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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die gestörte Konjunkturerholung

Von Juan E. Alemann

Verschiedene Zahlen über die Entwicklung der Wirtschaft, an erster Stelle der Index der Industrieproduktion, deuten darauf hin, dass der Tiefpunkt der Rezession im letzten Bimester 2018 erreicht wurde, und danach eine Besserung eingetreten ist, auch wenn die wirtschaftliche Leistung weit unter Anfang 2018 liegt. Es gibt gute Gründe, um anzunehmen, dass die aufstrebende Tendenz weitergeht.

Dieser milde Optimismus beruht nicht auf Wunschdenken, und ist auch keine Regierungspropaganda, um die Aussicht auf ein zweites Mandat von Mauricio Macri mit der Erwartung zu verbinden, dass dann geerntet wird, was in der ersten Periode gesät wurde, so dass sich die wirtschaftliche Lage zunehmend verbessern wird. Die konkreten Fakten, die die Erholung herbeiführen, sind folgende:

  • Die Rekordernte von Getreide und Ölsaat, von fast 140 Mio. Tonnen. In den 90er Jahren waren ca. 50 Mio. Tonnen “viel”, und vor einem halben Jahrhundert 25 Mio. Die Landwirtschaft hat sich grundsätzlich geändert, und nachdem Macri die Hindernisse abgeschafft hat, die die Kirchners, vor allem Cristina mit ihrem mächtigen Handelssekretär Guillermo Moreno, eingeführt hatten, kommt jetzt die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft mit voller Wucht in Erscheinung.Weizen, mit einem Rekord von 19 Mio. Tonnen wurde schon geerntet und weitgehend auch verkauft und exportiert, so dass hier schon Einnahmen für Landwirte und viele andere entstanden sind, was in den Weizengegenden schon eine allgemeine Wirkung hat, die sich langsam auf das ganze Land ausdehnt. Jetzt kommt Mais hinzu, und ab April Sojabohne, und auch, ab jetzt schon Gerste, Sorghum, Sonnenblume, Erdnuss und Roggen.

  • Die Rindfleischproduktion ist dieses Jahr höher als in den Vorjahren, und es wird auch mehr exportiert. Eine erste Partie gekühltes Rindfleisch wurde schon nach den USA exportiert, nachdem das Importverbot nach 17 Jahren aufgehoben wurde.

  • Viele andere Exporte wurden durch den günstigeren Wechselkurs möglich gemacht. Auch werden wieder Zitronen in höheren Umfang nach den USA exportiert, nachdem das Importverbot aufgehoben wurde. Und auch geht der Export von Äpfeln und Birnen nach Brasilien weiter, nachdem der sanitäre Konflikt überwunden wurde.

  • Der hohe reale Wechselkurs verschafft lokalen Produkten, die mit importierten konkurrieren, einen Konkurrenzvorteil, so dass sie weniger von der Rezession betroffen werden und dann Marktanteile gewinnen dürften.

  • Der Umstand, dass die Industrie, und auch der Handel und die Dienstleistungen sehr hohe brachliegende Kapazitäten haben, erleichtert die Erholung, da per sofort, ohne zusätzliche Investitionen, viel mehr produziert werden kann.

  • Schließlich sollte man nicht vergessen, dass die Rezession Änderungen herbeiführt, die zu ihrer Überwindung beitragen. Die Unternehmen prüfen ihre Kostenstrukturen, bemühen sich um Effizienzgewinne, und setzen neue Technologie ein, vornehmlich auf dem Gebiet der Informatik, wo diese schon vorhanden ist. Dabei werden auch Kostenersparnisse beim Einsatz der Arbeit vollzogen, auch wenn dabei die bestehenden Normen nicht ganz eingehalten werden. Die Belegschaften wissen in dieser Lage, dass es um die Erhaltung ihres Arbeitsplatzes geht, und üben in diesem Sinn auch Druck auf die Gewerkschafter aus, die sie vertreten. Schließlich setzt sich die Realität doch durch.

  • Der Umstand, dass viele Unternehmen geschlossen haben, führt dazu, dass die Erholung für die verbleibenden einfacher geworden ist, weil sie einen höheren Marktanteil gewinnen können. Viele Branchen, ganz besonders der Einzelhandel, sind überbesetzt, so dass die Aufgabe der Tätigkeit bei vielen von ihnen im Wesen eine Marktsanierung darstellt.

Allein, diese aufstrebende Konjunktur, die schon erste Anzeichen zeigt und zunehmend auftreten sollte, wird durch folgende konkrete Umstände gestört:

  • Die Möglichkeit, dass Cristina Kirchner gewinnt, die zwar gering ist, aber dennoch nicht auszuschließen ist, wirkt verheerend. Eine Rückkehr zum Populismus, aber dieses Mal mit einer leeren Kasse, und der Gefahr, dass die Inflation zur Hyperinflation entartet, stellt eine Gefahr dar. Das wird noch dadurch verstärkt, dass Cristina und ihre Mannschaft kein Programm vorlegen, sondern nur Dinge in Aussicht stellen, die sie nicht erfüllen können, wie eine unmittelbare Erhöhung des Reallohnes, was in der Praxis hohe nominelle Lohnerhöhungen bedeutet, die die Inflation anheizen und in Rezession enden. Die Tarife öffentlicher Dienste sollen laut CFK eingefroren werden. Wie dann das finanzielle Loch gestopft wird, wird nicht gesagt. Die Angst vor einer Rückkehr von Cristina verhindert jetzt Investitionen, vor allem auf dem Gebiet der Energie, und fördert die Kapitalflucht.

