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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Der Oberste Gerichtshof

Von Juan E. Alemann

Die Regierung will den Obersten Gerichtshof grundsätzlich ändern. Eigentlich will es nicht die Regierung, die laut Verfassung nur der Präsident vertritt, sondern die Vizepräsidentin Cristina Kirchner. Denn Alberto Fernández hatte sich bisher stets zufrieden mit dem Obersten Gerichtshof erklärt, so wie er jetzt besteht. Für Cristina geht es hier ausschließlich um ihre zahlreichen Prozesse, von denen einige sich in der Endphase befinden, wobei die Schuldbeweise so zahlreich und so solide sind, dass eine Verurteilung unvermeidlich erscheint.

Cristina will mit der Reform zweierlei erreichen: Einmal, dass der Oberste Gerichtshof sie in den einzelnen Fällen entweder freispricht oder eine Revision der Urteile durch die unteren Instanzen fordert, und dann, dass die oberste Justizinstanz direkt in Prozesse eingreifen kann, die sich in Gang befinden, bevor ein Urteil gefällt wird. Gegenwärtig urteilt der Oberste Gerichtshof nur als letzte Instanz bei Berufungen.

Der Oberste Gerichtshof soll erweitert werden, angeblich auf zwölf oder mehr Mitglieder. Dabei hatten Néstor Kirchner als Präsident und Cristina als Senatorin, die Zahl der Richter, die Menem auf 9 erhöht hatte, auf 5 verringert. Und Alberto Fernández hatte sich auch für 5 Mitglieder ausgesprochen. In der Praxis verrichten 5 Richter die Arbeit genau so gut wie 9 oder 12, weil die materielle Arbeit von ihren Sekretären und dem Fachpersonal verrichtet wird, und die Richter im Wesen nur über grundsätzliche Aspekte entscheiden.

Eine Reform des Obersten Gerichtshofes erfordert eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern, die die Regierungskoalition nicht zusammenbringt. Es ist fraglich, ob einige Senatoren oder Deputierte der Opposition der Reform zustimmen. Und es ist auch möglich, dass einige der eigenen Truppe nicht mitmachen. Die größte Oppositionsfraktion, “Juntos por el cambio”, hat sich schon gegen die Reform ausgesprochen, so dass man davon ausgehen sollte, dass keine Möglichkeit besteht, sie durchzusetzen.

Der Präsident ist sich dieser Lage bewusst, und hat deshalb eine besondere Strategie eingesetzt (die bestimmt von Cristina und ihren Beratern stammt), um dieses Hindernis zu überwinden. Es soll eine Kommission gebildet werden, die sich aus hervorragenden Juristen zusammensetzt, die einen Vorschlag ausarbeitet, den der Präsident dann im Senat einbringt. Doch von den 11 Personen, um dies es hier geht, sind 8 Kirchneristen oder traditionelle Peronisten, und nur 3 können eventuell der Opposition zugeordnet werden. Auf alle Fälle ist die Opposition als solche nicht vertreten. Ein Mitglied, Carlos Beraldi, ist der persönliche Anwalt von Cristina, der all ihre Prozesse führt und dafür ein hohes Honorar (angeblich 7 Millionen Dollar) bezieht. Aus elementaren ethischen Gründen sollte er nicht an der Kommission beteiligt sein. Auch sein ehemaliger Sozius Leon Arslanian sollte dabei ausgeschlossen werden.

Die Kommission hat wirklich keinen Sinn. Ihre Bildung bedeutet auch eine Herabsetzung der Funktion des Parlaments, das vom Gutachten der Kommission unter Druck gestellt würde. Wenn angesehene Juristen zu Rate gezogen werden, so muss dies von der zuständigen parlamentarischen Kommission ausgehen und nicht von der Regierung.

Die Initiative der Reform des Obersten Gerichtshofes hat einen politischen Skandal von großer Tragweite hervorgerufen, bei dem der Journalismus zum allergrößten Teil, und vor allem die meinungsbildenden Journalisten, gegen die Initiative Stellung bezogen haben. Unter diesen Umständen dürfte es kaum möglich sein, die Reform durchzusetzen. (jea)

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