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Die Problematik des wirtschaftlichen Wachstums

Von Juan E. Alemann

Guzman
Wirtschaftsminister Martín Guzmán.

Präsident Fernández und Wirtschaftsminister Guzmán weisen stets darauf hin, dass die Wirtschaft zunächst wachsen müsse, um dann die Schuld gegenüber dem Internationalen Währungsfonds abzahlen zu können. Indessen bedeutet die Tatsache, dass zunächst keine Schuldenamortisationen gezahlt werden in keiner Weise, dass dann die Wirtschaft automatisch wächst. Ebenfalls verwechseln beide die Erholung, die nach dem tiefen Einbruch von 2020 stattgefunden hat, mit Wachstum. Dass der wirtschaftliche Kreislauf wieder in Schwung kommt, bestehende Kapazitäten wieder wie vor der Pandemie genutzt und Arbeitskräfte für diesen Zweck beschäftigt werden, hat nichts mit echtem Wachstum zu tun. Der dritte Denkfehler, den der Präsident und sein Minister begehen beruht auf der Annahme, dass hohe Staatsausgaben die Wirtschaft anspornen, während sie sie in Wirklichkeit erdrücken. Dass der Präsident von Wirtschaft nicht viel versteht ist begreiflich, weil es nicht sein Fach ist. Bei Guzmán hingegen, der als ein gut ausgebildeter Ökonom gilt, ist dies bedenklich.

Fangen wir jetzt von vorne an. Das wirtschaftliche Wachstum beruht zu etwa gleichen Teilen auf materiellen Faktoren (Investitionen, Entdeckung natürlichen Ressourcen, mehr Beschäftigte) und nicht materiellen (Effizienzfortschritten, technologischen Neuerungen, Ausbildung, strukturellen Reformen u.a.) . Wir erleben seit einigen Jahren eine technologische Revolution, die sich vornehmlich auf Computertechnologie und Internet bezieht, aber auch andere Bereiche umfasst, so dass die Wirkung der nicht materiellen Faktoren zugenommen haben dürfte.

Bei der Wachstumsanalyse ist es besonders wichtig, den Effizienzbegriff zu verstehen, der in Argentinien kaum erwähnt wird, auch von Ökonomen nicht. Im Effizienzbegriff, also der Beziehung der eingesetzten Ressourcen zum Ergebnis, wird die ganze Wirtschaftswissenschaft zusammengefasst. Halten wir zunächst fest, dass der Staat als solcher grundsätzlich ineffizient ist. Für eine Tätigkeit, die im privaten Bereich eine bestimmte Zahl von Arbeitskräften und ein gewisses Kapital erfordert, benötigt der Staat mindestens doppelt so viel an menschlicher Arbeit und Kapital. Bei den Privatisierungen der Menem-Epoche ging es nicht um die Einnahmen, die der Staat dabei als Kaufpreis erhielt, und auch nicht so sehr um die Investitionen, die die privaten Unternehmer vollzogen, als um den phänomenalen Effizienzfortschritt. Beim Telefonsystem und dem Hafen von Buenos Aires ist dies besonders krass zum Ausdruck gekommen. Der Effizienzfortschritt hat damals wesentlich zum Wachstum des BIP von über 60% in 8 Jahren beigetragen und auch der Stabilität eine solide Grundlage gegeben.

Der Präsident erklärte Ende der Vorwoche, dass die neue Vereinbarung mit dem IWF erlauben werde, die Staatsinvestitionen zu erhöhen. Abgesehen davon, dass es zweifelhaft ist, dass dies möglich sein wird, sollte der Akzent auf Effizienz gelegt werden. Ein asphaltierte Straße in Santa Cruz trägt kaum zur Zunahme des BIP bei, weil sie kaum befahren wird. Hingegen erleichtert eine Autobahn in der zentralen Gegend den ohnehin schon dichten Verkehr, verkürzt Fahrzeiten, erhöht die Sicherheit, spart Kosten und erhöht somit die Effizienz. Ebenfalls führt die Verkürzung der Bauzeiten bei öffentlichen Bauten (durch gute Planung, mit einem PERT, und gesicherter Finanzierung) zu einer realen Kostenverringerung, also auch zu mehr Effizienz. Die meisten öffentlichen Bauten haben, richtig berechnet, doppelt so viel und mehr gekostet, als es hätte sein sollen. Beim Wasserkraftwerk Yacyretá waren es sogar drei Mal so viel. Bei zwei öffentlichen Bauobjekten ist es wirtschaftlicher eines nach dem anderen zu bauen als beide gleichzeitig. Wenn Infrastrukturbauten an Privatunternehmen übergeben werden, durch Konzession, dann werden sie besser und billiger vollzogen. Durch systematische Anwendung des Effizienzkonzeptes kann bei öffentliche Investitionen mit weniger Geld viel mehr erreicht werden. Doch Minister Guzmán scheint dies nicht begriffen zu haben.

Auch im privaten Bereich haben nicht alle Investitionen die gleiche Wirkung. Eine neue Kfz-Fabrik hätte sogar eine negative Wirkung, weil sie gesamthaft zu einer geringeren Kapazitätsauslastung der Kfz-Fabriken führt. Es gab schon viele Investitionen, die nur bestehende lokale Fabriken verdrängt haben, ohne zusätzliche Produktion zu schaffen. Hingegen tragen Investitionen in Kraftwerken und Stromverteilungsnetzen stark zur BIP-Zunahme bei, und verhindert bevorstehende Engpässe, die das BIP-Wachstum bremsen. Der Zusammenhang zwischen Investitionen und Wachstum ist viel komplexer, als er von Präsident Fernández und Minister Guzmán dargestellt wird. Und besonders jetzt, wo finanzielle Mittel knapp sind und längere Zeit knapp bleiben werden, muss effizient investiert werden.

Die Landwirtschaft ist ein gutes Beispiel für die Erklärung der Ursachen des Wachstums. Die Gesamternte von Getreide und Ölsaat hat sich in ca. 30 Jahren etwa verdreifacht. Das ist zum Teil auf Einsatz von Maschinen zurückzuführen, die viel effizienter geworden sind (und mit weniger Einsatz von Arbeitskraft und Brennstoff tätig sind), sowie auf eine höhere gesäte Fläche. Aber der phänomenale Erfolg beruht grundsätzlich auf immateriellen Faktoren: direkte Aussaat, Bodenanalysen und gezielte Düngung, genetisch verbessertes Saatgut, bessere Unkrautvertilgung, bessere Pflege der Pflanzen und auch eine rationelle Wahl der Art des Getreides und der Ölsaat, die gesät werden. In vielen Bereichen der Industrie war die Entwicklung ähnlich, wie auch in der Energiewirtschaft u.a. Bereichen der Wirtschaft. Der Fortschritt wäre bestimmt viel größer gewesen, wenn der Staat nicht störend gewirkt hätte. Und dies ist jetzt besonders krass der Fall, so dass sich die Regierung zunächst überlegen sollte, was sie tun kann, um die Landwirtschaft nicht zu behindern. Denn die Landwirtschaft trägt, mit den Industrieprodukten, die mit landwirtschaftlichen Rohstoffen erzeugt werden, zu 70% des Gesamtexportes bei, und ist der einzige Bereich, der unmittelbar noch viel mehr zum Export beitragen kann. Ohne Zunahme der Exporte geht die Rechnung bei der Zahlungsbilanz in den nächsten Jahren nicht auf.



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