top of page
  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die argentinischen Kosten

Von Juan E. Alemann

Als argentinische Kosten werden die Belastungen eingestuft, die die Unternehmen bei ihren Kosten erfahren, die nicht von ihnen abhängen, sondern systembedingt sind, also von Regierungsentscheidungen und besonderen lokalen Umständen abhängen. Diese Kosten bedingen in vielen Fällen die Konkurrenzfähigkeit der argentinischen Industrieunternehmen, gelegentlich auch anderer, so dass sie nicht exportieren können, es sei denn der Wechselkurs ist real so hoch, das er dies ausgleicht. Dann werden die “argentinischen Kosten” schließlich auf die ganze Bevölkerung abgewälzt.

Unter der Menem-Regierung wurden einige dieser Sonderkosten abgeschafft, an erster Stelle die übertrieben teuren Hafenkosten, besonders des Hafens von Buenos Aires. Mit einer totalen Deregulierung, Abschaffung von Arbeitsnormen, die die Arbeit stark verteuerten, und schließlich der Privatisierung der Hafenbetreibung, bei der die prekären bestehenden Anlagen durch hochmoderne ersetzt wurden, sind die Hafenkosten drastisch gefallen. Ebenfalls wurde der Paraná-Fluss ausgebaggert, so dass größere Frachter Getreide, Ölsaaten u.a Produkte an den Flusshäfen bei Rosario aufladen können.

Ebenfalls wurden unter Menem andere argentinische Kosten ausgemerzt. Der Übergang von einem mangelhaften staatlichen Telefonsystem auf ein hoch effizientes privates, zu dem dann das Mobiltelefons hinzugekommen ist, hat eine starke Effizienzwirkung, wobei dies u.a. erlaubt hat, Büros vom Stadtzentrum von Buenos Aires auf Vororte zu verlegen, wo der Qm viel billiger ist, was auch Kosten spart. Ebenfalls wurden dank Privatisierung von Kraftwerken und Verteilungsnetzen die Stromausfälle in der Zahl und Dauer stark verringert, was der Produktion zugute gekommen ist, die weniger Unterbrechungen der Stromzufuhr erleidet, die den Produktionsprozess unterbrechen. Es gab noch viel mehr Fortschritte bezüglich argentinischer Kosten, wobei auch die Preisstabilität, die ab Mitte 1991 erreicht wurde, die Kostenkalkulation erleichtert und im Endeffekt zu Kostenersparnissen geführt hat.

Die technologische Revolution hat allgemein zu bedeutenden Kostenverringerungen geführt. Das ist ein weltweites Phänomen, das Argentinien zu Gute kommt, umso mehr als es hier, im Gegensatz zu den meisten Schwellenländern, viele gut ausgebildete und talentierte Menschen gibt, die sich auf dem Gebiet der Computertechnologie gut auskennen. Argentinien steht hier in der weltweiten Rangordnung weit oben.

Indessen verbleiben noch viele gravierende “argentinische Kosten”. Halten wir folgende fest:

  • Die hohen Zinsen und der akute Mangel an Bankkredit wirkt sich störend und kostenerhöhend aus. Filialen ausländischer Unternehmen haben hier gelegentlich einen Vorteil, weil sie eventuell auch Kredite von Banken im Ausland erhalten, was für rein lokale Unternehmen nicht möglich ist. Hohe Zinsen wirken auch gegen modernere Produktionsprozesse, die auf teuren Maschinen beruhen, so dass der Kostenvorteil, der bei der Produktion besteht, durch hohe Zinsen zunichte gemacht wird. Aber das schlimmste sind die hohen Zinsen auf Kredite für Arbeitskapital.

  • Die hohe Steuerlast schafft zusätzliche Kosten. Bei der provinziellen Bruttoumsatzsteuer, die in jeder Etappe des Produktionsprozesses erhoben wird, ohne Abzug der schon gezahlten Steuer (wie bei der MwSt.) entstehen zusätzliche Kosten, die gelegentlich anormal hoch sind. Ebenfalls besteht bei der Gewinnsteuer allgemein eine Besteuerung reiner Buchgewinne, die die Inflation schafft. In anderen Ländern bestehen diese Verzerrungen nicht, so dass eine hohe Steuerlast erträglicher ist.

  • Die hohe Inflation schafft “argentinische Kosten”, weil sie sich störend auf die Kalkulation auswirkt und oft zwingt, hohe Wiederbeschaffungskosten einzukalkulieren. Eine genaue Kalkulation, wie sie notwendig ist, wenn es bei der Konkurrenz mit Lieferanten aus anderen Ländern hart zugeht, ist in Argentinien nicht möglich, und auch mit einem hohen Risiko belastet.

  • Die Arbeitsgesetzgebung schafft auch hohe “argentinische Kosten”. Es geht nicht darum, dass die Löhne hoch sind, sondern um die hohen Soziallasten, die auf den Lohn berechnet werden, und auf allerlei Bestimmungen, die einen effizienteren Einsatz der Arbeit behindern. Bei den Erdölarbeitern von Vaca Muerta wurde vor einigen Jahren mit der Gewerkschaft eine Einigung über dies erreicht, so dass diese “argentinischen Kosten” stark verringert wurden, und die Kosten so stark gesenkt wurden, dass die Rechnung für die Unternehmen aufging und stark investiert wurde. Im gleichen Sinn sollte bei allen Branchen vorgegangen werden.

  • Es bestehen auch argentinische Kosten beim Transport. Das beruht nicht nur auf den erhöhten Kosten von Chauffeuren, die dank Hugo Moyano bestehen, sondern auch auf dem mangelhaften Eisenbahntransport und dem Fehlen von Autobahnen. Der Tarif liegt bei der Eisenbahn, je nach der Strecke, bei einem Drittel oder der Hälfte wie beim Lastwagen. Die Macri-Regierung hat hier schon einen großen Fortschritt erreicht (an erster Stelle bei der Belgrano-Bahn, von Buenos Aires bis Jujuy), aber es fehlt noch viel.

  • Es bestehen weitere “argentinische Kosten”, die auf staatlichen oder korporativen Regulierungen beruhen. Unter Macri wurden viele Amtswege vereinfacht, was mit geringeren Kosten einher geht. Aber es gibt noch viel zu tun.

  • Schließlich schafft die Instabilität der argentinischen Wirtschaft, mit kurzfristigen Zyklen, auch zusätzliche Kosten, weil dabei periodisch Kostenstrukturen verbleiben, die teuer sind, wenn sie nicht produktiv ausgelastet sind. Ebenfalls wirkt dies gegen eine kapitalintensivere Produktion.

Es ist nicht einfach, die argentinischen Kosten allgemein abzuschaffen. Aber die Regierungen müssen sich über das Problem bewusst sein, und in Richtung einer effiziente Produktionsstruktur arbeiten. Es fällt auf, dass das Thema anlässlich der Präsenz des zukünftigen Präsidenten Alberto Fernández beim Industrieverband “Unión Industrial Argentina”, überhaupt nicht erwähnt wurde.

0 visualizaciones0 comentarios
bottom of page