Der Staatssekretär für Energie, Sergio Lanziani, ist zurückgetreten, An seine Stelle wurde der Deputierte für Neuquén (Vorsitzende der Energiekommission), Darío Martínez, ernannt, und das Energiesekretariat, das bisher dem Produktionsministerium (mit Matías Kulfas als Minister) unterstand, wird jetzt vom Wirtschaftsministerium (mit Martín Guzmán als Minister) abhängen.
Der aus Misiones stammende Lanziani kommt aus dem Bereich der Atomenergie, und war wenig vertraut mit der allgemeinen Energieproblematik, die zahlreiche sehr schwierige Probleme stellt. Hingegen sollte die Atomenergie unmittelbar kein Problem darstellen. Die drei bestehenden Kernkraftwerke (Atucha I und II, und Embalse, in Córdoba) laufen normal, und die seinerzeit mit China vereinbarten Kernkraftwerke werden voraussichtlich nicht errichtet, einmal weil sie sehr teuer sind und einen hohen Strompreis benötigen, um die Kosten zu decken, und dann auch, weil der zukünftige Strombedarf wirtschaftlicher (mit einer niedrigeren Investition pro KW und geringeren Kosten pro KwSt.) gedeckt werden kann, auch mit umweltfreundlicher Energieerzeugung (Wasserkraftwerke und Windanlagen). Doch abgesehen davon, dass die Spezialität von Lanziani nicht in das bestehende Energiekonzept passt, hatte er persönliche Konflikte mit seinen Mitarbeitern und auch mit seinem Minister.
Der neue Energiesekretär Darío Martínez ist kein Fachmann auf dem Gebiet der Energie (er ist Buchprüfer, “Contador público nacional”). Doch er hat Erfahrung auf dem Erdölgebiet, und weiß auch über Vaca Muerta Bescheid. Dass er direkt von Cristina Kirchner empfohlen wurde, und er angeblich zur Gruppe “La Cámpora” gehört und sich persönlich gut mit Máximo Kirchner versteht, stellt somit einen neuen Vorstoß von Cristina dar. Dies umso mehr, als sie gute Beziehungen zu Guzmán, aber nicht so gute zu Kulfas unterhält. Doch im Grunde sollte das Energiesekretariat doch vom Produktionsministerium abhängen, denn das Wirtschaftsministerium ist heute im Wesen ein Finanzministerium.
Cristina interessiert sich grundsätzlich für drei Themen: die Justiz (was angesichts ihrer bösen Prozesse begreiflich ist), die Energie und die Medien (die großen Zeitungen und das Fernsehen), die sie intensiv, aber objektiv, kritisieren. Was Energie betrifft, so hat sie sich schon als Präsidentin für Vaca Muerta eingesetzt, und einen Vertrag mit Chevron abgeschlossen, der seinerzeit geheim gehalten wurde, weil er Klauseln enthielt, die politisch konfliktiv waren. Auch hat sie seinerzeit Miguel Galuccio zum YPF-Präsidenten und Geschäftsführer gemacht, der jetzt sein eigenes Unternehmen, Vista Oil, hat, das auch in Vaca Muerta tätig ist. Böse Zungen behaupten, dass Cristina an dieser Firma beteiligt ist, wobei die u$s 100 Mio., die Galuccio vor einiger Zeit als Kapital erhalten hat, angeblich von ihr stammen. Er hatte damals Cristina in Kuba aufgesucht. Im Grunde wäre es positiv, dass Cristina ihr Vermögen auf diese Weise auch in Argentinien investiert. Auf alle Fälle informiert Galuccio sie sehr genau über Vaca Muerta. Auch das ist gut.
Das die Problematik dieses Gebietes jetzt in den Vordergrund gerückt ist, ist positiv. Argentinien hat die Möglichkeit, seinen Bedarf an Erdöl und Gas auf Jahrzehnte hinaus zu decken und auch zu exportieren, sofern die Förderung in Vaca Muerta vorangetrieben wird. Doch die Förderung in diesem Gebiet hat hohe Kosten und erfordert die Garantie eines bestimmten Erdölpreises auf lange Zeit, um Investitionen möglich zu machen. Sonst nimmt die landesweite Förderung weiter ab, und dann muss in den nächsten Jahren wieder netto Erdöl und Gas in größeren Mengen importiert werden, was die argentinische Wirtschaft schlecht verträgt. Mit dem Preis von u$s 45 pro Barrel, der jetzt für Erdöl festgesetzt wurde, geht die Rechnung knapp auf. Aber schon dieser Preis beinhaltet eine Subvention, zumindest solange der Preis von Benzin und Dieselöl relativ niedrig gehalten wird. Für die Staatsfinanzen ist dies ein großes Problem. Eigentlich müsste man die hohe Steuer auf Benzin und Dieselöl verringern, und die Differenz zum Nettopreis hinzufügen, und dann Subventionen entsprechend verringern. Für die Staatsfinanzen ergäbe sich dann kein Unterschied. Die Brennstoffsteuern sind in Argentinien im internationalen Vergleich anormal hoch.
Abgesehen davon besteht bei der Energiepolitik im weiteren Sinn, die besonders den elektrischen Strom betrifft, ein ungelöstes Tarifproblem, das im Rahmen der Konzessionsverträge gelöst werden muss. Die unzureichenden Einnahmen der Kraftwerke und Stromverteiler führen zu einer Vernachlässigung der Instandhaltung, was mehr und längere Stromausfälle zur Folge haben dürfte. Die Stromkosten werden gegenwärtig nur zu etwa 50% durch die Tarife gedeckt, was auf Dauer unhaltbar ist. Zur Zeit der letzten Regierung von Cristina lag die Subvention bei 70%, und unter Macri war sie auf 25% verringert worden. Es geht jetzt nicht nur um eine Tariferhöhung (die die Preise allgemein in die Höhe treibt), sondern um die Struktur der Tarife und um Anreize, um Stromkonsum zu sparen.
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