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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die andere Möglichkeit: der Zusammenbruch

Von Juan E. Alemann

Was wird oben dargestellt haben, beruht auf der Voraussetzung, dass alles so weitergeht wie bisher, ohne einen neuen Default. Doch so, wie sich die Regierung verhält, kann man nicht ausschließen, dass es bis Ende März nicht zu einem neuen Umschuldungsabkommen kommt, und ein Default gegenüber dem IWF eintritt, der auch einer gegenüber den Inhabern von Staatstiteln folgt. In Finanzkreisen hofft man immer noch, dass es nicht so weit kommt, weil man dem Präsidenten und seiner Mannschaft, und auch Cristina, ein Mindestmaß an Vernunft zumutet. Aber bei diesen eigenartigen Leuten, die sich mitten im Zusammenbruch mit allerlei sekundären Themen beschäftigen und kleinliche Politik betreiben, kann man wirklich nichts vorwegnehmen.

Die Lage wird zunehmend unhaltbar. Die anormal hohe Kursdifferenz zwischen dem offiziellen und dem freien (auch dem schwarzen) Kurs führt zu Verzerrungen, die die Regierung nicht aufhalten kann. Exporte werden unterfakturiert und Exportwaren werden auch in hohem Umfang geschmuggelt. Sojabohne wandert über Misiones nach Paraguay und Brasilien. Der Nettopreis in Dollar liegt dabei weit mehr als doppelt so hoch wie beim normalen Export. Denn einmal entfällt der Exportzoll von 33%, und dann wird die Ware zum Schwarzkurs verrechnet. Bei einer so hohen Differenz können auch hohe und vielfältige Schmiergelder gezahlt werden. Man muss sich nur vorstellen, was es für einen Zollbeamten oder einen Gendarmen bedeutet, ein Geschenk von u$s 10.000 zu erhalten. Die Regierung ist bei ihren Kontrollen überfordert.

Bei Importen wird überfakturiert, was in vielen Fällen schwer feststellbar ist. Bei vielen Zubehörteilen, die dann beim lokalen Fabrikationsprozess in die Produkte eingebaut werden, gibt es keinen “normalen” Marktpreis. In vielen Fällen bestimmen kleine Qualitätsunterschiede hohe Preisdifferenzen. Das Zollamt ist überfordert, abgesehen davon, dass es sehr korrupt ist, und sich sehr viele Beamte die Möglichkeit nicht entgehen lassen, sich an diesem Geschäft zu beteiligen. Private Kontrollen, wie sie von 1997 bis 2001 bestanden, gibt es nicht, und private Beratung über Preise von Importgütern auch nicht.

Die Zahlungsbilanz ist in eine kritische Phase eingetreten. Die effektiven Devisenreserven reichen kaum aus, um die bevorstehen Zahlungen an Zinsen und Amortisationen von Staatstiteln und der Schuld gegenüber dem IWF und dem Pariser Klub zu zahlen. Eventuell könnte die ZB mit dem Verkauf eines Teils ihres Goldbestandes auskommen. Die ZB bemüht sich, das Gleichgewicht zu erhalten, indem sie Zahlungsgenehmigungen für den Import einfach hinausschiebt. Doch das führt allgemein zu einer Störung der Produktionsprozesse, was zu einer geringeren Produktion zwingt und rezessiv wirkt. Abgesehen davon widerspricht dies dem Mercosur-Abkommen und den Normen der Welthandelsorganisation (WTO). Eine direkte Folge dieser ZB-Willkür ist die, das Auslandsinvestitionen und Auslandskredit praktisch unmöglich werden.

Die Exporte landwirtschaftlicher Produkte, die über zwei Drittel der Gesamtexporte ausmachen, werden dieses Jahr weit unter dem Vorjahr liegen, was auf ein Defizit der Leistungsbilanz hindeutet. Dabei wird das Problem mit der Importhemmung noch schlimmer. Es ist nicht auszuschließen, dass schließlich das System der Kursverwaltung zusammenbricht und der offizielle Wechselkurs in die Höhe springt. Das würde der Inflation einen gewaltigen Schub geben, umso mehr als es keine Begrenzung von der monetären Seite gibt. Die Wirtschaft ist im Übermaß mit Geld versorgt, und das erleichtert Preissprünge. Von einer Megaabwertung, die der Markt herbeiführt und die ZB nicht bremsen kann, bis zur Hyperinflation, ist der Weg erfahrungsgemäß sehr kurz.

Auf internationaler Ebene, also im Fonds, in den Regierungen der USA u.a. Staaten und in Finanzkreisen der großen Welt, besteht teilweise auch die Auffassung, dass es besser ist, wenn es bei Argentinien zu einem totalen Zusammenbruch, mit Default und Hyperinflation, kommt, um dann sozusagen von Null an zu beginnen. In der Tat wäre es bei dieser Lage relativ einfach, ein Paket struktureller Maßnahmen durchzusetzen, die einen gesunden Beginn für eine Wirtschaft mit haltbarem Wachstum und niedriger Inflation darstellen. In einer extremen Krisensituation kann man unnötige Staatsausgaben abschaffen, und das Gleichgewicht auch durch ein niedrigeres Realeinkommen von Arbeitnehmern, Rentner u.a. erreichen. Aber das Opfer für die Gesellschaft wäre sehr groß, besonders für diejenigen, die jetzt schon unter Armut leiden, aber auch für den unteren Mittelstand.

Hoffen wir, dass uns der Zusammenbruch erspart bleibt. Doch auf alle Fälle wird in der Wirtschaftswelt diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen, und das führt zu einer sehr vorsichtigen Haltung, Wenn die Unternehmer mit Rezession rechnen, dann tragen sie zu ihrer Vertiefung bei.

Die Regierung handelt so, wie wenn sie sich der Lage nicht bewusst wäre, und das wirkt negativ. Guzmán nimmt sich seine Zeit, auch die, die er nicht hat, und führt sein Pokerspiel mit dem Fonds weiter. Und Cristina gibt kein Signal, wo sie wirklich steht. Will sie ein Abkommen mit dem Fonds, oder zieht sich einen Default vor, bei dem dann Argentinien auf Jahre hinaus nichts an den Fonds u.a. Gläubiger zahlt? Der Präsident will ein Abkommen mit dem IWF so bald wie möglich abschließen, versteht es jedoch nicht, die Hindernisse zu überwinden, die seine Regierung geschaffen hat. Man hat den Eindruck, dass ihm niemand den Fall gründlich erklärt hat. Mit seinen Widersprüchen und seiner schwankenden Haltung, trägt er schließlich auch dazu bei, die Krise zu verschärfen.



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