Von Marion Kaufmann
Der vergangene Sonntag war in Argentinien der „Tag der Großeltern“.
In Vor-Pandemie-Zeiten hat man sie bestimmt gebührend gefeiert: Blumensträuße tragend erschienen die Enkel bei Oma und Opa, wo man sie erfreut und gewiss auch mit Süßigkeiten empfing. Aber während der Quarantäne beschränkte sich die Feier auf ein digitales Küsschen. Hoffen wir, dass es in der Nach-Pandemie wieder eine Feier gibt.
Doch wir dürfen uns nicht beklagen, denn in Argentinien würdigt man sie dreimal im Jahr: einmal, wie jetzt, am 26. Juli; dann am Tag der Großmutter am zweiten Sonntag im November; und am Tag des Opas, am dritten August. Wer noch immer nicht zufrieden ist, darf außerdem am 1. Oktober den „Internationalen Tag der alten Leute“ feiern, der von der ONU eingesetzt wurde, um die Menschheit auf die oftmals diskriminierten Alten und die negativen Klischeevorstellungen bewusst zu machen.
Es dürfte kein Zufall sein, dass in diesen Tagen häufig das Buch „Diario de la guerra del cerdo“ (Tagebuch über den Krieg der Säue) des argentinischen Schriftstellers Adolfo Bioy Casares (1914-1999) kommentiert wird. Darin schildert er das Leben von Isidoro Vidal und seinen Freunden, einer Gruppe der Alten, die sich auf Plätzen oder in Cafés treffen um sich über Fußball oder andere Themen ihres Alltags zu unterhalten, und die ständig von jungen Gewalttätern beleidigt, angegriffen oder umgebracht werden. Das Thema des Romans –so der Autor, der damals mit 55 Jahren viel jünger war als die von ihm beschriebenen Alten – kam ihm eines Tages, als er in einem Café einen Mann mit gefärbtem Haar sah, der mit der dunklen Farbe seine weißen Haare verbergen wollte. Da wurde ihm klar, dass das Altwerden ein allgemeines Problem war, das praktisch jeden betrifft und darüber schrieb er den Roman.
Heute gibt es viel mehr Produkte als nur schwarze Tinktur um das Altwerden zu verbergen; Männer und Frauen scheuen keine Kosten - sei es Kosmetik oder Operationen – um jünger auszusehen. Es scheint, dass es die Angst vor den verräterischen Falten zu allen Zeiten gab, und immer bleiben wird.
Aber: „Das Altern ist gar nicht so schlecht, wenn man an die Alternative denkt“ (Maurice Chevalier 1888-1972).
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