Doku über Maradona-Mythos
Berlin (dpa/cld) - Diego Maradona ist ein Mythos weit über den Fußball hinaus. Der „Goldjunge“ war einer der talentiertesten Fußballer überhaupt, feierte große Erfolge mit der SSC Neapel und der argentinischen Nationalmannschaft - und stürzte dann zunehmend ab. Den Neapolitanern gab er von 1984 bis 1991 die Chance, sich an einem Helden festzuhalten - ehe das Verhältnis zwischen Stadt und Star zerbröckelte. Regisseur Asif Kapadia („Amy“) hat zu Maradonas Zeit in Neapel mit vielen privaten Videos ein beeindruckendes Dokudrama geschaffen. Das für zahlreiche Preise nominierte, komplexe Porträt von 2019 ist in der 3sat-Mediathek zu sehen - sofern man die Möglichkeit hat, eine VPN-Verbindung zu verwenden.
Den roten Faden macht dabei gleich zu Beginn Maradonas früherer persönlicher Trainer Fernando Signorini deutlich: „Es gibt Diego. Und es gibt Maradona“, sagt Signorini zu Bildern aus der Anfangszeit in Italien. „Diego war ein etwas unsicherer, aber liebenswerter Junge. Maradona dagegen war die Rolle, die er sich zurecht gelegt hatte, um im Fußballgeschäft und auch in den Medien bestehen zu können.“
Der Film beginnt 1984 mit dem Wechsel Maradonas von Barcelona nach Neapel. Die emotionalen Neapolitaner lieben ihn von Beginn an. Maradona ist der Heilsbringer nicht nur für den Verein, sondern auch für eine Stadt, die innerhalb Italiens als minderwertig abgetan wird. Es folgen zwei gute Jahre in Neapel, ehe Maradona 1986 mit Argentinien zur Weltmeisterschaft nach Mexiko reist und im Viertelfinale zwei legendäre Tore schießt: Beim 1:0 kommt die „Hand Gottes“ zu Hilfe, nur wenige Minuten später trifft Maradona nach einem fulminanten Dribbling.
Wenige Minuten später steuert die Doku auf den Höhepunkt der Karriere Maradonas zu: 1987 wird die SSC Neapel zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte italienischer Meister. Noch auf dem Platz nach dem entscheidenden Spiel wird Maradona nicht nur gefragt, wie er sich fühlt, sondern was für ihn nun Neapel ist: „Mein Zuhause, ganz klar.“ Doch ab jetzt geht es mit der Liebe zwischen Superstar und Stadt bergab, sie erdrückt ihn - und der Film folgt diesem Weg in schwierigere Zeiten sehr genau. Der Hype um seine Person wird ihm zu viel, Maradonas Drogenkonsum nimmt Überhand.
Ähnlich wie in Maradonas Leben bestimmt auch in Kapadias Dokudrama die vielzitierte zweite Seite der Medaille nun zunehmend die Stimmung. Der Regisseur schafft es durch viele intime Einblicke mit Archivmaterial von Maradonas erstem Agenten, die entscheidenden Momente seines Lebens auszuleuchten, dem Mythos um den Argentinier näher zu kommen und Maradona selbst besser zu verstehen. „Der Goldjunge“ hat mit seinem fußballerischen Talent Euphorie entfacht - und dafür letztlich einen hohen Preis gezahlt.
Opmerkingen