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Die Ära Biden beginnt

Neuer US-Präsident will das Land wieder zusammenführen

Biden
Joe Biden legt den Amtseid ab. Seine Frau Jill Biden hält dabei die Bibel. (Foto: dpa)

Washington (dpa) - Zu seinem Amtsantritt als neuer Präsident der Vereinigten Staaten hat Joe Biden die US-Amerikaner zu Einheit und Versöhnung aufgerufen. Der 78-Jährige legte am Mittwoch in einer feierlichen Zeremonie vor dem US-Kapitol in der Hauptstadt Washington seinen Amtseid ab. Kamala Harris wurde als erste Vizepräsidentin des Landes vereidigt. In seiner Antrittsrede versprach Biden, alles dafür zu tun, um das Land zu einen und zu heilen. Er appellierte an die Bürger, neu anzufangen, einander zuzuhören und aufeinander zuzugehen. Er versprach: „Ich werde ein Präsident für alle Amerikaner sein.“

Biden löst den Republikaner Donald Trump ab, der in seinen vier Jahren im Weißen Haus die politischen Gräben im Land dramatisch vertieft hatte. Entgegen der Tradition nahm Trump auch nicht an der Amtseinführung seines Nachfolgers teil.

Biden widmete seine gesamte Antrittsrede dem Ruf nach neuem Zusammenhalt im Land und machte klar, dass er nach den beispiellos turbulenten Trump-Jahren einen fundamental neuen Weg einschlagen will. Seinen Vorgänger erwähnte Biden dabei namentlich nicht. Biden mahnte, ohne Einheit könne es keinen Frieden und keinen Fortschritt geben, sondern nur Bitterkeit, Empörung und Chaos. Er werde sich mit ganzem Herzen für Einheit und Versöhnung einsetzen, versprach Biden.

Das Land stehe vor großen Herausforderungen, sagte er und nannte unter anderem die Corona-Pandemie, die schwierige wirtschaftliche Lage, aber auch Extremismus und Hass im Land. Doch zugleich gebe es viel Hoffnung und immense Möglichkeiten. „Mit Einheit können wir große Dinge tun, wichtige Dinge“, sagte der Demokrat. „Dies ist unser Moment in der Geschichte. Und Einheit ist der Weg vorwärts.“

Biden beschwor die US-Amerikaner, das Land habe auch Herausforderungen in der Vergangenheit mit Einheit überwunden. „Lasst uns neu anfangen“, sagte er und versprach, er werde genauso für jene kämpfen, die ihn nicht unterstützt hätten wie für jene, die dies getan hätten.

In seiner Rede sendete Biden auch ein Signal an internationale Verbündete: „Wir werden unsere Bündnisse reparieren und mit der Welt zusammenarbeiten.“ Trump hatte die Verbündeten der USA während seiner Amtszeit mit Alleingängen wiederholt vor den Kopf gestoßen und internationalen Organisationen und Vereinbarungen den Rücken gekehrt.

Bidens Amtseinführung am US-Kapitol fand unter nie da gewesenen Sicherheitsvorkehrungen statt. Vor zwei Wochen hatten gewalttätige Anhänger des abgewählten Präsidenten Trump das Parlamentsgebäude gestürmt. Die Angst vor weiterer Gewalt rund um die Vereidigung war daher groß. Das Zentrum Washingtons wurde weiträumig abgeriegelt. Neben zahlreichen Polizisten waren Tausende Mitglieder der Nationalgarde im Einsatz, um vor allem den Kongresssitz zu schützen.

Wegen der Corona-Pandemie fand die Amtsübergabe auch ohne das sonst übliche Massenpublikum statt. Anstelle von Hunderttausenden Zuschauern wurde ein Meer aus Flaggen auf der Freifläche zwischen dem Kapitol und dem Lincoln Memorial platziert.

Nach ihrer offiziellen Amtseinführung inspizierten Biden und Harris traditionell die Einsatzbereitschaft von Soldaten vor dem Kapitol. Danach legten die beiden am Grab des unbekannten Soldaten auf dem Nationalfriedhof Arlington einen Kranz nieder.

