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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Der ewige Konflikt mit der Landwirtschaft

Von Juan E. Alemann

In Argentinien besteht ein grundsätzlicher Konflikt zwischen Politik und Landwirtschaft: Produkte, die großen Anteil am Konsum haben, stellen gleichzeitig den größten Teil der Exporte dar. Das bezieht sich auf Weizen (und somit auf Weizenmehl und Brot), auf Sonnenblume und Speiseöl, auf Sojabohne und Sojaöl sowie Sojamehl, das als Futtermittel für Geflügel und Schweine eingesetzt wird und sich auf deren Preise auswirkt, und besonders auf Rindfleisch. Wenn die Preise dieser Produkte auf dem Weltmarkt steigen, dann steigen sie auch hier, und zwar in Dollarwerten. Populistische Politiker sprechen immer von der Sorge um den “Warenkorb der Argentinier”.

Doch auf der anderen Seite benötigt Argentinien höhere Exporte, um die Einfuhr von Rohstoffen und Zubehörteilen für die Industrie, und auch Kapitalgüter, zu finanzieren. Man exportiert nicht, was man will sondern was im Ausland gekauft wird. Argentinien könnte mehr Rindfleisch, und mehr Getreide und Ölsaat exportieren. Der Markt im Ausland ist vorhanden, und die Möglichkeit der Produktionserhöhung ist auch gegeben. Doch die zusätzliche Produktion hat meistens höhere Kosten und benötigt somit einen höheren Preis. Das beruht einmal darauf, dass die Produktion in Gebieten außerhalb der sogenannten “feuchten Pampa” niedrigere Erträge aufweist, also weniger Kilogramm Getreide und Ölsaaten pro Hektar, und auch eine geringere Gewichtszunahme bei Rindern. Das bedeutet, dass die Einheitskosten höher sind. In diesen Sinn kommt gelegentlich der Gedanke auf, den Markt zu spalten und den Landwirten in Grenzgebieten mehr zu zahlen, das ist jedoch praktisch undurchführbar und hat auch kein legale Basis. Ebenfalls kann durch intensivere Düngung, die zu höheren Hektarerträgen führt, eine höhere Produktion erreicht werden. Aber, ab einem gewissen Punkt, steigen dabei die Einheitskosten. Bei der Rinderwirtschaft wurde das Problem mit Mästung in “feed lots” gelöst. Aber die Rechnung geht dabei nur auf, weil gleichzeitig Land frei wird, das für Ackerbau eingesetzt werden kann.

Der Konflikt wird schließlich mit Kompromisslösungen in Angriff genommen. Doch der bestehende Kompromiss ist für die Landwirte ungünstig. Aber auf der anderen Seite ist auch das Realeinkommen der Bevölkerung zurückgegangen, und wenn die Landwirte ein höheres Realeinkommen erhalten, dann sinkt da Realeinkommen der nicht landwirtschaftlichen Bevölkerung noch mehr.

Beim Rindfleisch ist das Problem zum Teil faktisch dadurch gelöst worden, dass Produktion und Konsum von Geflügel und Schweinefleisch stark zugenommen haben. Der Rindfleischkonsum pro Kopf der Bevölkerung liegt jetzt bei 47 kg, während es in früheren Zeiten über 80 kg, gelegentlich sogar über 90 kg, waren. Aber der Gesamtkonsum von tierischem Protein, hat sich nicht wesentlich geändert, mit ca. 120 kg pro Kopf Rindfleisch, Geflügel und Schweinefleisch. Und wenn man noch Schaffleisch hinzurechnet, das in Patagonien viel konsumiert wird, dann dürfte der gesamte Pro-Kopf-Konsum von tierischem Protein sogar gestiegen sein. Nachdem der Wollpreis auf einen Bruchteil des früheren Niveaus zurückgegangen ist, werden wieder mehr Schafe gezüchtet, die mehr Fleisch und Fett, aber weniger Wolle haben.

