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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die hohe Marge zwischen offiziellem und freiem Wechselkurs als Kernproblem

Von Juan E. Alemann

Die echten Devisenreserven der ZB, die eingesetzt werden können, um zu vermeiden, dass der Wechselkurs in die Höhe springt, liegen gemäß einer Schätzung des angesehenen Ökonomen Miguel Angel Broda knapp über einer Milliarde Dollar. Mit dem Goldbestand der ZB u.a. Mitteln, die eventuell eingesetzt werden, gelangt man bestenfalls auf u$s 3 Mrd. Die Reserven von u$s 42 Mrd., die die ZB angibt, sind im Wesen eine Täuschung (also ein Betrugsmanöver), die gemäß soliden Grundlagen der Buchhaltung nicht zulässig sind. Denn Reserven, die man im Notfall nicht einsetzen kann, sind keine echten Reserven, und sollten daher separat gebucht werden.

Dass die Reserven zu ihrem Ende neigen, ist allgemein bekannt und führt dazu, dass Dollarverkäufe und sich auch Exporte von Waren, die dann Dollar einbringen, hinausgeschoben werden, während Importe so weit wie möglich vorverlegt werden. Ebenfalls spornt dies Dollarkäufe und allerlei Zahlungen in Dollar an. Schließlich führt dies auch indirekt zu höheren Importen; denn Automobile und Pick-ups, sowie Computer u.a. lokale erzeugte (oder montierte) Produkte, die einen hohen Inhalt an importierten Teilen haben, deren Kosten zum offiziellen Kurs berechnet werden, werden von Inhabern von Dollarguthaben in hohem Umfang gekauft, weil sie die Preise in Dollar zum schwarzen Kurs umwandeln, so dass die Produkte, um dies geht, anormal billig werden, was die Nachfrage anspornt und somit den offiziellen Devisenmarkt belastet. Bei Kfz ergibt sich dabei die eigenartige Lage, dass dabei teurere Modelle am meisten gefragt sind, was bedeutet, dass der Staat besonders die Wohlhabenden subventioniert.

Am Finanzmarkt wird damit gerechnet, dass die ZB den Kurs bald nicht mehr wird halten können, und er dann in die Höhe springt. Abgesehen davon, dass der Devisenmarkt ein strukturelles Defizit aufweist, wirkt hier einmal mehr die selbsterfüllte Prophezeiung: Wenn die Wirtschaftswelt mit einem Abwertungssprung rechnet, dann handelt sie so, dass dieser schließlich eintritt.

Der freie Dollarkurs, der fast 90% über dem offiziellen liegt, wirkt dabei verheerend. Abgesehen vom Schwarzkurs, der hier aus nie erklärten Gründen “blue” genannt wird, gibt es noch mehrere Kurse, die formell legal sind und nicht weit vom Schwarzkurs liegen. Diese Kurse entstehen auf der Grundlage von simultanem Kauf und Verkauf von Staatspapieren, die auf Dollar lauten und heißen “contado con liquidación” und “Börsendollar”. Die Regierung kann den schwarzen Dollarmarkt nicht beherrschen, eben weil er schwarz ist, und nicht einmal beeinflussen, und kommt auch bei Maßnahmen, die legalen freien Kurse zu beeinflussen, nicht weit. Der Schwarzkurs zieht die legalen freien Kurse in die Höhe, und nicht umgekehrt.

Der Landwirt, der seine Sojabohne geerntet hat und sie in großen Kunststoffschläuchen lagert, wartet somit auf bessere Zeiten. Wenn er die Sojabohne an Exporteure verkauft, erhielt er bis jetzt einen Nettokurs, der bei etwa $ 51,5 pro Dollar liegt, also knapp über ein Drittel des Schwarzkurses. Jetzt hat die Regierung den Exportzoll für den Monat Oktober von 33% auf 30% gesenkt, was bedeutet, dass der Landwirt netto fast $ 54 erhält. Im November und Dezember soll der Steuersatz dann auf 31%, bzw. 32% steigen, und im Januar wieder 33% betragen. Die Preiszunahme, die der Landwirt jetzt erhält, macht den Kohl gewiss nicht fett. Die Landwirte werden es vorziehen, weiter abzuwarten, bis die Regierung ihnen einen Preis gewährt, der sich dem internationalen annähert, und nur verkaufen, um ihren unmittelbaren Finanzbedarf zu decken. Die brasilianischen und die nordamerikanischen Sojaproduzenten erhalten den vollen internationalen Preis. Der argentinische Landwirt versteht nicht, warum er so schlecht behandelt wird. Wir verstehen es auch nicht, umso weniger, als bei einem höheren Nettopreis viel mehr Sojabohne erzeugt und exportiert werden könnte.Will die Regierung, dass mehr exportiert wird oder nicht?

Der Schwarzkurs hat auch eine negative Wirkung auf eventuelle ausländische Investoren. Wenn sie legal in Argentinien investieren wollen, müssen sie ihre Dollar zum offiziellen Kurs in Pesos umwandeln. Und wenn sie es über den Schwarzkurs tun, dann sind auch die Pesos, die sie erhalten, schwarz, und dann können sie sie lokal nicht legal einsetzen. Niemand ist bereit, bei einer Investition von Anfang an so viel Geld zu verlieren.

