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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die hohe Schwarzwirtschaft ist dieses Jahr weiter gestiegen

Von Juan E. Alemann

Argentinien hat eine anormal hohe Schwarzwirtschaft, die vor der Pandemie auf 30% bis 40% des Bruttoinlandsproduktes geschätzt wurde, eventuell auch höher war. Genaue Zahlen gibt es nicht, eben weil es sich um Tätigkeiten handelt, die nicht gemeldet werden. Außerdem umfasst dieser Bereich sowohl Unternehmen und Personen, die ganz außerhalb des formellen Systems tätig sind, wie solche, die zwar beim Steueramt eingetragen sind, aber nur einen Teil ihres Umsatzes (und einen noch geringeren ihres Gewinnes) angeben.

Die Schätzung des informellen Bereiches der Wirtschaft fußt besonders auf folgenden Daten:

- Bei der Mehrwertsteuer rechnet die AFIP damit, dass etwa ein Drittel des theoretischen Erlöses dieser Steuer hinterzogen wird. Das ist jedoch auch nur eine Schätzung, bei der von einem Gesamterlös ausgegangen wird, der unbekannt ist.

- Bei der Gewinnsteuer liegt die Hinterziehung höher. Wenn man den Erlös im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt mit dem gleichen Koeffizienten in den Vereinigten Staaten u.a. Ländern vergleicht, wo die Hinterziehung unbedeutend ist, gelangt man auf eine Rate von über 50%. Und wenn man Großunternehmen u.a. ausschließt, die unter strenger Kontrolle des Steueramtes stehen (das eine Sonderabteilung für große Steuerzahler hat) und somit kaum hinterziehen können, dann gelangt man zum Schluss, dass bei Kleinunternehmen und natürlichen Personen die Hinterziehung über 70% liegen muss, so dass sie ganz oder zum größten Teil schwarz tätig sind.

- Bei der Beschäftigungsstatistik weist das INDEC darauf hin, dass 71,5% im Abhängigkeitsverhältnis arbeitet, von denen 29% schwarz arbeiten. Das betrifft 3,5 Mio. Personen. Die selbstständig Tätigen und die Einheitssteuerzahler, die 28,5% der Beschäftigten ausmachen, arbeiten zum größten Teil schwarz. Das bedeutet, dass von den Beschäftigten an die 40% schwarz arbeiten. Hinzu kommen noch andere, die einen Teil ihres Einkommens schwarz beziehen.

Das INDEC weist darauf hin, dass die meisten, die im 3. Quartal 2020 wieder arbeiten, nachdem sie im 2. Quartal arbeitslos waren, schwarz beschäftigt sind. Das bedeutet, dass die Schwarzwirtschaft mit der tiefen Krise, die dieses Jahr eingetreten ist, zugenommen hat. Das ist begreiflich, da die Arbeitslosen allerlei Beschäftigungen übernehmen, die ihnen ein Einkommen liefern, ohne sich um die Formalitäten einer Eintragung beim Steueramt zu kümmern. Ohnehin handelt es sich weitgehend um potentiell instabile Arbeitsplätze.

Die hohe Schwarzwirtschaft, die es sonst nur in primitiven Wirtschaften gibt, ist ein Störungselement in der Wirtschaft. Einmal bedeutet dies, dass die Steuerlast für diejenigen, die ihre Steuer zahlen, entsprechend höher ist, so dass man auf einen Belastungskoeffizient von 60% gelangt, den es nirgends auf der Welt gibt. Zum Zweiten stellen die schwarz tätigen Unternehmen einen unlauteren Wettbewerb gegenüber den legal Tätigen dar. Das führt auch dazu, dass in Fällen, in denen scharfe Konkurrenz besteht oder ein Bereich überbesetzt ist, die schwarz tätigen Unternehmen, die legalen verdrängen. In diesem Sinn hat die Schwarzwirtschaft eine natürliche Tendenz, zu wachsen, die in Krisenzeiten verstärkt auftritt.

Die Einstellung der Regierung gegenüber Schwarzwirtschaft und Schwarzarbeit ist widersprüchlich. Auf der einen Seite wird dieses Phänomen bekämpft, und das Gesetz sieht hohe Bussen vor, und auf der anderen Seite wird der schwarze Wirtschaftsbereich geduldet, weil sonst die Arbeitslosigkeit stark in die Höhe springt. Die Schwarzarbeit liegt in bestimmten armen Gegenden das Landes weit über dem Durchschnitt, und ist für alle sichtbar, auch für die Kontrollämter der Regierung. Aber es wird nichts getan, weil man keinen Konflikt schaffen will, den man nicht beherrschen kann.

Die prinzipielle Einstellung der Regierung, dieser und der vorangehenden, ist grundfalsch. Man muss Bedingungen schaffen, die den Übergang von schwarz auf weiß ermöglichen. Wenn ein Unternehmen, das schwarz tätig ist, nicht gezahlte rückständige Steuern und Sozialabgaben zahlen muss, dann muss es schließen. Es muss somit davon ausgegangen werden, dass die bisherige Hinterziehung als Tatsache hingenommen und nicht bestraft wird, und bei den Arbeitnehmern bestimmt wird, dass sie im Moment des Überganges auf legale Arbeit eingestellt worden sind, also kein Recht auf Entlassungsentschädigung für die schwarz gearbeiteten Jahre haben. Doch das genügt nicht. Außerdem müssen die Soziallasten zunächst sehr gering sein, damit der Übergang von schwarz auf weiß keine hohen zusätzlichen Kosten schafft, die die betroffenen Unternehmen nicht tragen können.

Diese Lösung wird von den Bürokraten des Arbeitsministeriums abgelehnt. Auch Unternehmer, die innerhalb des legalen Systems arbeiten, sind nicht erfreut, dass diejenigen, die unlauteren Wettbewerb betrieben haben, sozusagen belohnt werden. Auch die Gewerkschaften sehen einer Weißwaschung dieser Art mit gemischten Gefühlen. Indessen ist es so, dass das Problem ohne eine großzügige Haltung, wie wir sie vorschlagen, keine Lösung hat.

Die umfangreiche Schwarzwirtschaft hängt auch mit dem hohen Armutskoeffizienten zusammen. In den Elendsviertel, in denen sich die Armut konzentriert, ist so ungefähr alles schwarz. Der Staat hat ohnehin eine beschränkte Präsenz in diesen Vierteln, in denen die Menschen unter unmenschlichen Bedingungen wohnen. Die Umwandlung dieser Viertel in normale Stadtbezirke, auch wenn diese prekär sind, ist eine Voraussetzung für die Bekämpfung der Schwarzwirtschaft.


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