  • Auch die Möglichkeit, dass Roberto Lavagna oder ein peronistischer Politiker (Urtubey, Uñac, Schiaretti, Massa oder sonst einer) die Wahl gewinnt, schafft Unruhe. Denn auch hier gibt es kein Programm, sondern nur unerfüllbare Versprechen. Dabei besteht auch die Gefahr, dass es stark in Richtung Populismus geht, und das hat jetzt eine negative Wirkung. Die Politiker sind Gefangene ihrer Worte, und nur wenige haben den Mut, den Menem 1989 hatte, als er seine Wahlversprechen bei Seite legte und einen vernünftigen Weg beschritt.

  • Doch auch die Fehler der Regierung wirken störend. Die extrem harte Geldpolitik wirkt als Bremse der Wirtschaft, wobei Macri bisher auch bei der Inflationsbekämpfung nicht erfolgreich war. Solange das bimonetäre System nicht in seiner vollen Tragweite begriffen wird, und dann dementsprechend gehandelt wird, hat dies keine Lösung. Das Schlimme dabei ist, dass weder Präsident Macri, noch Kabinettschef Peña, noch Schatzminister Dujovne, noch ZB-Präsident Sandleris, das Thema verstehen. Wir haben versucht, es an dieser Stelle zu erklären. Argentinien ist das einzige Land auf der Welt mit einem bimonetären System, und das lässt sich nicht ändern. Diejenigen, die denken, dass die Bevölkerung in Pesos sparen soll, gehen an der Wirklichkeit vorbei. Der einzige Wirtschaftsminister, der das bimonetäre System wirklich verstanden hat, ist Domingo Cavallo (1991-1996), der einmal mit dem Wechselkurs von eins zu eins den Peso formell mit dem Dollar gleichstellte, dann aber auch direkte Zahlungen in Dollar und Kontokorrentkonten in Dollar zuließ. Das hat lange Zeit gut funktioniert, bis das System Anfang 2002 unter Präsident Eduardo Duhalde in unverantwortlicher Weise zerstört wird, mit verheerenden Folgen, die bis heute andauern. Halten wir fest, dass Cavallo eine zehnjährige Stabilität und ein Wirtschaftswachstum von über 60% von 1991 bis 1998 gelungen ist. Allerdings hatte er den politischen Rückhalt von Präsident Carlos Menem, ohne den der Erfolg nicht möglich gewesen wäre.

  • Ebenfalls wirken größere Schwankungen des Wechselkurses, wie die, die in letzter Zeit eingetreten ist, störend auf die Wirtschaft. Im ersten Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds war ein völlig freier Wechselkurs vorgesehen. Das entsprach der Auffassung der IWF-Wirtschaftler, die offensichtlich Schwierigkeiten haben, die argentinische Wirtschaft zu verstehen. Im zweiten Abkommen setzten die argentinischen Unterhändler dann Interventionsgrenzen durch, was der IWF jedoch nur bei einer überhöhten Marge von ca. 25% annahm, wobei auch keine strenge Intervention gestattet wurde, mit Käufen, bzw. Verkäufen im Umfang, der jeweils notwendig ist, damit die Grenzen eingehalten werden, sondern nur mit Käufen und Verkäufen von $ 150 Mio. pro Tag. Die ZB hat den Betrag bei Käufen dann auf u$s 50 Mio verringert, und dann wieder auf u$s 75 Mio. erhöht. Das war ein Fehler. Die ZB musste auf alle Fälle über einer Milliarde Dollar kaufen, um den Kurs wieder auf die Untergrenze zu bringen. Diesen Betrag hätte sie schon verkaufen müssen, um den jüngsten Kurssprung zu verhindern. Denn es geht auch darum Sprünge innerhalb der Grenzen zu verhindern oder sanfter zu gestalten. Doch das ist im Abkommen mit dem IWF verboten. Was die ZB und auch die Wirtschaftsführung hier versäumt haben, ist die Vorlegung einer Gesamtrechnung über die Zahlungsbilanz im Jahr 2019, die positiv ausfallen sollte, wobei dabei auch Maßnahmen in Aussicht gestellt werden sollten, für den Fall, dass die Rechnung aus irgend einem unvorhergesehenen Grund nicht aufgeht. Der Finanzmarkt muss beruhigt werden, und das sollte unter den bestehenden Umständen nicht so schwierig sein.

Die Erholung der Wirtschaft vollzieht sich weitgehend ohne Einstellung neuer Arbeitnehmer. Es wurde eben rationalisiert und auch auf diesem Gebiet gespart. Das bedeutet, dass die Arbeitslosigkeit hoch verbleibt, was eine menschliche Tragödie darstellt, für die weder die Regierung, noch die Oppositionspolitiker, und am wenigsten die Gewerkschafter, eine Antwort haben. Es fällt auf, dass die Beschäftigungsproblematik auch von Fachwirtschaftlern nicht diskutiert wird. Alle gehen davon aus, dass die Beschäftigung nur vom wirtschaftlichen Wachstum abhängt. Wir wiederholen hier unsere These: es gibt immer, auch in Rezessionszeiten, bestimmte Arbeitsmöglichkeiten, die jedoch wegen der bestehenden Arbeitsgesetzgebung nicht besetzt werden. Es gibt gute (angemessen entlohnte) und stabile Arbeitsplätze und andere, die schlechter bezahlt und direkt oder potentiell unstabil sind. Die bestehende Arbeitsgesetzgebung berücksichtigt nur erstere, so dass die zweiten eben nicht besetzt werden oder auf Schwarzarbeit übergehen. Ein schlechter Arbeitsplatz ist bestimmt besser als gar keiner, und dabei ist es auch leichter, danach auf einen guten überzugehen. Ist es so schwer, dies zu verstehen?

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