top of page
Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die argentinische Gaswirtschaft

Von Juan E. Alemann


Als in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Erdölproduktion in Argentinien aufkam, zunächst in Comodoro Rivadavia und dann in Neuquén, Mendoza, Jujuy und Santa Cruz, schließlich auch in Feuerland, wurde dem Gas, das gelegentlich als Nebenprodukt auftrat, zunächst keine große Aufmerksamkeit geschenkt, wobei es sogar in die Luft freigegeben wurde. Später wurden Ferngasleitungen und städtische Verteilungsnetze gebaut, und dieses natürliche Gas wurde zunehmend verwendet. Doch die Gaslager neigten bald zur Erschöpfung.

Doch dann wurde 1977 ein Riesenlager in Loma de la Lata, Provinz Neuquén, entdeckt, mit dem ein zunehmender Konsum bequem gedeckt wurde. Und als auch Loma de la Lata Erschöpfungszeichen zeigte, wurde ein unverhältnismäßig größeres Lager im Gebiet von Vaca Muerta, auch in Neuquén, entdeckt. Aber hier handelt es sich um „Shale Gas“, das sehr tief liegt (an die 3 km) und mit Gestein verbunden ist. Dieses Gas wird mit unterirdischen Explosionen freigegeben. Es ist kein billiges Gas. Die konventionellen Lager erschöpfen sich langsam, und der Anteil von „Shale Gas“ an der Gesamtförderung nimmt stark zu.

Dabei steigen auch die durchschnittlichen Kosten, da billiges Gas durch teures ersetzt wird. Das hat die gegenwärtige Regierung zunächst nicht wahrnehmen wollen, so dass die Gasförderung sogar abnahm, weil die zugelassenen Gaspreise nicht kostendeckend waren. Erst jetzt wurde die Förderung von 2019 wieder erreicht. Ohnehin hätte eine höhere Gasproduktion nicht transportiert werden können, weil die dazu notwendige Gasleitung nicht 2020 ausgeschrieben wurde, wie es die Macri-Regierung vorgesehen hatte, sondern erst dieses Jahr, mit zweijähriger Verspätung, so dass sie bestenfalls im Juni 2023 in Betrieb genommen werden kann. Das hat weit über u$s 5 Mrd. an Importen von verflüssigtem Gas gekostet. Dieser Fall zeigt, wie wichtig beim Gas eine langfristige Planung ist.

Es ist vorgesehen, in den kommenden Jahren einen Überschuss an Gas zu erreichen, der exportiert werden soll. Indessen besteht zunächst eine bessere Alternative, nämlich das Gas für die Produktion von Harnstoff (Urea) einzusetzen, das wichtigste Düngemittel, das in Argentinien zunehmend eingesetzt wird und weltweit jetzt wegen Versorgungsschwierigkeiten Russlands knapp ist. In der Tat nutzt Russland seine riesigen Gasvorkommen auch für die Herstellung dieses Düngemittels, bei dem es der weltweit größte Exporteur ist. Aber auch wenn Russland wieder normal produziert und exportiert, besteht weltweit Knappheit an Harnstoff. Bei lokaler Erzeugung dieses Düngemittels sinkt der Importbedarf über dem Betrag, der beim Gasexport erzielt würde.

In Argentinien besteht schon eine Düngemittelfabrik, die Gas zu Harnstoff verarbeitet, die während der Menem-Regierung in der Nähe von Bahía Blanca errichtet wurde und Profertil heisst. Es handelt sich um ein Gemeinschaftsunternehmen der kanadischen Nutrien und der lokalen YPF. Die Investition betrug ursprünglich u$s 700 Mio. zu denen danach noch um die u$s 500 Mio. hinzukamen. Zu heutigen Werten handelt es sich um eine Investition, die u$s 2 Mrd. wert ist.

Es besteht jetzt ein Projekt, die Produktion von Profertil von gegenwärtig 400.000 Jato zu verdoppeln. Das erfordert eine Investition von u$s 1,3 Mrd. Der kanadische Partner Nutrien hat jedoch politische Bedenken, um seinen Teil für diese Investition beizutragen, die gewiss berechtigt sind. Als erstes taucht dabei das Wechselkursproblem auf. Es macht einen großen Unterschied aus, ob die Dollar zum offiziellen oder zum freien Kurs verrechnet werden. Und wenn der CCL-Kurs verwendet wird, der legal ist, bestehen auch Zweifel, ob dies zugelassen wird. Dann besteht auch keine freie Überweisung von Dividenden. Bei Massa kann man sich vorstellen, dass er eine Sonderlösung sucht, die das konkrete Problem löst. Ob das genügt weiß man nicht. Denn bei diesen Leuten weiß man nie, ob sie ein Privatunternehmen verstaatlichen, nur aus ideologischen Gründen. Das haben peronistische und auch radikale Regierungen getan. Argentinien zahlt einen hohen Preis dafür, dass es sich immer wieder wie ein Betrüger benommen hat und die Spielregeln der großen Welt missachtet hat.

Wie die Journalistin Silvia Naishtat in der Zeitung „Clarín“ berichtet, soll YPF bereit sein, den Kapitalanteil von Nutrien zu übernehmen und dann die neue Investition durchführen. Das würde an erster Stelle einen Konflikt bei der Bewertung des Aktienpaketes von Nutrien schaffen. Aber abgesehen davon befindet sich YPF in einer schwierigen finanziellen Lage, und schafft es kaum, die Mittel für die Gasförderung in Vaca Muerta u.a. prioritäre Zwecke aufzubringen. YPF ist hoch verschuldet, und muss sich um den Abbau der Schulden kümmern. Eine hohe Investition in Profertil kommt dabei nicht in Frage.

Dennoch sollte auf die Erhöhung der lokalen Produktion dieses wichtigen Düngemittels nicht verzichtet werden. Die Nachfrage ist schon vorhanden, es können dabei Importe ersetzt werden, und der steigende Bedarf kann dabei gesichert werden. Massa sollte mit den Kanadiern sprechen, und sehen, wie man das Problem lösen kann, eventuell mit einer Garantie der Weltbank. Und dabei sollte Nutrien die ganze Neuinvestition finanzieren, was selbstverständlich zu einem entsprechend höheren Kapitalanteil führt.



2 visualizaciones0 comentarios

Comments


bottom of page