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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die Dollarhaltung in Argentinien

Von Juan E. Alemann

ZB-Präsident Miguel Angel Pesce erklärte in der Vorwoche bei einer Videokonferenz des Rates der Amerikas (“Council of the Americas”), dass der bestehende Wechselkurs die Konkurrenzfähigkeit der argentinischen Wirtschaft sichere, und nicht zurückgeblieben sei. Er war kategorisch: trotz Reservenverlust werde es keinen Abwertungssprung geben. Das bedeutet, dass die Kursverwaltung weiter betrieben wird, mit einer Abwertung, die etwa der internen Inflation entspricht, wobei das Gleichgewicht zwischen Devisenverkäufen und -käufen der ZB durch direkte Maßnahmen erreicht wird, die die Nachfrage hemmen, wie das Verbot von Devisenkäufen durch Unternehmen, die Devisenaktiven im Ausland haben, auch wenn die Devisen für Zahlung von Importen bestimmt sind.

Pesce gab dann mehre interessante Daten bekannt. Einmal erklärte er, dass die Haltung von Dollarscheinen in Argentinien u$s 170 Mrd. ausmache. Wie er zu dieser Zahl gekommen ist, sagte er nicht. Es bestehen berechtigte Zweifel, das der Betrag so hoch ist. Vor einigen Jahren hatte die Federal Reserve der USA, die die Dollarhaltung im Ausland an Hand verschiedener Daten berechnet, den Betrag auf etwas über u$s 50 Mrd. geschätzt. Jetzt dürften es mehr sein. Doch der Unterschied zur Zahl, die Pesce jetzt nennt, ist gewaltig. Im Grunde ist die Differenz nicht so wichtig. Denn es geht grundsätzlich darum, wie man zu der Tatsache Stellung bezieht. Pesce sagte, Argentinien dürfte eines der Länder mit der höchsten Dollarhaltung pro Kopf (außerhalb der USA) sein. Das dürfte stimmen. Laut Fed hatte nur Russland mehr Dollar, aber mit einer viel höheren Bevölkerung, so dass sich pro Kopf ein viel geringerer Betrag ergab.

Der ZB-Präsident erläuterte dann, dass die “Dollarisierung” unter allen Regierungen stattgefunden habe. In den Jahren 2016,2017 und 2018, als Macri Präsident war, hat der Dollarbestand um u$s 86,20 Mrd. zugenommen, von 2007 bis 2011, als Cristina Kirchner Präsidentin war, waren es u$s 84,9 Mrd., und von 2003 bis 2007, mit Néstor Kirchner als Präsident, waren es u$s 17,25 Mrd. Pesce setzte den Dollarkauf mit dem schwachen Peso in Beziehung. Unterschwellig sagte er somit, dass der Kauf von Dollarscheinen durch die lokale Bevölkerung weitergehen wird.

Hier mischt Pesce die Kapitalüberweisungen, die sich bei der Zahlungsbilanz als Differenz bei den registrierten Zahlungen ergeben, mit der Haltung von Dollarscheinen in Argentinien. Denn in vielen Fällen handelt es sich um Überweisungen auf Bankkonten im Ausland. Vom überwiesenen Betrag wurde jedoch ein großer Teil ausgegeben. Mit diesen Dollar wird einmal die Differenz bei Importen bezahlt, die sich aus dem effektiv gezahlten Preis und dem beim Zollamt angegebenen ergibt. Die Unterfakturieung bei Importen ist sehr groß, wobei dabei an Zoll gespart wird. Ein Zollsatz von 35% (der Höchstsatz, der bei Konsumgütern gilt) sinkt dabei oft auf effektiv 10%. Dabei wird auch an der MwSt. gespart, die vom Zollamt einbehalten wird. Ebenfalls wird der geschmuggelte Import auf diese Weise bezahlt. Und dann kommen noch allerlei Zahlungen hinzu, bei denen die ZB Schwierigkeiten stellt, wie Honorare, Gebühren für Marken und Technologie, usw. Und schließlich werden mit diesen Mitteln auch Ausgaben im Ausland gedeckt, die bei Geschäftsreisen oder Tourismus entstehen und den Betrag übersteigen, den die ZB zulässt. Der Nettobetrag, der als echte Kapitalbildung in Dollar verbleibt, liegt somit weit unter den von Pesce angegebenen Zahlen. Das betrifft auch die u$s 170 Mio., die die Einwohner des Landes angeblich in Dollarscheinen halten.

Seit der schwarze Dollarkurs so weit über dem offiziellen liegt, dürfte die Unterfakturierung von Importen abgenommen haben. Jetzt konveniert es, überhöhte Preise anzugeben, um die Differenz dann auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen und dabei ein gutes Geschäft zu machen. Das scheint jedoch bisher nur in geringem Umfang der Fall zu sein. Denn sonst müsste der freie Kurs unter Angebotsdruck stehen.

ZB-Präsident Pesce ist bei seinen Ausführungen am Grundproblem vorbeigegangen, dass es sich bei dieser Kapitalbildung in Dollar (und zum Teil auch in Euros) im Wesen nicht um Kapitalflucht handelt, sondern um Haltung von Liquidität. Wegen der hohen Inflation und der Befürchtung, dass sie noch höher wird, halten Argentinier und Ausländer, die in Argentinien wohnen, nur so viel ihrer Liquidität in Pesos, wie sie kurzfristig auszugeben denken. Liquidität für spätere oder unvorhergesehene Ausgaben, auch für Käufe von Automobilen oder dauerhaften Konsumgütern, wird in Dollar gehalten. Das ist etwas ganz anders als Kapitalflucht, bei der eine Bank in den USA oder der EU Depositen erhält, die sie für Kredite einsetzen kann, oder um Kauf von Wertpapieren der USA oder der EU oder von Immobilien im Ausland.

Würde Pesce das Thema, das er angeschnitten hat, zu Ende denken, dann käme er zum gleichen Schluss wie wir: man muss das bimonetäre System, das de facto besteht, legal anerkennen. Das bedeutet, dass man nicht nur Spardepositen in Dollar anerkennen muss, wie es jetzt der Fall ist, sondern auch Girodepositen, und ganz besonders Dollarkredite für interne Zahlungen zulassen muss. Das bezieht sich auch auf Hypothekarkredite, wobei es hier ein System geben muss, dass die Differenz, die bei plötzlichen Kurssprüngen entsteht, nicht sofort zahlen muss, sondern in Raten. Wenn in Dollar gespart wird, muss auch in Dollar geliehen werden. Bei Immobilienübertragungen, die in Dollarscheinen gezahlt werden, was sehr umständlich und nicht ungefährlich ist, sollte auch mit einer Überweisung von einem Dollarkonto auf ein anderes gezahlt werden können.

Diese Anerkennung des bimonetären Systems hat es schon in den 90er-Jahren gegeben, als Cavallo Wirtschaftsminister war, und sie hat gut funktioniert. Doch dies wurde 2002 von Präsident Eduardo Duhalde mit der sogenannten Pesifizierung (Umwandlung von Dollardepositen zu $ 1,40 und von Dollarkrediten eins zu eins zum Dollar) mit einem Schlag zerstört. Das war ein gigantischer Fehler, der die Rezession vertieft hat und beiläufig zu einer brutalen Einkommensumverteilung zu Gunsten der Reichen und zum Schaden der Armen geführt hat. Das wurde jedoch Duhalde nur von uns vorgeworfen. Wenn man jetzt auf ein bimonetäres System überginge, müsste der große Fehler von Duhalde auch erwähnt werden, damit er nie wieder wiederholt wird.

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