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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Der schwierige Weg bis zu den Wahlen

Von Juan E. Alemann

Der absurde Konflikt, den die Regierung mit dem Obersten Gerichtshof geschaffen hat, hat das Problem der wirtschaftlichen Krise in den Hintergrund gedrängt. Doch das bedeutet nicht, dass das Problem nicht weiter besteht und von der Wirtschaftswelt mit Sorge verfolgt wird. Mauricio Macri sagte unlängst, man müsse auf alle Fälle einen Default vermeiden, den dieser habe lang dauernde Folgen, die für die nächste Regierung ein Hindernis darstellen. Das bedeutet im Klartext, dass die Opposition, die damit rechnet, am 10. Dezember die Regierung zu übernehmen, dieser Regierung helfen will, damit sie ohne Default und ohne Vertiefung der Krise bis zum Ende ihrer Amtszeit gelangt. Der weitaus größte Teil der lokal untergebrachten Staatsschuld verfällt vor den Wahlen, und muss rechtzeitig erneuert werden. Und das bedarf nicht nur der Mitwirkung der Banken, sondern auch der Unternehmerschaft allgemein, die eventuell auch nicht orthodoxe Maßnahmen wohlwollend betrachtet.

Auch die Unternehmer denken in diesem Sinn. Wirtschaftsminister Sergio Massa und sein Vizeminister Gabriel Rubinstein haben einen guten Dialog mit Unternehmern, und das hilft ihnen bei ihrer Politik der kleinen Schritte. Massa hat schon erreicht, dass er die Staatsfinanzen im Griff hat, so dass er die mit dem IWF vereinbarten Ziele einhalten konnte. Er hat Staatsausgaben für einen hohen Betrag gestrichen (angeblich über $ 500 Mrd.), und auch davon profitiert, dass die Inflation die Beamtengehälter, die Ausgaben für Pensionen und Hinterbliebenenrenten u.a. Ausgaben verwässert und somit real (in konstanter Währung) gesenkt hat. Aber es fehlt noch viel, um zum 10. Dezember zu gelangen. Für Massa ist es gut, wenn die Aufmerksamkeit auf Justizprobleme u.a. Dinge konzentriert wird. Das erlaubt ihm, weiter fortzuschreiten, ohne die einzelnen Maßnahmen an die große Glocke zu hängen und in jedem Fall eine politische Diskussion herbeizuführen.

Die Unternehmer, die heute, im Gegensatz zu vergangenen Zeiten, gute Wirtschaftsberater haben, die auch die Staatsfinanzen untersuchen und auf Sparmöglichkeiten hinweisen, können Massa jetzt sehr konkrete Empfehlungen geben, also nicht nur sagen, er muss die Staatsausgaben verringern, sondern auch, welche Bereiche dies konkret betrifft. Und Massa wird dann versuchen, an diese Einzelfälle heranzugehen. In letzter Zeit wurden auch Zahlen über Staatsunternehmen bekanntgegeben, die der Diskussion über die einzelnen Fälle eine Grundlage geben. Dabei geht klar hervor, dass das Kohleunternehmen in Río Turbio, Provinz Santa Cruz, geschlossen werden muss, und zwar sofort. Aber auch bei den anderen Staatsunternehmen muss viel getan werden.

Das andere große Problem ist die Zahlungsbilanz. Es ist kein Geheimnis, dass der Export von landwirtschaftlichen Produkten, und somit auch der Industrieprodukte, die auf der Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte beruhen, dieses Jahr stark abnimmt. Es besteht somit die Gefahr einer Zahlungsbilanzkrise, die u.a. zwingt, den Wechselkurs frei zu geben, der dann in die Höhe springen würde und dabei die interne Inflation in die Höhe treiben würde. Dem Zahlungsbilanzproblem muss auf drei Wegen begegnet werden:

1. Durch eine strenge Devisenbewirtschaftung, mit einem guten Genehmigungsverfahren der einzelnen Importanträge. Dies besteht schon seit längerer Zeit, wurde jedoch in letzter Zeit, mit dem Unternehmer und ehemaligen Präsidenten des Industrieverbandes „Unión Industrial Argentina“, José Ignacio de Mendiguren als Industriesekretär, verfeinert. Der gute Dialog mit den Unternehmern führt dazu, dass immer besser unterschieden werden kann, zwischen Importen, die unerlässlich für Produktionsprozesse sind, und anderen, die eventuell vertagt, verringert oder gestrichen werden können, ohne großen Schaden für die Wirtschaft.

2. Durch Exporterhöhung. Die Unternehmer sind sich bewusst, dass die Regierung einen Abwertungssprung vermeiden muss, und gehen auf das System von Massa ein, Sonderbedingungen für konkrete Fälle einzuführen, die bestimmte Exporte fördern. Das Sojaschema soll dabei auf andere Produkte übertragen werden. Zur Diskussion stehen schon Rindfleischexporte, aber es kommen noch viele Einzelfälle hinzu, die mit der Unternehmerschaft besprochen werden. Statt eines besonderen Wechselkurses können es auch steuerliche Maßnahmen sein, die den Export für bestimmte Produkte interessant machen.

3. Schließlich kommen noch Auslandskredite und Kapitalinvestitionen hinzu. Der IWF ist Argentinien in dieser Beziehung schon entgegengekommen, und hat Zahlungen der Schuld gestreckt und frisches Geld bereitgestellt. Es ist besonders wichtig, dass der Fonds bei dieser globalen Strategie mitwirkt. Darin kommt auch der gute Wille der großen Staaten gegenüber Argentinien zum Ausdruck. Die Weltbank und die Interamerikanische Entwicklungsbank haben ihren guten Willen schon durch Beschleunigung der Auszahlung von Krediten gezeigt. Es bestehen noch mehr Kreditmöglichkeiten, die Verhandlungen mit ausländischen Banken u.a. erfordern. Und gelegentlich sollte es wieder Kredite für Kapitalgüterlieferungen geben, die mit einer politischen Versicherung eines staatlichen Institutes (wie Hermes in Deutschland, Coface in Frankreich u.a.) zählen. Um dies kümmert sich Massa zu wenig.

In dieser Krise, die jederzeit explodieren kann, ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die finanzielle Lage Argentiniens im Grunde nicht so schlimm ist. Die Staatsschuld ist im internationalen Vergleich niedrig, und sie ist es noch mehr, wenn man die Innerstaatliche Schuld abzieht und die langfristige Verschuldung gegenüber internationalen Kreditinstitutionen separat bucht. Heute haben viele Länder, angefangen mit Italien und Japan, eine Staatsschuld von über 200% des Bruttoinlandsproduktes, und die USA und auch EU-Staaten liegen um die 100%. Argentinien liegt, richtig berechnet, unter 50%.

Wenn Argentinien die Rechtsordnung immer eingehalten hätte, keinen Default mit einer schmutzigen Umschuldung durchgeführt hätte, und das Problem der Staatsverschuldung zivilisiert diskutiert hätte, wäre der Fall heute bestimmt nicht so kritisch. Der Angriff auf den Obersten Gerichtshof und die Kritik der Regierung und besonders von Cristina an der Justiz, stellen die Rechtssicherheit unter einen dunklen Schatten, und das wirkt störend, wenn die Staatsverschuldung zur Diskussion steht. Es wäre gut, wenn nicht nur Sprecher der Opposition, sondern auch der Regierung, die Rechtssicherheit betonen. Doch gerade dies fällt dem linken Spektrum der Regierungskoalition schwer, weil diese Leute schließlich eine Revolution anstreben, die auch die Rechtsordnung über den Haufen wirft.


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