Trump reiste bereits am Morgen, wenige Stunden vor der Vereidigung, aus Washington ab nach Florida, wo sein Club-Resort Mar-a-Lago liegt. Er ist der erste scheidende Amtsinhaber seit 1869, der nicht an der Einführungszeremonie seines Nachfolgers teilnahm. Vor seinem Abflug hielt Trump stattdessen am Militärflughafen Andrews unweit der Hauptstadt eine kurze Abschiedszeremonie ab und machte klar, dass er nicht von der Bildfläche verschwinden will. „Wir werden in irgendeiner Form zurückkehren“, sagte er, ohne konkreter zu werden.

 

Brief von Trump

Washington (dpa) - Als erster US-Präsident seit mehr als 150 Jahren blieb Donald Trump am Mittwoch der Zeremonie zur Vereidigung seines Nachfolgers vor dem Kapitol fern. Mit einer weiteren, viel jüngeren Tradition hat Trump überraschenderweise aber nicht gebrochen: Der neue Präsident Joe Biden sagte, Trump habe ihm „einen sehr wohlwollenden Brief“ hinterlassen. Zwar wollte Biden zum Inhalt des „persönlichen“ Schreibens keine Angaben machen, bevor er nicht mit seinem Vorgänger gesprochen hat. Dass sich Trump aber überhaupt zu der Geste durchgerungen hat, ist an sich schon erstaunlich. Öffentlich hat er Biden bis heute nicht zum Wahlsieg gratuliert.

Seit dem Republikaner Ronald Reagan 1989 hat bislang jeder scheidende US-Präsident seinem Nachfolger einen meist warmherzigen Brief auf den Schreibtisch gelegt - ganz unabhängig davon, ob er mit ihm politisch über Kreuz lag. In Reagans Fall war es eher eine Notiz für seinen Nachfolger und Parteifreund George H.W. Bush, und zwar auf einem Zettel mit der Aufschrift „Lass‘ Dich nicht von den Truthähnen unterkriegen“ - darunter die Comic-Zeichnung eines am Boden liegenden Elefanten, auf dem sich mehrere der Vögel tummeln. Der Elefant ist das Wappentier der Republikaner.

 

DEUTSCHLAND

Erinnerung an Reichsgründung

Heiligenhafen (AT/mc) - Deutschland hat ein gebrochenes Verhältnis zu seiner Geschichte. Am Montag dieser Woche jährte sich die Gründung eines einheitlichen deutschen Nationalstaats im Spiegelsaal von Versailles zum 150. Mal. Doch das Gedenken an den 18. Januar 1871 wird auf kleiner Flamme gekocht - was nicht nur an der Corona-Pandemie liegt.

„Nach einer nationalen Feier der Reichsgründung verlangt, so mein Eindruck, heute niemand“, sagte Frank-Walter Steinmeier vor wenigen Tagen vor Historikern im Schloss Bellevue. Der Bundespräsident argumentierte, der 18. Januar sei kein Datum, das im kollektiven Gedächtnis der Deutschen wirklich präsent sei.

„Wir Deutschen stehen dem Kaiserreich heute so beziehungslos gegenüber wie den Denkmalen und Statuen von Königen, Kaisern und Feldherren aus dieser Epoche.(...) Es scheint eine stumm gewordene Kulisse zu sein, die den meisten nichts mehr sagt“, meinte das Staatsoberhaupt.

Die Perspektive auf diese Epoche bezeichnete Steinmeier als „gebrochen“. Dies alleine schon durch die Kriege, mit denen die Einheit erzwungen wurde, vor allem aber durch die Katastrophen des 20. Jahrhunderts. Einen ungetrübten Blick zurück auf das Kaiserreich, vorbei an Völkermord, an zwei Weltkriegen und einer von ihren Feinden zerstörten Republik, könne es nicht geben.

Steinmeier erinnerte an „die Verachtung von Pluralismus und Demokratie durch den Kaiserstaat und seine Eliten“. Dies stelle eine Hypothek für die weitere deutsche Geschichte dar. Die Ablehnung der Demokratie „als fremd und undeutsch“, habe sich als fatal erwiesen. „Es ist keine Geschichtsvergessenheit, wenn die Deutschen mit dem Erbe des Kaiserreichs hadern und hadern müssen. Ein Kaiserreich, dessen Bewertung eben nur ambivalent ausfallen kann.“


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