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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die bevorstehende Megakrise

Von Juan E. Alemann

Das unternehmerische Establishment, und noch mehr die Ökonomen, die die Konjunkturentwicklung aufmerksam verfolgen, sind überzeugt, dass die gegenwärtige Entwicklung in einer tiefen Krise endet. Es ist wie im Film „Thelma & Louise“, der mit einer Szene endet, in der zwei verzweifelte Frauen in einem Automobil auf einer Straße rasen, die in einem Abgrund endet, in den sie schließlich fallen. Der Unterschied zur gegenwärtigen Lage besteht darin, dass das Automobil gelegentlich langsam fährt und Anzeichen gibt, dass der Fahrer halten will, aber dann doch wieder Gas gibt. Und allgemein besteht die Hoffnung, dass noch vor dem Abgrund gebremst wird, wobei einige sich vorstellen, dass dies erst geschieht, wenn ein Teil des Automobils schon auf den Abgrund herausragt. Was bedeutet, dass die nächste Regierung sich als erstes bemühen muss, dass Automobil wieder zurück und ganz auf die Straße zu führen und den Rückweg antreten muss.

Das Kernproblem besteht in der Zahlungsbilanz, die ohnehin schon einen Fehlbetrag aufweist, der dank einer strengen Importbeschränkung nicht voll auftritt. Ohne dies würde der Markt den Kurs in die Höhe treiben, was sich sofort auf die Inflation auswirkt und zur Hyperinflation führt. Dabei würde die Wirtschaft regelrecht zusammenbrechen, mit einem plötzlichen akuten Rückgang des Bruttoinlandsproduktes.

Allein, es ist nicht so, dass es sich um eine vorübergehende Lage handelt. Das Ungleichgewicht wird voraussichtlich in den kommenden Monaten noch viel schlimmer. Die intensive Dürre dieses Jahres, zu der noch Spätfröste hinzukamen, hat die Ernte von Getreide und Ölstaat stark beeinträchtigt. Bei Weizen tritt die Wirkung unmittelbar auf, mit über 10 Mio. Tonnen weniger als im Vorjahr, und bei Sojabohne, Mais u.a. Arten erst später. Der Regen dieser Woche hat die Lage bei Sojabohne, Mais u.a. Arten gebessert, aber bei Weitem nicht normalisiert. Insgesamt wird der Export von Getreide, Ölsaaten und seiner Industrieprodukte nächstes Jahr um über 10 Mio. Tonnen geringer sein, als 2022. Die Exporte von Getreide und Ölsaaten, plus ihrer Industrieprodukte (Öl und Sojamehl) werden 2023 gesamthaft um ca. U$s 20 Mrd. zurückgehen, es sei denn, die Preise auf dem Weltmarkt steigen stark, was gut möglich ist. Der Exporterlös reicht schon jetzt nicht aus, um den Importbedarf zu decken, so dass man sich vorstellen kann, wie kritisch es 2023 sein wird.

Der Import besteht nur zum geringsten Tel aus Konsumgütern. Der Hauptanteil besteht in Rohstoffen und Teilen für lokale Fabrikationsprozesse. Als in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts die große Krise auch auf Argentinien überging, konnten die Importe stark verringert werden, was mit einer strengen Devisenbewirtschaftung vollzogen wurde, ohne, dass die Wirtschaft dabei zusammenbrach. Im Gegenteil. Viele Importgüter, wie Stoffe, Eisschränke und viele andere, die fehlten, veranlassten die lokale Fabrikation, die damals aufkam. Gewiss können jetzt auch bestimmte Teile für die Weiterverarbeitung im Land hergestellt werden, und in vielen Fällen geschieht das schon. Aber in den meisten Fällen ist dies nicht möglich, zumindest kurzfristig nicht. In vielen Fällen wurde daher die Produktion stillgelegt. Die ZB versucht, im Rahmen der allgemeinen Wirtschaftspolitik von Massa, die Lösung für die einzelnen Probleme schafft, die nach und nach auftreten, die Importgenehmigungen auf extrem kritische Produkte zu konzentrieren. Doch das ist nicht einfach und führt außerdem zu einer intensiven Lobbytätigkeit, bei der man auch eine gewisse Korruption nicht ausschließen kann.

Die Regierung versucht verzweifelt, zusätzliche finanzielle Mittel zu erhalten. Der IWF wird unmittelbar einen höheren Betrag auszahlen, womit das Problem jedoch nicht gelöst ist. Eine Mission des Fonds ist am Freitag der Vorwoche angekommen, um die Erfüllung der im Abkommen vorgesehene Ziele für das 3. Quartal 2022 zu prüfen. Man kann vorwegnehmen, dass dabei gefordert wird, bei der Ausgabensenkung viel mehr zu tun. Im Dezember soll der IWF einen Betrag von u$s 5,8 Mrd. auszahlen, was jedoch an die Erfüllung der Auflagen des Abkommens gebunden ist. Um die Zahlung sicherzustellen, müsste Massa beeindruckende effektive Ausgabensenkungen verfügen, wie wir sie mehrmals an dieser Stelle vorgeschlagen haben. Er kann es nicht riskieren, dass der Fonds die Auszahlung verzögert oder eventuell aufhebt.

