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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die Reform des Arbeitsrechts steht jetzt zur Diskussion

Von Juan E. Alemann

Die Ernennung von Antonio Aracre zum Chefberater des Präsidenten klingt erstaunlich. Er soll am 1. Februar sein neues Amt antreten. Aracre war jahrzehntelang Geschäftsführer von Syngenta, die die Landwirtschaft mit Qualitätssamen u.a. Produkten beliefert. Als erstes hat er sich für eine Flexibilisierung der Arbeitsgesetzgebung eingesetzt, ein Thema, das von dieser Regierung stets verschwiegen wurde. Aracre setzte dabei das Ziel auf, 6 Mio. Schwarzarbeitern und denjenigen, die auch sonst prekäre Beschäftigungen haben, die Möglichkeit zu bieten auf die formelle Arbeitswelt überzugehen. Aracre sprach dabei auch von der Möglichkeit, eine Annäherung mit der Opposition zu erreichen, um dieses Thema zu behandeln. Jetzt muss der Präsident entscheiden, der bestimmt von Aracre vorher unterrichtet worden war. Sergio Massa, und vor allem sein Vizeminister Gabriel Rubinstein, dürften den Vorschlag mit Enthusiasmus unterstützen.

Die Gewerkschaften sind prinzipiell gegen Reformen des Arbeitsrechts eingestellt, und haben sofort in geharnischtem Ton gegen die Äußerungen von Aracre Stellung bezogen, indem sie ihn bezichtigten, Reformen zu befürworten, die zu Massenentlassungen führen. Aracre erklärte sofort, dass seine Reformideen nichts damit zu tun hätten. Die Gewerkschafter befürchten auch, dass die Arbeiter eventuell gezwungen werden, intensiver zu arbeiten. So interpretieren sie das Ziel, eine höhere Produktivität zu erreichen. Schließlich befürchten sie, dass der Reallohn dabei abnimmt. Die Gewerkschaftsführer bewegen sich bequem innerhalb der geltenden Arbeitsgesetzgebung, und befürchten auch, dass sie mit einer Reform Macht verlieren würden. All das muss man bei der Diskussion über das Thema berücksichtigen und aufklären.

In diesem Sinn muss man auch die Themen in den Vordergrund stellen, bei denen die Gewerkschafter mit den Lösungsvorschlägen einverstanden sein sollten. Einer besteht in der Erleichterung und Förderung des Übergangs von Schwarzarbeit auf legale Beschäftigung. Gegenwärtig gibt es mehr Schwarzarbeiter (wenn man diejenigen hinzuzählt, die als selbstständige auftreten, aber im Wesen Schwarzarbeiter sind) als legal eingetragene Arbeiter. Das hat auch dazu geführt, dass Vertreter dieser Gruppen aufgetreten sind, die den traditionellen Gewerkschaftern ihre Rolle als Vertreter der Arbeiterschaft streitig machen. Luis D‘Elía, Juan Grabois, Emilio Pérsico u.a. bringen viel mehr Menschen auf die Straße als die traditionellen Gewerkschaftsführer.

Der Übergang von Schwarzarbeit auf legale Beschäftigungen ist nur möglich, wenn die bisher nicht gezahlten Beiträge zum Pensionierungssystem einfach gestrichen werden. Es muss einen Nullanfang geben. Und dann muss der Übergang von schwarz auf weiß auch sonst erleichtert werden, u.a. dadurch, dass allgemein im ersten Jahr keine Beiträge zum Pensionierungssystem gezahlt werden, sowohl die der Arbeitnehmer wie die der Arbeitgeber nicht. Dies muss nicht nur für Schwarzarbeiter gelten, sondern allgemein. Das würde auch Neueinstellungen allgemein fördern.

Als Zweites müsste bei Einstellung eines neuen Arbeiters oder Angestellten die Periode, während der er ohne Entschädigung entlassen werden kann, von gegenwärtig drei Monaten auf zwei Jahre verlängert werden. Das Argument, dass die Unternehmer dann die Arbeiter nach zwei Jahren entlassen und neu nehmen ist wirklichkeitsfremd. Die Einlernung eines Arbeiters oder Angestellten ist nicht einfach, und die Unternehmer wollen bestimmt nicht auf Arbeitskräfte verzichten, die ihre Arbeit gelernt haben und gut ausführen. Selbst die einfachsten Tätigkeiten erfordern gewisse Kenntnisse, die sich der Arbeiter aneignen muss. Und das dauert eine gewisse Zeit.

Diese Reformen sollten im Grunde nicht schwierig sein, und auch von den Gewerkschaftern gutgeheißen werden. Selbstverständlich wird man mit ihnen darüber reden und sie überzeugen müssen. Doch schließlich wird mit diesen Maßnahmen erreicht, dass die Zahl der Arbeitnehmer, die auch bei den Gewerkschaften eingetragen sind, stark zunimmt, und das bedeutet auch, dass die Gewerkschaften auf Grund der Zwangsbeiträge mehr Geld erhalten. Und das dürfte ein Argument sein, dem sie nicht widerstehen können.