Die brutale Geldschöpfung, bei der die monetäre Basis Ende Jahr um über 100%, eventuell sogar um 200% über Ende 2019 liegen wird, sorgt für eine hohe Dollarnachfrage. Der schwarze Devisenmarkt ist somit strukturell unausgeglichen: es gibt ständig eine hohe Nachfrage, aber ein geringes Angebot. Nur so erklärt sich ein Kurs von $ 150, der in Bezug auf die Kaufkraftparität, und auch im Vergleich zum offiziellen Kurs, absurd hoch ist.

Die einzige effektive Möglichkeit, um diesen Zustand zu überwinden, und zu erreichen, dass der freie Kurs nur etwa 20 bis 30% über dem offiziellen liegt, so dass er seine verheerende Wirkung einbüßt, besteht in einer Legalisierung dieses Marktes mit einer gleichzeitigen gezielten Weißwaschung für bestimmte Zwecke. Es war schon die Rede davon, dies für Finanzierung und Kauf von Wohnungen zuzulassen. Wir haben an dieser Stelle vorgeschlagen, es außerdem für Zahlung von Steuern und Steuerschulden und auch für Investitionsprojekte und Arbeitskapital von Unternehmen zuzulassen. Auf diese Weise würde es ein Angebot auf dem freien Devisenmarkt geben, das auf den Kurs drückt. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass bei einem freien Markt für Kapitaltransaktionen auch die ZB intervenieren kann.

Der offizielle Markt würde dann weiter für Abrechnung des Außenhandels bestehen, während Kapitaltransaktionen auf dem freien Markt verrechnet werden. Bei der Dienstleistungsbilanz ist der Fall nicht klar. Tourismusausgaben in beiden Richtungen müssten zum freien Kurs verrechnet werden, ebenso wie Zinsen. Aber Frachten müssten im offiziellen Markt verbleiben.

Ein System mit einem gespaltenen Devisenmarkt hat es in Argentinien schon oft gegeben. Es ist auf Dauer nicht haltbar, und muss abgeschafft werden, wenn sich die wirtschaftliche Lage wieder normalisiert und die Regierung die Lage in den Griff bekommt. Als im März 1976 die Militärs die Regierung übernahmen und José A. Martínez de Hoz zum mächtigen Wirtschaftsminister ernannt wurde, hat dieser zunächst ein System mit doppeltem Devisenmarkt eingeführt, und dann einige Monate später zugelassen, dass ein zunehmender Teil des Außenhandels zum freien Kurs verrechnet wurde, bis es Ende Jahr wieder zu einem einheitlichen Kurs kam. Jetzt geht es um das unmittelbare Problem. Wie es nachher weitergeht, kann man sich später überlegen.

Als Mauricio Macri antrat, hat sich Javier González Fraga (der später Präsident der Banco Nación wurde) für einen doppelten Devisenmarkt eingesetzt, wurde aber von den anderen Wirtschaftlern der Regierung (Alfonso Prat Gay und Federico Sturzenegger) überstimmt. Mit dem doppelten Wechselkurs wäre die Kapitalflucht eingedämmt worden, die damals bestand, und die Krise, die später einsetzte, wäre viel milder gewesen oder eventuell vermieden werden können.

In der Regierung denken angeblich einige Ökonomen ähnlich wie wir, angefangen mit Cecilia Todesca, Staatssekretärin im Amt des Kabinettschefs, die dem Präsidenten nahesteht. Doch Wirtschaftsminister Martín Guzmán ist sowohl gegen eine Kursspaltung wie gegen gezielte Weißwaschungen. Er denkt wohl immer noch, die argentinische Wirtschaft funktioniert wie die der Vereinigten Staaten. Und das ist eben nicht der Fall. 1995 erhielt der US-Wirtschaftler Robert Lucas den Nobelpreis für seine Studie, die nachwies, dass die Gesellschaft sich in den einzelnen Ländern gemäß der Erfahrung der lebenden Generationen unterschiedlich verhielt. Die Wirtschaftswissenschaft war vorher vom “homo oeconomicus” ausgegangen, der sich überall gleich verhielt. Argentinien ist einer der Fälle, in denen die These von Lucas am besten nachgewiesen wird: wenn in den USA der Dollarkurs gegenüber dem Euro u.a. Währungen steigt oder sinkt, geschieht intern kaum etwas, weil die Amerikaner weiter in Dollar denken und handeln. Wenn in Argentinien hingegen der Peso gegenüber dem Dollar abgewertet wird, oder eine Abwertung erwartet wird, dann ist der Teufel los. Der Wechselkurs hat eine direkte Wirkung auf die internen Preise, und deshalb muss der Kurs verwaltet werden. Aber zu dieser Verwaltung gehört in Krisenzeiten auch ein legaler freien Kurs, der jedoch nicht stark über dem Kurs liegen darf, der für die Handelsbilanz gilt. Und in diesem Sinn muss die Regierung die Instrumente einsetzen, über die sie verfügt, an erster Stelle gezielte Weißwaschungen, die etwas ganz anderes sind als die allgemeinen, die nur in zeitlich größeren Abständen verfügt werden können, weil sie sonst die Hinterziehung anspornen.

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