CDU wählt neuen Parteichef - wird er auch Kanzlerkandidat?
Berlin (dpa/cld) - Spannung bis zum Schluss: Kurz vor dem Parteitag der deutschen Christdemokraten an diesem Wochenende zeichnet sich kein Favorit im Rennen um die Nachfolge der scheidenden Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer ab. Fest steht nur, dass Deutschlands größte Regierungspartei nach 21 Jahren wieder einen männlichen Vorsitzenden bekommt.
Zur Wahl stellen sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet, der CDU-Wirtschaftspolitiker und frühere Bundestagsfraktionschef Friedrich Merz und der Außenpolitiker Norbert Röttgen. Wegen der Corona-Pandemie wird zum ersten Mal in Deutschland eine Parteiführung mit einem Online-Parteitag ermittelt.
Mit dem digitalen Parteitag endet eine fast einjährige Hängepartie im Ringen um den CDU-Vorsitz. Kramp-Karrenbauer war Ende 2018 zur Nachfolgerin von Bundeskanzlerin Angela Merkel gewählt worden, nachdem diese ihren schrittweisen Rückzug aus der Politik angekündigt hatte. Kramp-Karrenbauer warf im Februar 2020 das Handtuch, weil sie im Streit um die Regierungsbildung im Bundesland Thüringen ihre Autorität nicht durchsetzen konnte. Ein für Ende April geplanter Sonderparteitag platzte wegen der Corona-Pandemie ebenso wie der reguläre Bundesparteitag im Dezember.
Beim Parteitag werden sich die drei Kandidaten am Samstag in je 15-minütigen Reden vorstellen. Außer ihnen und der engsten Parteiführung wird niemand in dem Studio in Berlin anwesend sein. Die übrigen der 1001 Delegierten - unter ihnen auch Merkel - verfolgen den Parteitag am Bildschirm. Bei der Online-Abstimmung wird mit einer Stichwahl und einem knappen Ausgang gerechnet. Das Stimmergebnis per Mausklick muss aus rechtlichen Gründen noch in einer Briefwahl bestätigt werden, die als reine Formsache gilt. Die Briefwahlzettel sollen am 22. Januar ausgezählt werden. Der Sieger hat gute Chancen, auch gemeinsamer Kanzlerkandidat der CDU und ihrer bayerischen Schwesterpartei CSU zu werden. Diese Entscheidung wird wahrscheinlich erst nach Ostern (4. April) fallen.
Einen klaren Favoriten gibt es nicht. Der 59-jährige Laschet wirbt mit seiner Regierungserfahrung in Deutschlands bevölkerungsreichstem Bundesland Nordrhein-Westfalen. „Es ist gut, Parteivorsitzende zu haben, die auch in Regierungsverantwortung stehen. Das hat sich bewährt“, sagte er dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. 2017 hatte Laschet als Oppositionsführer die Sozialdemokraten in deren einstiger Hochburg besiegt. Seither regiert er in einer Koalition mit den Liberalen.
Weniger glücklich war für seinen Mitbewerber Röttgen eine Spitzenkandidatur in Nordrhein-Westfalen verlaufen. Der 55-Jährige hatte dort als CDU-Kandidat die Landtagswahl 2012 haushoch verloren und war daraufhin von Merkel als Bundesumweltminister gefeuert worden. Doch das ist lange her, als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages hat sich Röttgen einen Namen gemacht und Prestige erworben.
Der Älteste im Trio ist Friedrich Merz. Der 65-jährige Rechtsanwalt hatte 2018 die Stichwahl gegen Kramp-Karrenbauer nur knapp verloren. Seine Kandidatur markierte damals sein bundespolitisches Comeback. Bekannt war Merz zu Beginn des Millenniums als redegewandter Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion geworden. 2002 musste er den Posten für die spätere Kanzlerin Merkel räumen, einige Jahre danach schied er aus der aktiven Politik aus. Der Wirtschaftsliberale ist vor allem beim konservativen Parteiflügel und der Parteijugend populär.
Deutlich populärer als Laschet, Merz und Röttgen ist laut Umfragen auch Gesundheitsminister Jens Spahn, der seit Ausbruch der Corona-Pandemie in den Medien allgegenwärtig ist. Doch der tritt im Gespann mit Laschet als dessen möglicher Vize an. „Ja, das Tandem steht“, sagte Laschet der Deutschen Presse-Agentur.
Geht es nach den aktuellen Umfragen, dann könnte Deutschland nach der Bundestagswahl erstmals von einem schwarz-grünen Bündnis regiert werden. „Eine Konstellation, die neben Sicherheit auch Inspiration bieten könnte“, sagte Söder der dpa. Die Frage ist noch, was von den hohen Werten für die CDU/CSU bleibt, wenn Merkel im September nicht mehr antritt. Die Grünen als derzeit zweitstärkste politische Kraft liebäugeln jedenfalls schon mit einer eigenen Kanzlerkandidatur.
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