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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die hohen Dollarguthaben müssen in das Finanzsystem eingegliedert werden

Von Juan E. Alemann

Die Pesodepositen des argentinischen Bankensystems sind sehr gering, und wenn man Girodepositen ausschließt, die im Wesen Geld und nicht Ersparnisse darstellen, sind sie schlicht unbedeutend. Das führt dazu, dass die Banken eine geringe Kreditkapazität haben, so dass die Unternehmen Schwierigkeiten haben, ihr Arbeitskapital zu finanzieren. Viele kleine und auch mittlere Unternehmen finanzieren sich über den freien Finanzmarkt, der nicht von der ZB reguliert wird, weil diese Finanzanstalten keine Depositen von Dritten aufnehmen, sondern angeblich nur ihr eigenes Kapital leihen. Hier gelten Wucherzinsen, gegenwärtig von 100% und mehr. Das ist nur tragbar, wenn die Inflation sehr hoch ist. Doch bei einer Inflation von unter 20% binden sich die Kreditnehmer dabei einen Strick um den Hals. Die Rechnung geht bei diesen Wucherzinsen nur auf, wenn es sich um Gelegenheitsfinanzierungen für relativ geringe Beträge handelt.

Die Sparer legen ihr Geld grundsätzlich in Dollar an. Die Dollarersparnisse, sowohl in Dollarscheinen in Argentinien wie in Bankdepositen im Ausland und auch in Argentinien, sind sehr hoch. Gelegentlich werden sie auf über u$s 300 Mrd. beziffert, was jedoch weit übertrieben ist. Angenommen es sind “nur” u$s 100 Mrd., davon etwa u$s 50 Mrd. in Dollarscheinen im Land, so handelt es sich um einen Betrag, mit dem man allein mit einem Teil das Problem des fehlenden Bankkredites lösen könnte. Ein Dollarkredit zu einem relativ niedrigen Zinssatz ist etwas ganz anderes als ein Pesokredit zu einem hohen Zinssatz, der eine hohe Inflation voraussetzt und bei sinkender Inflation unbezahlbar wird.

In der Vorwoche hat die Erdölfirma Pan American Energy (PAE) Obligationen in Höhe von u$s 20 Mio. zu Nullzins auf 24 Monate Laufzeit untergebracht, wobei es Offerten für u$s 414 Mio. gab. Hinzu kam eine zweite Emission für u$s 57,5 Mio. auf 36 Monate, zu einem Zinssatz von 1%. Die Obligationen lauten auf Pesos, die mit dem Dollarkurs wertberichtigt werden (was als “dollar-linked” bezeichnet wird). Auch andere Firmen, wie IRSA, geben jetzt Obligationen dieser Art aus. Doch andere Unternehmen bestehen auf Pesotiteln. Die Firma Ledesma hat Obligationen für $ 444 Mio. zu 33,24% und weitere für $ 1,056 Mio. zu Badlar-Satz plus 3% ausgegeben. Wenn die Inflation hoch bleibt, ist dies ein gutes Geschäft für die Firma, und wenn sie stark zurückgeht ein schlechtes. Hingegen ist die Dollarverschuldung neutral, sofern der Kurs nicht davon springt. Wenn es der Regierung gelingt, den Wechselkurs weiter zu verwalten, so dass er etwa im Einklang mit der internen Inflation zunimmt, ist der Fall in Ordnung. Wenn es jedoch zu einer neuen Krise kommt, was nicht ausgeschlossen werden kann, kann es zu einem Kurssprung kommen, der für Dollarschuldner ein großes Problem schafft. Es ist auffallend, dass die oben erwähnten Dollarobligationen vor Abschluss der Verhandlung über die Umschuldung ausgegeben wurden.

Wirtschaftsminister Guzmán will das Ausmaß der staatlichen Dollarschulden verringern. Er hat in der Vorwoche schon erreicht, dass 65% der Schatzscheine, die auf Dollar lauten (aber der argentinischen Gerichtsbarkeit unterstehen), in solche umgewandelt wurden, die auf Pesos mit CER-Indexierung (die dem Index der Konsumentenpreise entspricht) lauten, und darüber hinaus einen Zins erhalten. Es handelt sich einen Betrag von u$s 7,84 Mrd. Die Annahme der neuen Staatstitel setzt voraus, dass die Verzinsung attraktiv ist, und die Sparer eventuell damit rechnen, dass die interne Inflation höher als die Abwertung sein wird.

