended facilities”). Cristina setzte sich unlängst für eine Frist von 20 Jahren ein, was der Fonds ablehnte, weil es in kein Schema passt. Der IWF hat eine bestimmte Starrheit bei seinen Kreditabkommen, wie auch, dass er nicht auf die Zahlung der verpflichteten Zinsen verzichten oder sie verringern kann, was den Spielraum bei den Verhandlungen einschränkt.

Wenn ein Land die Verpflichtungen mit dem Fonds nicht erfüllt, wird dieser keinen Default fordern, wie es bei privaten Gläubigern der Fall ist. Doch dann werden als erstes Weltbankkredite gesperrt, und wohl auch die der Interamerikanischen Entwicklungsbank (BID), der amerikanischen Entwicklungsbank (ehemals Andenkörperschaft benannt) und wohl auch die von öffentlichen und privaten Banken allgemein. Das wäre eine Katastrophe, die zu einem totalen Zusammenbruch der Wirtschaft führen würde. Bei den Krediten der Weltbank und des BIP besteht die ungeschriebene Regel, dass neue Kredite dem Betrag der Amortisationen der alten entsprechen oder ihn übersteigen. Ohne dies entstünde automatisch ein Default gegenüber diesen Förderungsbanken.

Minister Guzmán gab die Hoffnung bekannt, das Abkommen im Mai abschließen zu können. Doch, wie verlautet, sind die Fonds-Fachleute nicht so optimistisch. Denn bei einem Abkommen auf 10 Jahre muss das Land Verpflichtungen eingehen, die nicht einfach zu erfüllen sind. Damit die Amortisationsquote von u$s 4,4 Mrd. plus Zinsen (von ca. u$s 2,2 Mio.) im ersten Jahr und dann weniger, gezahlt werden können, muss das Defizit der Staatsfinanzen stark verringert werden. Es kann eigentlich nur dem Betrag der neuen Kredite entsprechen, die für Investitionen vergeben werden, plus einem kleinen Teil, der mit Geldschöpfung gedeckt wird. Denn, wenn die Wirtschaft wächst, wie es beim Abkommen angenommen wird, steigt auch der Geldbedarf, den die ZB mit Emission decken kann. Dieses Emissionsrecht verlieren Staaten wie Ecuador, die auf die Verwendung des Dollar als interne Währung übergehen.

Im Allgemeinen ist man sich nicht bewusst, wie wichtig der Abschluss des Abkommens mit dem Fonds ist. Solange es nicht abgeschlossen ist, werden Kredite der Weltbank verzögert, und Kredite chinesischer Banken, die an Investitionsprojekte gebunden sind, nicht ausgezahlt. Hier geht es u.a. um den im Dezember angekündigten chinesischen Kredit von u$s 4,69 Mrd., der für die Erneuerung von Schienen und auch für Lokomotiven und Waggons der Eisenbahnen Belgrano (Buenos Aires bis Jujuy) und San Martín (Buenos Aires bis Mendoza) und auch anderer Strecken bestimmt ist. Über die Einzelheiten der Lieferungen und der Kreditauszahlung wird in diesen Tagen verhandelt, aber der Abschluss hängt vom Abkommen mit dem IWF ab. Mit China wird auch über ein Atomkraftwerk u.a. Projekte verhandelt, wobei insgesamt ein Kreditbetrag von u$s 35 Mrd. erwähnt wurde. Abgesehen davon werden viele Entscheidungen der Wirtschaftswelt ebenfalls hinausgeschoben. All das hat eine lähmende Wirkung auf die Wirtschaft und erschwert die Überwindung der Rezession.

Doch der Inhalt des Abkommens mit dem IWF ist nicht einfach, weil er von argentinischer Seite politisch schwierige Entscheidungen fordert, die unerlässlich sind, um die Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen. Dies ist jetzt durch die pandemiebdingten Staatsausgaben noch schwieriger geworden. Abgesehen vom Problem, das der 2020 angehäufte Schuldenberg schafft, dürften 2021 weitere Ausgaben hinzukommen. Doch wenn der IWF diese Mehrausgaben duldet, dann wird er bei anderen Ausgaben strenger sein müssen.

