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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Der Fall Priebke und die Ministerin Acuña


Acuña
Soledad Acuña. (@SoledadAcunia)

Die Zeitung Página/12 hat auf Seite eins einen Artikel mit zwei Photographien veröffentlicht, eine von Erich Priebke und die andere von der Erziehungsministerin der Stadt Buenos Aires, Soledad Acuña, in dem letztere beschuldigt wird, in die Schule Primo Capraro in Bariloche gegangen zu sein, zur Zeit als Priebke Vorsitzender des Schulvereins war und dabei die Nazidoktrin aufgenommen habe. Das ist alles an den Haaren herbeigezogen und grober Unfug und hat begreiflicherweise Entrüstung in der Stadtregierung und bei allen, die Frau Acuña kennen, hervorgerufen.

Die Schule Primo Capraro ist eine mehr unter denen der deutschsprachigen Gemeinschaft, und hat gewiss keine Nazidoktrin gelehrt. Priebke betrieb damals einen Feinkostladen (fiambrería) in Bariloche und beteiligte sich gleichzeitig am Vorstand der Schule, die ordentlich funktionierte und dem Verband deutscher Schulen in Argentinien angehörte. Priebke kümmerte sich dabei um Verwaltungsangelegenheiten. Für den Unterricht waren ein aus Deutschland entsandter Leiter und ein argentinischer Direktor verantwortlich.

Dass es in Bariloche Nazis gab, Priebke war wahrscheinlich auch einer, und auch vermutet wird, dass Hitler nicht Selbstmord verübt hat, sondern nach Argentinien geflohen ist und in einem Haus am Nahuel Huapi-See, nicht weit von Bariloche entfernt, lebte, wie es der Historiker Ariel Basti u.a. behaupten, hat nichts mit dem Fall Priebke und der Schule Primo Capraro zu tun.

Erich Priebke war in den Kriegsjahren, nach dem Fall von Benito Mussolini und der deutschen Besetzung Italiens, in der deutschen militärischen Vertretung in Rom als Verwaltungsbeamter tätig. Als Partisanen bei einem Überfall auf eine Gruppe deutscher Militärs verübten und dabei mehrere umbrachten, ordnete Hitler eine Vergeltung an, mit Erschießung von etwa zehn Mal so vielen Italienern. Der Vorsitzende der deutschen Militärdelegation in Rom, Oberst Kappler, musste zuerst die Opfer suchen, zu welchem Zweck er mit den italienischen Behörden verhandelte, die ihm an erster Stelle langjährig verurteilte Häftlinge zur Verfügung stellten. Dann ordnete Kappler an, dass all diejenigen, die mit ihm zusammenarbeiteten, also auch Priebke, mindestens einen dieser Todeskandidaten erschießen mussten. Die Opfer wurden in den sogenannten Ardeatinischen Höhlen erschossen, weshalb der Fall schließlich mit diesem Namen bekannt wurde.

Nach dem Zusammenbruch, als die Amerikaner Italien besetzten, gab es einen Prozess, bei dem Kappler die volle Verantwortung für die Erschießungen übernahm. Er wurde zu lebenslänglicher Haft verurteilt, aber Priebke und andere wurden freigesprochen, weil sie nur Befehle erfüllt hatten. In der Tat hätte eine Befehlsverweigerung von Priebke unter dem Nazi-Regime bedeuten können, dass er selber erschossen worden wäre.

Der Fall wurde auch verfilmt, mit dem Schauspieler Gregory Peck in der Rolle eines Bischofs, der mit den Partisanen mitmachte. Das beruht auf Tatsachen. Kappler wusste von der Tätigkeit des Bischofs, konnte ihn jedoch nicht fassen. Als die amerikanischen Truppen Rom besetzt hatten, suchte Kappler den Bischof auf und bat ihn, dafür zu sorgen, dass seine Familie nach Deutschland reisen konnte. Das tat der Bischof auch. Später besuchte der Bischof Kappler periodisch im Gefängnis und dieser war so tief beeindruckt, dass er, der Protestant war, zum katholischen Glauben übertrat.

Der Fall Priebke wurde Jahrzehnte später wieder aufgerollt, Priebke wurde zu lebenslanger Haft verurteilt und verbrachte den Rest seines Lebens in einem italienischen Gefängnis. Wie es möglich war, dass der Freispruch beim ersten Prozess aufgehoben wurde, wurde nie erklärt. Und Priebke selber schwieg bis zu seinem Tode.

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