Von Juan E. Alemann
In Russland besteht eine Gruppe von extrem reichen Unternehmern, die als “Oligarchen” bezeichnet werden, und ihr Vermögen auch nicht verstecken. Viele haben teure Luxusyachten, die sie ohne Scham in Großbritannien, in spanischen Mittelmeerhäfen u.a. Ländern zeigen. Die von Alisher Usmanov wird auf u$s 600 Mio. bewertet, die von Sergei Chemezov auf u$s 150 Mio. Der Privatjet von Igor Shuvalov wird auf u$ 50 Mio. geschätzt. Das Vermögen von Boris Rotenberg wurde 2016 von der Zeitschrift Forbes (die jedes Jahr eine Statistik über die reichsten Menschen der Welt veröffentlicht) auf über eine Milliarde Dollar geschätzt, wobei er in Russland an Stelle 69 stehe.
All diese Megavermögen sind nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion entstanden, also in kapp über 20 Jahren. Diese Vermögen beruhen auf der Übernahme von Staatsunternehmen. Igor Sechin kontrolliert das Erdölunternehmen Rosneft, Nikolay Tokarev kontrolliert das Unternehmen Transneft, das die russischen Ölleitungen betreibt, die an die 50.000 km umfassen. Sergei Chemezov, einer der engsten Vertrauensmänner von Putin, kontrolliert Rostec, ein Konglomerat von Technologie- und Militärunternehmen. Und so weiter und so fort.
Es wird davon ausgegangen, dass Putin selber an den Geschäften der Oligarchen beteiligt ist. Es wurde u.a. erwähnt, dass auch er ein große Luxusyacht und eine Luxuswohnung in einem Ferienort besitzt. Wir konnten dies nicht bestätigen. Aber alles spricht dafür, dass Putin im Grunde auch zu den Oligarchen gehört. Auf alle Fälle ist es so, dass die großen Geschäfte, die die Oligarchen betreiben, direkt vom Staat, also von Putin, abhängen, und ohne den guten Willen von Putin nicht so unverschämt rentabel sein könnten, wie es effektiv der Fall ist. Dass er anderen zu enormem persönlichen Reichtum verhilft und selber nichts dabei bekommt, ist einfach unglaubhaft.
Die Privatisierung von Staatsunternehmen der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts erfolgte in den einzelnen Ländern mit einer anderen Methodologie. In Russland wurden die Unternehmen angeblich an die Belegschaft vergeben, aber in Wirklichkeit eigneten sich die Geschäftsführer und politisch einflussreiche Persönlichkeiten diese Unternehmen an. Angeblich wurde die Belegschaft dabei mit wenig Geld ausgezahlt. Der Staat, also zunächst Boris Yeltsin und dann Wladimir Putin als Präsidenten der Russischen Föderation, haben dies zugelassen oder sogar direkt unterstützt. Im Wesen war es ein Raub am Staat.
Es besteht eine gewissen Ähnlichkeit zum Amigo-Kapitalismus von Néstor und Cristina Kirchner. Aber es gibt einen großen Unterschied, einmal in der Dimension des Raubes am Staat, und dann, weil die Strohmänner oder Partner der Kirchners unbedeutende Personen waren, die nicht entfernt das Profil von Großunternehmern erreichten, wie es bei den russischen Oligarchen der Fall ist. Lázaro Báez ist schließlich nur ein armer Teufel, und Cristóbal López ein normaler Unternehmer. Néstor Kirchner wollte sich auch das lokale Erdölunternehmen YPF aneignen, über seinen Strohmann Sebastián Eskenazi. Das ist ihm schließlich nicht gelungen, wobei er inzwischen starb und Cristina dieses Geschäft aufgab.
Großbritannien, Frankreich u.a. EU-Staaten, die Schweiz, sind jetzt gegen die russischen Oligarchen vorgegangen, und haben zunächst schon Yachten u.a. Güter beschlagnahmt und Konten eingefroren. US-Präsident Biden hat in einer Ansprache vor dem Kongress Maßnahmen gegen die russischen Oligarchen angekündigt. Der Druck auf diese russischen Superreichen überträgt sich auf Putin persönlich, dessen Geschäfte und Machtbereich dabei betroffen werden. Die Oligarchen dürften gewiss nicht erfreut über den Krieg sein, den ihr Freund Putin angezettelt hat. Denn sie erleiden dabei zunächst einen direkten wirtschaftlichen Schaden, und könnten in zweiter Instanz viel -oder alles- verlieren. Wenn Putin durch einen demokratischen Präsidenten ersetzt wird, ist es gut möglich, dass der Ursprung des Vermögens der Oligarchen, und auch ihr Vorgehen, beanstandet wird. Sie sind an Putin gebunden, und das ist jetzt insofern positiv, als sie ihm das Ende des absurden Ukraine-Krieges nahelegen dürften. Wie weit sie dabei erfolgreich sind, sei dahingestellt.
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