Am Montag berief Präsident Alberto Fernández die Gouverneure ein, um mit ihnen allgemeine Richtlinien über die provinzielle Steuerpolitik zu vereinbaren, die als “Konsens” benannt wurden. Unter der Präsidentschaft von Mauicio Macri, im Jahr 2017, hatte es schon einen Konsens gegeben, bei dem die Provinzen sich verpflichteten, den Satz der Bruttoumsatzsteuer nicht zu erhöhen, sondern schrittweise zu senken.
Diese Steuer ist von allen, einschließlich der nationalen, die am meisten verzerrende, weil sie in jeder Etappe der Wertschöpfung erneut voll erhoben wird. Der Landwirt zahlt auf den Weizen, den er verkauft, die Weizenmühlen auf das Mehl (ohne Abzug der schon gezahlten Steuer) und der Bäcker auf das Brot, auch ohne Abzug. Und wenn einer das Brot herstellt und ein anderer (z.B. ein Supermarkt) das Brot verkauft, dann wird die Steuer noch einmal gezahlt. Als 1974 die Mehrwertsteuer geschaffen wurde, wurde die Bruttoumsatzsteuer (damals benannt “Steuer auf lukrative Tätigkeiten”) abgeschafft. Doch 1976 wurde sie wieder eingeführt, weil die Provinzen ihre Einnahmen sonst nicht decken konnten. In der Tat entfällt der größte Teil der provinziellen Steuereinnahmen auf diese Steuer. Wollte man den gleichen Betrag über die MwSt. kassieren (was theoretisch rationeller wäre), dann müsste der Satz der Steuer auf etwa 30% erhöht werden, und das ist einfach viel zu viel.
Im Gegensatz zu 2017 wurden die Gouverneure jetzt aufgefordert, den Satz der Bruttoumsatzsteuer zu erhöhen. Wirtschaftsminister Martín Guzmán geht davon aus, dass der Bundesstaat den Provinzen keine zusätzlichen Mittel überweisen kann, so dass sie eben mehr an eigenen Steuern einnehmen müssen. Zur Erhöhung der Bruttoumsatzsteuer kommt eventuell noch eine der Stempelsteuer, der Kfz-Steuer u.a. Steuern hinzu. Das Konsensabkommen empfiehlt auch, eine provinzielle Erbschaftssteuer einzuführen, wobei innerhalb der Bundesregierung auch studiert wird, ob diese Steuer nicht auf nationaler Ebene eingeführt wird.
Merkwürdigerweise wurde die provinzielle Immobiliensteuer nicht erwähnt. Hier bedarf es keiner Erhöhung der Steuersätze, sondern nur eine realistische Bestimmung der Werte, auf die die Steuer erhoben wird. In der Regel liegen die Werte unter 30% der Marktwerte, gelegentlich sogar noch viel niedriger. Unter der Militärregierung wurde den Provinzen die Anweisung erteilt, die Werte auf 70% des Marktwertes anzusetzen, und in diesem Sinn wurden Richtwerte übermittelt. Das wurde jedoch kaum befolgt, und seither sind die Fiskalwerte noch mehr hinter den Marktwerten zurückgeblieben.
Die Stadt Buenos Aires blieb dem Steuerkonsens fern, und Stadtchef Horacio Rodríguez Larreta blieb abwesend. Hätte sich die Stadt dem Konsens angeschlossen, hätte sie auf den Prozess verzichten müssen, den sie gegen die Bundesregierung angestrengt hat, der sich darauf bezieht, dass Präsident Fernández 2020 verfügt hat, dass die Beteiligung der Bundeshauptstadt an den nationalen Steuern verringert wird. Die Stadt hatte unter der Macri-Regierung eine Erhöhung der Beteiligung erhalten, als Ausgleich für die Übernahme der Bundespolizei in der Stadt, was ausdrücklich vorgeschrieben war. Da die Polizei weiter bei der Stadt verblieb, ist der Entzug der Beteiligung an den Bundessteuern ein Vertragsbruch, der als verfassungswidrig eingestuft wird.
Für die Regierung ist dieser Konsens mit den Provinzen bei der Verhandlung mit dem IWF wichtig, weil auf diese Weise keine (oder viel weniger) Bundesmittel für die Provinzen verpflichtet werden. Er erscheint jedoch widersprüchlich, dass im Budgetprojekt, das in der Vorwoche in der Deputiertenkammer abgelehnt wurde, hohe Beträge für die Provinzen vorgesehen waren, die in letzter Minute hinzugefügt wurden. Dass das finanzielle Problem der Provinzen jetzt durch Erhöhung der provinziellen Steuern gelöst werden soll, ist eine schlechte Lösung. Die Provinzen haben einen phänomenalen Beamtenüberschuss, und könnten auch sonst allerlei unnötige Ausgaben streichen. Doch das kommt an Ort schlecht an, und die Gouverneure wollen dieses politische Problem vermeiden.
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