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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die Konjunkturerholung kommt in Schwung

Von Juan E. Alemann

Die Konjunktur kommt nach und nach in Schwung. Gewiss wird das Bruttoinlandsprodukt dieses Jahr einen Rückgang von mindestens 1% verzeichnen, aber dabei wird das 4. Quartal voraussichtlich um 2% und gemäß der Consulting-Firma Orlando Ferreres & Partner sogar um 5% über dem gleichen Vorjahresquartal liegen. Und es könnte auch etwas mehr sein. Die Vergleichsbasis, das 4. Quartal 2018, lag sehr niedrig, weil die Wirtschaft den Schock der Megabwertung von Mitte des Jahres noch nicht überwunden hatte, außerdem die Ernte 2018 relativ niedrig war und die hohe Inflation lähmend wirkte. Der Wendepunkt der Rezession ist im 2.Quartal 2019 eingetreten, und im letzten Quartal sollte die Wirtschaft wieder normal laufen.

Die Zeichen der Erholung treten zunehmend auf, sind jedoch nicht immer sichtbar. Die Tatsache, dass die Beschäftigung im März schon über dem Vorjahr lag, aber mit einer starken Zunahme der Schwarzarbeiter (wir berichten getrennt darüber), weist darauf hin, dass es auch mehr statistisch nicht erfasste Tätigkeit gab, die zum größten Teil auch nicht in der offiziellen BIP-Berechnung zum Ausdruck kommt. Ohnehin ist die offizielle Berechnung des BIP fragwürdig, weil die technologische Revolution die ganze Wirtschaft strukturell verändert hat, so dass es an der Zeit ist, eine grundsätzliche Neuberechnung einzuleiten. Argentinien ist reicher, als es das INDEC ausgibt.

Außerdem ist die Erholung sehr unterschiedlich, sowohl was die einzelnen Regionen des Landes, wie die einzelnen Branchen betrifft. Die Rekordernte von 147 Tonnen Getreide und Ölstaat, gegen knapp über 100 Mio. Tonnen im Vorjahr, wirkt sich zunächst auf die Landwirte, dann auf ihre Lieferanten und die nahegelegenen Dörfer, und den Lastwagenverkehr aus. Erst in einer zweiten Etappe überträgt sich dies auf Groß Buenos Aires u.a. Großstädte.

Ebenso ist es mit der gestiegenen Rindfleischproduktion, die nach der Zunahme des Rinderbestandes eingetreten ist, die mit der Macri-Regierung eingesetzt hat, die jetzt in viel höheren Exporten zum Ausdruck kommt, die vor allem nach China gehen, ein Markt, der zunehmend wächst, weil die Chinesen wohlhabender geworden sind und sich besser ernähren, mit mehr tierischem Protein. 2015 wurde Rindfleisch für u$s 1,1 Mrd. exportiert, 2018 waren es u$s 2,3 Mrd. und dieses Jahr werden es um die u$s 3,5 Mrd. sein, nachdem die ersten 5 Monate wertmäßig um 31% über dem Vorjahr lagen.

Die Revolution auf dem Gebiet der Gas- und Erdölförderung, die dank hoher Investitionen in Vaca Muerta, Provinz Neuquén, eingetreten ist, trägt auch zur Konjunktur bei. Diese Entwicklung schafft ein hohes Einkommen in der Gegend, wo schon ein neues Dorf aus dem Nichts entstanden ist. Die Handelsbilanz des Energiebereichs, die 2003 noch positiv war, wurde unter den Kirchners zunehmend negativ, mit einem Höhepunkt von u$s 7 Mrd. Defizit im Jahr 2013. Dieses Jahr wird die Bilanz ein Defizit von nur u$s 300 Mio. ausweisen, 2020 mit gar keinem und danach mit einen Überschuss schließen, der für 2021 bei u$s 2 Mrd. liegen dürfte. Schon jetzt stellt sich dabei ein Problem mit Bolivien, weil Argentinien die verpflichtete Gasmenge nicht braucht, es sei denn, auf der anderen Seite wird Gas nach Chile geliefert.

Was den Bergbau betrifft, so besteht weiter eine Expansion, die jetzt betont beim Lithium auftritt. Argentinien verfügt in Jujuy über eines der grössten Lager der Welt, und Lithium wird im Zuge der Elektrifizierung der Automobile und der Notwendigkeit, Solarenergie zu speichern, zunehmend eingesetzt, weil Lithiumbatterien mehr Strom speichern.

Hinzu kommt jetzt der Sprung beim Einreisetourismus, was sich nicht nur auf Skiressorts bezieht. Nachdem in den ersten vier Monaten 2019 2,83 Mio. Touristen gekommen sind, rechnet man für ganz 2019 mit 7,5 Mio., 8% mehr als im Vorjahr. Das treibt die Konjunktur in vielen Gegenden des Landes an, aber auch in der Bundeshauptstadt, wo sich viele Touristen einige Tage aufhalten. Das wirkt sich auf Hotels, Restaurants, den internen Flugverkehr und andere Bereiche aus.

Ebenfalls erlebt die Informatik, die sich in den letzten Jahren stark entwickelt hat, einen neuen Sprung, mit hohen Investitionen und zunehmenden Exporten, die dieses Jahr weit über den u$s 6 Mrd. des Vorjahres liegen dürften. Argentinien verfügt über viele Menschen mit Ausbildung und einem besonderen Talent auf diesem Gebiet, und exportiert zunehmend Softwaretätigkeiten und auch Programme. Und dabei wird hier nicht alles vom Zollamt und der ZB erfasst, weil der Export über Internet erfolgt und unkontrollierbar ist.

Und nicht zuletzt kommt noch die Wirkung der Einführung subventionierter Konsumkredite auf breiter Ebene, plus anderer monetärer Maßnahmen in die gleiche Richtung hinzu. Dies gibt der Wirtschaft einen Stoß, der dann in die genannten Auftriebsfaktoren mündet, ohne die er wieder versanden würde.

Schließlich muss noch bemerkt werden, dass die Rezession ihre eigene Auftriebskräfte schafft. Lagerbestände wurden inzwischen abgebaut, so dass die Unternehmen mehr Ware kaufen und dabei auch Schulden abgebaut haben. Die hohen Bankzinsen, die in einem normalen Land die Wirtschaft sozusagen abwürgen würden, haben in Argentinien eine beschränkte Wirkung, weil der Bankkredit für Unternehmen unbedeutend ist. Die Wirtschaft ist grundlegend auf Eigenfinanzierung aufgebaut.

Das Gesamtbild hat jetzt eine solide Basis, so dass es kaum möglich erscheint, dass die aufstrebende Konjunktur unterbrochen wird. Die Regierung hat die Finanzen unter Kontrolle, die USA und der IWF wollen das Land nicht fallen lassen, und werden sich wohl weiter in diesem Sinn bemühen, und auch der Einfluss der Politik reicht wohl nicht aus, um die hier dargestellte Aussicht grundsätzlich zu ändern.

Gewiss wirkt die wirtschaftliche Erholung bei den Wahlen für Macri, umso mehr, wenn befürchtet wird, dass sie durch einen Regierungswechsel gefährdet wird. Allein, auch angenommen, die doppelte Fernández-Formel gewinnt, wären diese Regierenden von allen guten Geistern verlassen, wenn sie den Schwung nicht ausnutzen, der sich aus den oben genannten Faktoren ergibt.

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