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„Die Party ist vorbei“

Johnson wegen Gartenfeier unter Druck wie nie

Boris Johnson
Boris Johnson spricht im britischen Parlament. (Foto: dpa)

London (dpa) - Trotz einer Entschuldigung nach einer Lockdown-Gartenparty in seinem Amtssitz hängt die politische Zukunft des britischen Premierministers Boris Johnson an einem dünneren Faden denn je zuvor. Die Opposition forderte am Mittwoch im Parlament in London lautstark Johnsons Rücktritt. Doch auch aus den eigenen Reihen kamen erste Rufe nach einem Amtsverzicht. Als erster forderte der Chef der schottischen Konservativen, Douglas Ross, offen Johnson zum Rückzug auf. Der Tory-Parlamentarier Roger Gale warf dem 57-Jährigen vor, er habe das Parlament getäuscht.

Wichtig ist für den Premier nun, ob das Gros seiner Konservativen Partei ihn stützt - oder ebenso fallen lässt. Der Premier deutete nun erstmals persönliche Konsequenzen an - falls eine laufende interne Ermittlung zum Schluss kommt, dass in der Downing Street Corona-Regeln gebrochen wurden. Die Stimmung unter den Tories gilt als katastrophal.

„Ich möchte mich entschuldigen“, sagte Johnson zu Beginn seines knapp 45 Minuten dauernden Auftritts im Parlament. Landesweit hätten Millionen Menschen hohe Opfer gebracht. „Ich kenne die Wut, die sie auf mich und die Regierung, die ich führe, empfinden, wenn sie denken, dass in der Downing Street selbst die Regeln von den Leuten, die die Regeln machen, nicht richtig befolgt werden.“

Vorausgegangen waren Berichte über eine Gartenparty in Johnsons Amtssitz am 20. Mai 2020 während des ersten Lockdowns. Der Sender ITV zitierte eine Einladung von Johnsons Büroleiter an etwa 100 Mitarbeiter. „Bringt Euren eigenen Alkohol mit“, hieß es in der Mail.

Johnson räumte nun erstmals ein, an der Veranstaltung teilgenommen zu haben. Doch behauptete er, dass ihm kein Regelbruch aufgefallen sei. „Als ich am 20. Mai 2020 kurz nach 18 Uhr in diesen Garten ging, um mich bei Gruppen von Mitarbeitern zu bedanken, bevor ich 25 Minuten später wieder in mein Büro ging, um weiterzuarbeiten, glaubte ich ausdrücklich, dass dies ein Arbeitstreffen war“, sagte Johnson. Rückblickend hätte er aber anders handeln müssen.

Die Opposition reagierte mit Gelächter. Erstmals rief Labour-Chef Keir Starmer den Premier zum Rücktritt auf. Johnson sei ein Mann ohne Scham, sagte der Oppositionsführer. „Die Party ist vorbei, Premierminister“, sagte Starmer. „Die einzige Frage ist nur: Wird ihn die britische Öffentlichkeit rausschmeißen, wird seine Partei ihn rausschmeißen oder wird er das Anständige tun und zurücktreten?“

Die Gartenparty ist nicht die einzige Veranstaltung in der Downing Street, bei der Corona-Regeln gebrochen worden sein sollen. Dabei wusste schon der berühmte Dramatiker Shakespeare: „Erfreulich sind die seltenen Feste nur.“

Die öffentliche Meinung hat sich längst gegen den Premier gedreht. In den sozialen Medien häufte sich schnell der Spott darüber, dass Johnson eine Party selbst dann nicht von einem Arbeitstreffen unterscheiden könne, wenn er selbst dabei sei. Die Airline Ryanair legte dem Premier die Worte „Ich weiß nicht, dass ich auf einer Party bin“ in den Mund und twitterte dazu eine Zeichnung von Johnson mit Partyhut zwischen tanzenden Gästen. Der Satire-Account des in der Downing Street lebenden Katers Larry teilte auf Twitter ein altes Foto von halbnackten, feiernden englischen Fußballstars mit dem zynischen Kommentar „England-Kader genießt ein Arbeitstreffen“.

Ein Rücktritt Johnsons scheint nun fürs erste vom Tisch, eine Wahl steht planmäßig erst 2024 an. Bleibt die Konservative Partei. „Das heutige Eingeständnis mag ihm Zeit gekauft haben“, kommentierte die BBC-Reporterin Laura Kuenssberg. Tatsächlich aber bettele Johnson, seine Partei möge das Resultat der internen Untersuchung abwarten.

 

Labour-Vorsprung wächst

London (dpa) - Die „Partygate“-Affäre des britischen Premierministers Boris Johnson kostet seine regierende Konservative Partei zunehmend Unterstützung. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag der Zeitung „Times“ zufolge wuchs der Vorsprung der oppositionellen Labour-Partei vor Johnsons Tories auf zehn Prozentpunkte - die größte Differenz seit Dezember 2013. Einige Tory-Abgeordnete, darunter mit Douglas Ross der Chef der schottischen Konservativen, haben den Premier bereits öffentlich zum Rücktritt aufgefordert.

Wie die „Times“ berichtete, zeigte sich Johnson im Gespräch mit Parteikollegen trotzig. Er habe persönlich nichts falsch gemacht, soll er bei einem Treffen gesagt haben. Sobald 15 Prozent der 360 konservativen Abgeordneten dem Premier ihr Misstrauen aussprechen, kommt es in der Fraktion zu einer Abstimmung über seine Zukunft. Davon ist Johnson aber offiziell noch weit entfernt. Für den Premier spreche zudem, dass die unterschiedlichen Tory-Flügel nicht an einem Strang ziehen, kommentierte die BBC.

 

Russland droht USA

Moskau (dpa) - Russland schließt im Falle eines Scheiterns der Gespräche über verbindliche Sicherheitsgarantien für Moskau eine Stationierung seines Militärs auf Kuba und Venezuela nicht aus. „Ich möchte weder etwas bestätigen noch ausschließen“, sagte der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow gestern auf eine entsprechende Frage im Sender RTVi. „Alles hängt von den Handlungen der amerikanischen Kollegen ab.“

Russland sieht sich auch von der Militärpräsenz der USA in Europa in seiner Sicherheit bedroht. Zuletzt hatte schon Staatschef Wladimir Putin die Frage aufgeworfen, wie Washington reagieren werde, wenn russisches Militär in der Nähe der US-Grenze stationiert würde.

Am Mittwoch hatten Vertreter der 30 Nato-Staaten und Russlands das erste Mal seit zweieinhalb Jahren Gespräche geführt - über den Ukraine-Konflikt und Sicherheitsgarantien. Dazu gab es am Donnerstag auch Gespräche bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Bereits am Montag wurde ein hochrangiges Treffen von Vertretern Russlands und der USA in Genf abgehalten.

Russland sieht sich durch das Voranschreiten der Nato in seiner Sicherheit bedroht, fordert deshalb ein Ende der Nato-Osterweiterung und insbesondere auch einen Verzicht auf die Aufnahme der Ukraine.

Moskau zeigte sich enttäuscht von den Verhandlungen. Rjabkow sagte der Agentur Interfax zufolge, es gebe vorerst keine neuen Gespräche mit den USA. Außenminister Sergej Lawrow sprach von einer „ernsthaften Konfrontation auf der Weltbühne“ und warf dem Westen eine „arrogante“ Haltung vor.


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