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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die Inflation als Steuer

Von Juan E. Alemann

Wenn der Staat seine Ausgaben zum Teil mit Geldschöpfung deckt, kann man diese mit den Steuereinnahmen gleichsetzen. Doch Geldschöpfung und Inflation sind nicht das Gleiche. Die Inflation, definiert als allgemeine und dauerhafte Preiszunahme, hat zunächst die Wirkung, dass sie Steuereinnahmen real verringert, an erster Stelle bei der Einkommenssteuer (hier Gewinnsteuer benannt), weil die Steuer auf das Vorjahreseinkommen berechnet wird. Doch gleichzeitig schafft die Inflation bei der Gewinnsteuer zusätzliche Einnahmen, einmal dadurch, dass auch die Buchgewinne besteuert werden, die beim Verkauf oder Einsatz bei Produktionsprozessen von Waren zum Anschaffungswert statt zum Wiederbeschaffungswert entstehen und dann, weil mehr persönliche Steuerzahler in eine höhere Stufe der progressiven Skala rutschen.

Die Ausgaben werden zum Teil durch die Inflation real verringert, sofern sie nicht indexiert sind und verspätet und gelegentlich nur zum Teil an die Inflation angepasst werden. Das hat in den ersten Monaten 2021 erlaubt, den realen Betrag von Gehältern, Pensionen, Hinterbliebenenrenten u.a. staatlichen Leistungen zu verringern und ein geringeres primäres Defizit im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt auszuweisen. Inzwischen wurde dies aufgeholt, aber auch nicht ganz. Wenn es zur Hyperinflation kommt, was heute nicht ausgeschlossen werden kann, dann spart der Staat real erfahrungsgemäß sehr viel, weil die Zunahmen bei Gehältern u.a. den Sprung erst später und schrittweise aufholen. Mit Hyperinflation wird schließlich die verpönte “Anpassung “ (ajuste) vollzogen, gegen die sich Regierungen wie diese sträuben. Doch sie ist dann viel härter als eine rationelle Anpassung, die sich konkret auf unnötige oder nicht prioritäre Staatsausgaben und höhere Tarife öffentlicher Dienste bezieht.

Bei der Besteuerung von Unternehmensgewinnen ist die Frage aufgekommen, wie weit die Zunahme des effektiven Steuersatzes (Steuerbetrag bezogen auf den inflationsbereinigten Gewinn), der durch die Inflation entsteht, legal ist. Es stellt sich ein Problem, das in die Kategorie des “gerechten Rechtes” eingestuft wird. Im angelsächsischen Recht wird dieses Prinzip oft berücksichtigt, im kontinentaleuropäischen nur in Extremfällen. In Argentinien wird gelegentlich das Prinzip angewendet, dass Steuern nicht konfiskatorisch sein dürfen, weil dies gegen das in der Verfassung verbriefte Eigentumsrecht verstößt. Wenn eine Steuer, die mit einem Teil des Gewinnes gezahlt werden soll, so hoch ist, dass sie schließlich auch mit einem Teil des Kapitals gezahlt wird, dann ist sie konfiskatorisch. Theoretisch ist dies der Fall, wenn der Betrag der Steuer den inflationsbereinigten (echten) Gewinn übersteigt.

Vor einigen Jahren hat ein Unternehmen schon Klage vor Gericht eingereicht, weil die Gewinnsteuer, bezogen auf den realen Gewinn weit über der im Gesetz vorgesehenen Rate liegt, und hat dabei zunächst Recht bekommen. Doch der Oberste Gerichtshof hat das Urteil nicht bestätigt. Jetzt hat die Bundeskammer von Bahía Blanca einem Kläger in zweiter Instanz recht gegeben, der bei der Bilanz seines Unternehmens eine hun-dertprozentige Anpassung an die Inflation vorgenommen hat, sodass der Betrag, auf die Steuer berechnet wurde, stark verringert wurde.. Ob dabei Wiederbeschaffungswerte genommen wurden, oder einfach ein Inflationskoeffizient zur Berichtigung der Preise genommen wurde, zu dem die verkaufte Ware berechnet wurde, wurde nicht mitgeteilt. Wenn dieses Urteil vom Obersten Gerichtshof bestätigt wird, dann können alle Unter-nehmen so vorgehen wie dieses. Das wäre ein prinzipieller Vorstoß der Justiz gegenüber der Exekutive und auch dem Kongress.

Wenn die hohe Inflation andauert und voraussichtlich steigt, auf 60% in mehr Prozent in diesem Jahr, dann wird das Problem akut. 1978 bestand dieses Problem auch, und es wurde durch eine einfche Formel gelöst, die den Inflationsverlust bei flüssigen Mitteln dem Inflationsgewinn bei Pesoschulden gegenüberstellte. Der Verband der Buchprüfer hatte damals ein sehr komplexes System geschaffen, bei dem die einzelnen Bilanzposten berichtigt wurden. Doch das war für Steuerzwecke zu kompliziert, vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen. Hingen war die Formel, die 1978 eingeführt wurde, zwar weniger perfekt, aber sehr einfach bei der konkreten Anwendung. Sie funktionierte beim Handel besser als bei der Industrie, bei der die Amortisationen eine große Rolle spielen (die nach diesem System nicht aufgewertet wurden), war aber auch bei dieser befriedigend.

Diese Inflationskorrektur bei Bilanzen wurde 1991 ihm Rahmen der Konvertibilität aufgehoben, aber nicht abgeschafft. Sie kann jederzeit per Dekret sofort wieder eingeführt werden. Das hätte eigentlich schon Anfang 2002 geschehen sollen, wurde aber bis heute bei Seite gelassen. Die sukzessiven Verantwortlichen für die Staatsfinanzen wollten eben keine Einnahmen verlieren, wie es bei Anwendung des Gesetzes von 1978 der Fall gewesen wäre. Indessen ist es wirklich an der Zeit, jenes Gesetz weder in Kraft zu setzen, so dass Prozesse, wie der oben erwähnte, vermieden werden. Eine Sache ist es, dass die Steuerlast hoch ist, und eine andere ist es, dass Steuern elementaren Gerechtigkeitsprinzipien widersprechen. Nebenbei bemerkt: Das gegenwärtige System, bei dem Buchgewinne besteuert werden, fördert die Hinterziehung, die dabei gewiss gerechtfertigt erscheint, und macht die Bekämpfung derselben noch schwieriger, als sie ohnehin schon ist.



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