Als erstes wird der Fonds fordern, dass die Tarife öffentlicher Dienste, an erster Stelle beim Strom, stark erhöht werden, so dass der Subventionsbetrag entsprechend sinkt. Das ist fast selbstverständlich, stößt jedoch bisher auf den Widerstand von Cristina, die befürchtet, dabei Stimmen zu verlieren. Doch der Fonds dürfte in diesem Punkt besonders hart bleiben. Im Wirtschaftsministerium wird jetzt an einer Tarifstruktur gearbeitet, bei der die großen Stromkonsumenten keine Subvention mehr erhalten, also die vollen Kosten tragen, was eine starke Zunahme (etwa eine Verdoppelung) bedeutet, und dem Staat $ 35 Mrd. sparen soll. Haushalte, die im Durchschnitt nur 35% der Stromkosten zahlen, sollen auch etwas mehr zahlen, aber weiter subventioniert werden.

Als Zweites wird der Staat weniger investieren müssen. Das bedeutet, dass der Staat die einzelnen Investitionsvorhaben gründlich prüfen muss und dann strenge Prioritäten aufstellen muss. Der Fonds sollte darauf bestehen, dass eine eingehende Analyse der Investitionsprojekte besteht, die festgesetzten Prioritäten eingehalten werden und so weit wie möglich für Finanzierung gesorgt wird. Normalerweise greift der Fonds nicht in Regierungsentscheidungen über Investitionen ein, und beschränkt sich auf Festsetzung eines Gesamtbetrages. Dieses Mal könnte der IWF jedoch weiter gehen. Es wäre auf alle Fälle gut, wenn er es täte.

Ebenfalls sollte am Abbau der staatlichen Angestellten gearbeitet werden. Die drei Kirchner-Regierungen haben die Belegschaft stark aufgebläht, Macri hat sie nur minimal verringert, und die gegenwärtige Regierung erhöht sie ununterbrochen. Als erstes müsste der Fonds eine Einfrierung der staatlichen Arbeitsplätze durchsetzen, so dass diejenigen, die in Pension gehen, sterben, zurücktreten oder entlassen werden, nicht ersetzt werden. Dabei sinkt die Zahl jährlich um ca. 3%, also bezogen auf den Bundesstaat, die Provinzen und die Gemeinden, an die 100.000 Personen pro Jahr. Doch darüber hinaus muss an der Verringerung der Belegschaft bei einzelnen Ämtern gearbeitet werden, und den überschüssigen Angestellten einen Anreiz bieten, damit sie den Staat verlassen. Und die Provinzen müssen unter Druck gestellt werden. Doch ohne den IWF dürfte auf diesem Gebiet wenig geschehen.

Es ist die Rede davon, dass der Fonds auch das Pensionierungssystem revidieren will. Doch das erscheint faktisch und politisch am schwierigsten. Ebenso muss berücksichtigt werden, dass die Ausgaben für Erziehung und Gesundheit eigentlich erhöht werden müssten.

Die lokalen Unterhändler neigen traditionell dazu, Verpflichtungen einzugehen, die sich generell auf Eindämmung der Ausgaben beziehen, ohne dies Ernst zu nehmen. Doch die Fondsbeamten wissen auch, dass ohne sehr konkrete Verpflichtungen schließlich nichts geschieht. Deshalb kann man davon ausgehen, dass die Verhandlungen nicht im Mai abgeschlossen werden, sondern viel länger dauern, eventuell das ganze Jahr. In einem Wahljahr wie diesem ist die Regierung noch weniger geneigt, Maßnahmen zu treffen, die beim Volk schlecht ankommen oder Konflikte schaffen. Doch eine Vertiefung der Rezession, wie sie vorauszusehen ist, wenn es nicht bald zu einem Abkommen mit dem IWF kommt, wirkt noch stärker auf die allgemeine Stimmung. Dessen sollten sich Alberto und Cristina voll bewusst sein.


3 visualizaciones0 comentarios

コメント


bottom of page