Hinzu sollten dann noch grundlegende Reformen kommen. Vor längerer Zeit schon wurde ein Projekt vorgelegt, durch das ein Fonds gebildet wird, der mit Beiträgen der Unternehmen gespeist wird, mit dem dann die Entlassungsentschädigungen gezahlt werden. Das würde den Arbeitnehmern einmal die Entschädigung sichern. Heute ist es so, dass viele Unternehmen, die schließen, weil sie in Konkurs geraten sind oder einfach nicht weitermachen können, die Entlassungsentschädigungen schuldig bleiben, aus dem einfach Grund, dass kein Geld vorhanden ist, um sie zu zahlen. Mit dem Fonds sind alle Arbeitnehmer gegen dieses Risiko geschützt.

Aber darüber hinaus ist es beim gegenwärtigen System so, dass der Arbeitnehmer, der seine Stelle wechselt, das Recht auf die Entschädigung für die schon gearbeiteten Jahre verliert. Das hemmt den sozialen Fortschritt, der normalerweise auch mit einem Wechsel auf ein anderes Unternehmen verbunden ist. In vielen Fällen kann ein Arbeitnehmer nicht zum Chef aufsteigen, weil die Stelle schon besetzt ist, und der Chef relativ jung ist. Wenn er somit Chef werden will, muss er sich woanders darum bemühen. Dieser Entlassungsfonds begünstigt somit an erster Stelle die Arbeitnehmer. Das Argument der Gewerkschaften gegen dieses System besteht darin, dass es Entlassungen erleichtert, auch in Fällen, in denen der Arbeitnehmer nicht auf einen neuen Arbeitsplatz übergeht. Doch dieses Problem hat auch Lösungen. Z.B. könnte es so sein, dass eine Entlassung gegen den Willen des Arbeitnehmers dem Unternehmen auch etwas kostet, eventuell dadurch, dass die Firma die Entschädigung für zwei Jahre zahlt. Doch auch in diesem Fall werden dem Arbeitnehmer, wenn er schließlich eine neue Anstellung findet, die Arbeitsjahre angerechnet.

Schließlich gibt es noch Reformen, die sich auf Produktivität beziehen. In den 90er Jahren hat ein privates Stahlunternehmen ein japanisches System eingeführt, durch das Arbeiter, die bestimmte Tätigkeiten verrichteten, die sie jedoch nicht ständig beschäftigten, in Gruppen zusammengeführt wurden, die verschiedene Tätigkeiten durchführten, und im Unternehmen von einem Ort zum anderen wanderten. Das hat gesamthaft Arbeitskräfte gespart. Als unter den Kirchners auch Telecom dieses System einführen sollte, hat das Arbeitsministerium es nicht erlaubt. Es müsste somit gesetzlich festgelegt werden, dass Reformen dieser Art zulässig sind, eventuell mit einer Lohnerhöhung für die Beteiligten. Denn im Grunde geht es darum die Lohnerhöhungen allgemein an Produktivitäts- und Effizienzfortschritte zu koppeln, und nicht nur an die Inflationserwartungen.

Ein wichtiger Aspekt der Reform besteht darin, dass Unternehmensabkommen vor Branchenabkommen Vorrang haben müssen. Dies wurde bei der Reform von Präsident Fernando de la Rúa eingeführt, aber nachher unter Néstor Kirchner als Präsident wieder außer Kraft gesetzt. In der Praxis wurde dies jedoch in den meisten Fällen beibehalten. Die Reform von De la Rúa enthält noch viele weitere Aspekte, die einen großen Fortschritt darstellten. Bei der Ausarbeitung der Reform wurden Ökonomen zu Rate gezogen, die an das Thema vom wirtschaftlichen Standpunkt herangingen. Erst danach wurden Arbeitsrechtler beauftragt, dem Gesetzesprojekt die richtige juristische Form zu geben.

De la Rúa musste damals den peronistischen Widerstand im Kongress überwinden, was nicht einfach war, weil der Justizialismus die Mehrheit in beiden Kammern hatte. Das wurde angeblich mit Schmiergeldern gelöst, die die peronistischen Parlamentarier mit Freude empfangen haben. Doch nachher haben diese Deputierten und Senatoren das Gesetz außer Kraft gesetzt, weil Schmiergelder bezahlt worden seien. Doch die Empfänger dieser Gelder waren die gleichen Deputierten, oder andere der gleichen Partei.

Man sollte jetzt dieses Gesetz wieder prüfen, und auf den positiven Aspekten in einer neuen Reform bestehen. Und dann muss die Regierung, diese oder die nächste, erreichen, dass das Gesetzesprojekt ohne Schmiergelder verabschiedet wird. Dazu ist vorher ein Konsens notwendig, zwischen Parteien und auch zwischen Gewerkschaften und Unternehmen. Und das ist der schwierigste Aspekt der ganzen Angelegenheit.



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