Von Juan E. Alemann
Im Oktober finden allgemeine Wahlen statt, in denen die Hälfte der Deputiertenkammer, ein Drittel des Senats, Provinzparlamente, Gemeinderäte und auch viele Bürgermeisterämter neu gewählt werden. Doch das Wichtigste ist die Deputiertenkammer, in der die Regierung jetzt nur mit Alliierten, die sie nicht immer unterstützen, die Mehrheit erreicht. Würde die Regierungspartei bei den Wahlen mehr Stimmen als die Opposition erreichen, dann könnte Cristina allerlei Unfug durchsetzen, angefangen mit Justizreformen, die der unabhängigen Justiz ein Ende setzen und Cristina selbst vom Alptraum einer Verurteilung befreien. Diese Parlamentswahl ist eine Schicksalswahl für das Land.
Die Regierung ist offensichtlich politisch geschwächt. Inmitten einer so tiefen wirtschaftlichen und sozialen Krise, wie sie jetzt besteht, ist es für eine Regierung kaum möglich, eine Wahl zu gewinnen. Die meisten Wähler interessiert es nicht, dass die Pandemie einen entscheidenden Einfluss auf die Wirtschaft gehabt hat. Die Menschen, die ihre Arbeit und ihr Einkommen verloren haben, wollen eine Lösung, nicht eine Erklärung. Und diese hat die Regierung nicht, wobei der Präsident es auch nicht versteht, eine überzeugende Strategie zur Überwindung der Krise darzustellen.
Cristina lässt sich nicht beraten. Sie will bis Oktober kein Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds und keine bedeutenden Tariferhöhungen bei Strom und Gas. Sie hat Wirtschaftsminister Martín Guzmán klar verstanden: Ein Abkommen mit dem Fonds bedeutet Opfer für das Volk, nicht nur wegen der Verteuerung öffentlicher Dienste, sondern auch, weil Sozialleistungen und andere Staatsausgaben verringert werden. Guzmán ist nicht glücklich über diese sture Haltung seiner obersten Chefin, weil er weiß, dass dann ein monetäres Problem auf ihn zukommt. Die hohe Geldschöpfung, die das Jahr 2020 kennzeichnete, muss 2021 gebremst werden, um eine Katastrophe zu vermeiden, die in einer Hyperinflation zum Ausdruck kommen kann. Er ist sich auch der Tatsache bewusst, dass es ohne Abkommen mit dem IWF keine Möglichkeit gibt, die Wirtschaft wieder in Gang zu setzen, weil Auslandskredite und -investitionen sowie allerlei unternehmerische Initiativen auf dies warten. Es war sogar von einem Rücktritt von Guzmán die Rede, weil er nicht für den Zusammenbruch verantwortlich gemacht werden will. Das würde die Entwicklung beschleunigen.
Auf der anderen Seite ist die Oppositionskoalition “Front für den Wandel” weiter fest zusammengeschlossen, profitiert von der Krise und hat die Unterstützung vieler Menschen erhalten, die mit Fahnen auf die Straße gehen, um gegen die Kirchner-Korruption und die Versuche, die Justiz zu beherrschen, zu protestieren. Die Opposition hat bei der im Oktober 2019 verlorenen Wahl, nach einem schlechten Ende der Macri-Regierung, immerhin noch über 40 Prozent der Stimmen erhalten. Von da zu einer absoluten Mehrheit ist der Sprung sehr gering.
Beiläufig sei noch bemerkt, dass Cristina verhindert, dass Politiker ihrer Koalition hochkommen und in einer Wahlkampagne mit eigener Persönlichkeit auftreten können. Außerdem müssen sie dabei die K-Korruption, Formosas Langzeitgouverneur Gildo Insfrán und andere Dinge rechtfertigen, die keine vernünftige Erklärung haben. Hingegen kommen bei der Oppositionskoalition starke Figuren auf, an erster Stelle Patricia Bullrich, die als Sicherheitsministerin hervorragende Arbeit im Kampf gegen den Drogenhandel geleistet hat. Aber auch Alfredo Cornejo und Mario Negri (UCR) und andere profilieren sich und machen schon jetzt eine sehr gute Wahlkampagne. Und im Hintergrund taucht jetzt Mauricio Macri mit einem Buch auf, in dem er vieles richtigstellt.
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