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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Der Richterrat

Von Juan E. Alemann

Der Richterrat (Consejo de la magistratura) wurde durch die Verfassungsreform von 1994 geschaffen. Dieser Rat war gedacht, um die Justiz unabhängig von der Politik zu machen und qualitativ zu verbessern. Diese gute Absicht wurde jedoch nur halbwegs erreicht, und heute steht der Rat mitten in einer politischen Auseinandersetzung.

Der Richterrat hat zwei Funktionen: Einmal kann er Richter absetzen, die wegen Korruption, Unfähigkeit oder aus anderen Gründen beanstandet werden. Das Verfahren ist schneller und besser als die Absetzung durch den Senat, die vorher bestand und einen komplizierten politischen Prozess erforderte, bei dem auch die Politik mitspielte. Notorisch korrupte Richter blieben dabei unbehelligt im Amt, weil sie politischen Rückhalt hatten. Die andere Funktion des Rates besteht darin, jeweils drei Kandidaten für einen Richterposten vorzuschlagen, die objektiv auf Grund ihrer Qualifizierung für das Amt geprüft werden. Der Senat wählt dann einen von ihnen. Vorher konnte der Senat die Richter frei ernennen, was in der Praxis darauf hinauslief, dass politische Freunde ernannt wurden, und die Justiz somit der Politik unterstellt wurde. Doch genau das soll nicht sein, eben weil die Justiz unabhängig sein muss. Der Richterrat war somit ein großer institutioneller Fortschritt.

Der Rat hatte ursprünglich eine ausgewogene Zusammensetzung, bei der ein Gleichgewicht der Vertretern der Richter, der Anwälte, des Parlaments und des akademischen Bereiches bestehen musste. Doch Néstor Kirchner, der ein totalitäres Staatskonzept vertrat, missfiel dies, so dass er 2006 durch seine Gattin Cristina, die damals Senatorin war, das Gesetz des Richterrates änderte und den Regierungsfreunden faktisch die Mehrheit erteilte. Die Regierungspartei hatte damals die Mehrheit in beiden Kammern, so dass die Reform sofort verabschiedet wurde.

15 Jahre später stimmte der Oberste Gerichtshof einer Klage zu, dass die Reform verfassungswidrig sei, weil sie das politische Gleichgewicht gebrochen habe, das die Verfassungsreform vorschreibt. Die ursprüngliche Fassung wurde dabei wieder in Kraft gesetzt. Die auffallend lange Frist für die Entscheidung weist darauf hin, dass auch hier die Politik mitgespielt hat. Denn der Oberste Gerichtshof entschied erst, als der Kirchnerismus politisch geschwächt war. Eine Entscheidung unter Cristina als Präsidentin wäre schwierig gewesen, und eine unter Macri wäre auch politisch interpretiert worden. Jetzt muss das Parlament entscheiden, ob es dabei bleibt, oder das Gesetz geändert wird. Das ist jedoch schwierig, weil weder die Regierung noch die Opposition alleine die notwendige Mehrheit in der Deputiertenkammer zusammenbringen.

Der Richterrat hat jetzt eine neue Bedeutung erlangt. Es müssen unzählige Richterämter besetzt werden, die gegenwärtig von anderen Richtern mitverwaltet werden. Für Cristina ist es wichtig, zu erreichen, dass politisch befreundete Richter ernannt werden, vor allem bei denjenigen Gerichten, die über ihre Korruptionsprozesse entscheiden. Nur mit Richtern, die politisch zu ihr stehen, kann sie erreichen, entweder freigesprochen zu werden, oder dass die Verfahren niedergeschlagen oder ad calendas graecas hinausgeschoben werden. Ein Richter, der sich nur an die Verfassung hält, hat keine andere Möglichkeit, als Cristina zu verurteilen. Das erklärt, warum die Diskussion weitergeht, auch mit Argumenten, die an den Haaren herbeigezogen sind. Allein, bisher hat Cristina verloren, besonders nachdem Horacio Rosatti, Präsident des Obersten Gerichtshofes, der seine Unabhängigkeit gegenüber Cristina behauptet hat, auch den Vorsitz des Richterrates übernommen hat.


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