In Indonesien haben jetzt Präsident Fernández und Wirtschaftsminister Massa Kontakt mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping aufgenommen. Dabei wurde erreicht, dass der bestehende Kredit, der für Defizite beim bilateralen Handel eingesetzt werden kann, um umgerechnet u$s 5 Mrd. (gleich 35 Mrd. Yuan) erweitert wird. Es war die Rede davon, dass dieser bilaterale Kredit auch in Dollar umgewandelt werden könnte und somit für Zahlungen im Allgemeinen eingesetzt werden könnte. Das war jedoch nicht der Fall. Dieser zusätzliche Yuan-Kredit führt dazu, dass die ZB mehr Importe aus China bewilligen kann, aber nicht aus anderen Ländern, was den chinesischen Lieferanten einen Vorzug erteilt. Ebenfalls wurde mit Xi Jinping das Thema des Kredites für den Bau der Wasserkraftwerke in Santa Cruz aufgeworfen, die sich in Verzug befinden. Angeblich soll jetzt mehr ausgezahlt werden, um diese Kraftwerke, die angeblich schon zu 40% vollendet sind, in Kürze fertigzustellen. Diese Kraftwerke hätten schon vor mindestens zwei Jahren fertig sein sollen. Die Regierung sollte sich darum kümmern, dass diese Schlamperei aufhört.

Die Konjunktur zeigt erst in den letzten Woche Zeichen der Abkühlung, die durch geringes Angebot bedingt sind. Bis vor Kurzem verblieb die Nachfrage auf relativ hohem Niveau. Das hat aufgehört, aber mit Ausnahmen. Ein interessanter Sonderfall bezieht sich auf Investitionen, die immer noch relativ hoch sind. Die Investitionsrate (Gesamtinvestitionen bezogen auf das BIP) liegt gemäß Schätzungen privater Ökonomen zwischen 17% und 21% des BIP, und ist dabei höher als im Vorjahren. Das wird u.a. darauf zurückgeführt, dass multinationale Unternehmen, den Betrag, den sie nicht an ihre Mutterhäuser überweisen können, lokal investieren, und auch auf den Umstand, dass Kapitalgüter, die sie dabei zum offiziellen Kurs importieren, zum freien Kurs berechnet, billig erscheinen. Doch das hört jetzt auf, weil die Importe von Kapitalgütern von der ZB besonders gehemmt werden, weil unmittelbar nichts geschieht, wenn sie hinausgeschoben werden. Nebenbei bemerkt: es wird ständig behauptet, dass nicht investiert wird. Gewiss gibt es kaum große Auslandsinvestitionen, abgesehen von solchen in Lithium und eventuell auch Erdöl und Bergbau allgemein. Aber es gibt viel Investition, die von lokalen Unternehmen finanziert wird. Abgesehen von den Motivationen, die wir oben aufgeführt haben, zwingt die technologische Revolution die Unternehmen zu investieren, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Zum Zahlungsbilanzproblem kommt noch das Problem des Defizites der Staatsfinanzen hinzu, das keine Finanzierung hat. Die Aufnahme von Schulden auf dem Weltfinanzmarkt hat schon seit geraumer Zeit aufgehört, und der lokale Markt ist kaum noch aufnahmefähig. Die Banken haben ohnehin schon den größten Teil der Depositen in Staatstiteln eingesetzt, und sind jetzt an eine Grenze gelangt. Somit verbleibt für die Deckung des Defizites nur die Geldschöpfung, die einmal im IWF-Abkommen begrenzt ist, und andererseits mit der Stabilisierungspolitik, auf die Massa hinzielt, unvereinbar ist. Eine höhere Geldschöpfung wirft alles über den Haufen. Die Sparmaßnahmen, die das Wirtschaftsministerium trifft, sind zwar unzureichend, um das mit dem IWF vereinbarte Ziel zu erfüllen, aber sie wirken auf alle Fälle rezessiv. Und dies schafft auch bei den hohen nominellen Lohnerhöhungen, die am laufenden Band erfolgen, ein Problem, weil dann Geld fehlt, um die Erhöhungen zu finanzieren. Auch das wirkt schließlich rezessiv.

Das mit dem IWF vereinbarte Programm wirkt auf alle Fälle rezessiv, und das verleiht Cristina und ihrer Mannschaft Auftrieb, die einen Bruch mit dem Fonds und eine expansive Geldpolitik befürworten. Das würde die Inflation in die Höhe treiben, sehr wahrscheinlich zur Hyperinflation führen, und schließlich die Rezession noch vertiefen. Die einfache Lösung des Problems, von der Cristina, Kicillof und ihre Leute träumen, gibt es in Wirklichkeit eben nicht. Es ist eine gefährliche Phantasie. Doch allein der Umstand, dass der Kirchnerismus immer noch mächtig ist, und sich gelegentlich durchsetzen könnte, wirkt störend auf die Gegenwart. Denn auch diese irrationale Möglichkeit muss bei der Analyse berücksichtigt werden.

Zu all diesem kommt noch das Problem mit den Leliq hinzu, deren Bestand mit über $ 9 Billionen (Millionen von Millionen) kaum weiter erhöht werden kann. Wenn die Zinsen gezahlt werden, die auf Jahresbasis über 100% liegen, dann entsteht eine katastrophale Geldschöpfung, bedenkt man, dass der gegenwärtige Leliq-Bestand die monetäre Basis etwa verdreifacht. Hier ist ein Bonex-Plan wie der von 1990 unvermeidlich: die Banken müssen einen Umtausch in langfristige Dollartitel, annehmen, die niedrig verzinst werden. Die Normalisierung des Bankensystems wird dann längere Zeit in Anspruch nehmen. Bisher ist die Regierung diesem Problem ausgewichen. Aber lange geht dies nicht mehr.


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