Langfristig erscheint die Verschuldung mit dem CER Index für den Staat ungünstiger als mit dem Dollar. Denn man sollte nicht vergessen, dass der Dollar auch von der Inflation in den USA betroffen ist, die in den letzten Jahren mit unter 2% jährlich ausgewiesen wurde, die in Wirklichkeit auf 3% und eventuell auch 4% steigt. Und außerdem ist bei der gigantischen Geldschöpfung, die die Federal Reserve in letzter Zeit betrieben hat, auch eine Inflationswirkung zu erwarten, gewiss nicht wie in Argentinien, aber doch mit einer Preiszunahme von über 5% jährlich. Es ist somit für den Staat günstiger in Dollar verschuldet zu sein als in indexierten Pesos.

Allein, grundsätzlich geht es um etwas anderes. Eine höhere Ausgabe in Titeln, die mit dem CER-Index berichtigt werden, ist nur bei einem relativ hohen Zinssatz möglich, und stößt auch dann auf Grenzen, weil das Misstrauen gegenüber dem Peso und einer Indexierung, die schließlich von der Regierung abhängt, sehr groß ist. Die argentinischen Staatspapiere, die bei der Umschuldung von 2005 mit CER-Indexierung ausgegeben wurden, wurden durch die Indexfälschung, die der damalige Handelssekretär Guillermo Moreno ab 2007 vollzog, offen betrogen. Doch das wurde auch unter der Macri-Regierung nicht korrigiert, so dass sie den Schaden hinnehmen mussten. Diese Erfahrung belastet weitere indexierte Titelausgaben in Pesos. Es ist auf alle Fälle erstaunlich, dass die Umwandlung der Vorwoche so glatt über die Bühne ging.

Der Einsatz von Dollardepositen für lokale Anlagen, seien es Staatstitel oder private Obligationen, hat einen Haken: es handelt sich zum allergrößten Teil um schwarze Gelder, die bei einer lokalen Anlage offen in Erscheinung treten und von der AFIP erfasst werden können, was zunächst bedeutet, dass sie mit einem Satz von 35% belastet werden, zu dem dann noch eine hohe Buße hinzukommt. Es muss somit eine Weißwaschung geben.

In einer Wirtschaft wie der argentinischen, in der die Schwarzwirtschaft über ein Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung ausmacht und hohe schwarze Dollarersparnisse bestehen, gehören Weißwaschungen zum System. Es muss periodische Weißwaschungen geben, damit die Wirtschaft überhaupt einigermaßen normal funktioniert.

Doch auf der anderen Seite spornen allgemeine Weißwaschungen in kurzer Folge die Hinterziehung an. Nachdem es 2018 eine Weißwaschung gab, sollte es erst in einigen Jahren eine weitere geben. Indessen kann es vereinzelte Weißwaschungen für bestimmte Zwecke geben, was etwas ganz anderes ist. Die Bauunternehmer haben unlängst vorgeschlagen, dass eine Weißwaschung für Beträge eingeführt werde, die in Bauobjekten investiert werden. Das würde auch kurzfristig viele Arbeitsplätze schaffen, wobei allerdings die Bauarbeit wieder zugelassen werden muss (mit Vorsichtsmaßnahmen, die die Kammer der Bauunternehmer schon ausgearbeitet hat). Angeblich soll Präsident Alberto Fernández positiv auf dies reagiert haben. Ob jedoch sein Wirtschaftsminister Martín Guzmán damit einverstanden ist, weiß man nicht. Diese Legalisierung von schwarzen Geldern hätte beiläufig den Vorteil, dass dabei Druck auf den freien (schwarzen) Devisenmarkt entsteht, so dass die Kursdifferenz zum offiziellen Markt stark sinkt. Dabei verschwinden auch Probleme, die mit der hohen Differenz zusammenhängen, wie Überfakturierungen bei Importen, Unterfakturierung bei Exporten u.a.

Ein weiteres Objekt, das in diese oder eine andere Weißwaschung eingeschlossen werden sollte, ist die Zahlung von Steuerschulden und eventuell von Steuern überhaupt. Das würde dem Staat zusätzliche Einnahmen zuführen, die er besonders jetzt sehr gut gebrauchen kann. Und wenn man einen Schritt weiter denkt, sollten auch Beträge, die auf eine bestimmte Frist (2 oder 3 Jahre?) bei einer Bank auf ein Dollarkonto deponiert werden, automatisch weißgewaschen werden. Und wenn dann noch Dollardarlehen für interne Geschäfte erlaubt werden (die durch einen absurden Beschluss von Anfang 2002 verboten sind), dann können die Banken damit den Kreditbedarf ihrer Kunden decken, besonders für die Finanzierung von Arbeitskapital. Banken und Kunden müssen dabei in jedem Fall erwägen, ob und in welchem Umfang das Unternehmen, das einen Dollarkredit aufnimmt, das Risiko eines Abwertungssprunges verkraften kann.

Das Grundproblem ist das faktisch bestehende bimonetäre Währungssystem, das mit den Weißwaschungen und flankierenden Maßnahmen in seiner Essenz anerkannt würde. Ist es so schwer, dies zu verstehen?

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