Beim Rindfleisch besteht schon ein Exportverbot für bestimmte Schnitte. Und jetzt wird mit den Schlachthöfen über eine Verbilligung von Schnitten verhandelt, die viel konsumiert werden. Mag sein, dass einige große Schlachthöfe dies einhalten. Aber im Landesinneren funktioniert dies kaum, weil die kleinen lokalen Schlachthöfe sich prinzipiell nicht an Anweisungen der Regierung halten. Würde der Staat Abstand von diesem Interventionsmus nehmen, wäre die Bevölkerung genauso gut mit Rindfleisch versorgt.

Ein besonderer Fall stellt Sojabohne dar. Der interne Preis wird durch einen Exportzoll von 33% gedrückt, der weit über den für Getreide und anderen Ölsaaten von 10% bis 15% liegt. Sojabohne kann in nördlichen Provinzen in viel höherem Ausmaß produziert werden. Zum Exportzoll kommt jetzt noch hinzu, dass der freie Dollarkurs um die $ 300 liegt, und bezogen auf diesen Kurs erhält der Sojaproduzent an die 25%. Es ist verständlich, dass sich die Landwirte dabei zum Narren gehalten fühlen. Und auch, dass Sojabohne in größeren Mengen nach Brasilien und Paraguay geschmuggelt wird, wo sie dann als Produktion jener Länder exportiert wird, und dabei den vollen Preis erhält. Denn keines dieser Länder hat Exportzölle und einen schwarzen Wechselkurs, und auch die Vereinigten Staaten, Kanada, die Ukraine und Russland nicht. Die Landwirte sollten auf alle Fälle darauf bestehen, dass die Exportzölle für alle Arten von Getreide und Ölsaat, die gleichen sind, damit die Landwirte rationell entscheiden können, was sie säen. Rationell bedeutet hier, dass sie das säen, was den höchsten Dollarertrag pro Hektar ergibt, wie es Interesse des Landes sein sollte. Doch die landwirtschaftlichen Verbände verwenden dieses Argument nicht. Sie haben überhaupt wenig Geschick, um den Regierung Vorschlage zu machen, die sie eventuell annehmen kann, auch wenn diese Lösungen weit entfernt von ihrem Maximalanspruch liegen.

Trotz Diskriminierung hat die Landwirtschaft einen phänomenalen Fortschritt erreicht. Die Gesamternte von Getreide und Ölsaat ist heute etwa zehn Mal so hoch wie vor 70 und mehr Jahren, und gut drei Mal so hoch wie in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Es gab einen enormen und vielfältigen technologischen Fortschritt, der auch landwirtschaftliche Maschinen umfasst. Eine neue Generation von landwirtschaftlichen Unternehmern ist aufgekommen, die gut ausgebildet sind anders handelt als die traditionellen “Estancieros”. Diese höhere Produktion ist auch mit niedrigeren Kosten verbunden.

In Sinn dieser Entwicklung, die bei Weitem nicht beendet ist, muss dafür gesorgt werden, dass Düngemittel, und auch chemische Produkte für die Vertilgung von Unkraut (wie Glyphosat) und schädlichen Insekten zur Verfügung stehen. Argentinien versorgt sich bei Harnstoff weitgehend mit lokaler Produktion, importiert aber sämtliche Düngemittel auf der Grundlage von Kalium, Phosphor u.a. Nährstoffen. Die Kontingentierung, die die ZB auch bei diesen Produkten vollzieht, schadet der Landwirtschaft, und auch das verschärft den Konflikt. Dabei ist es so, dass die Mehrproduktion, die bei Einsatz dieser Produkte erreicht wird, Exporte erlaubt, die über diesen Importen liegen.

Was Maschinen und Anlagen betrifft, so ist der Kredit besonders wichtig. Erntemaschinen haben einen Preis für über u$s 150.000, und das kann kaum ein Landwirt oder ein Unternehmer zahlen, der Dienste für Landwirte bietet. Beiläufig sei hier bemerkt, dass Argentinien eine Produktionsstrukur entwickelt hat, die einzigartig auf der ganzen Welt ist, bei der zahlreiche Unternehmen für Landwirte pflügen, säen und auch andere Tätigkeiten verrichten, so dass die Landwirte nicht in diesen Kapitalgütern zu investieren brauchen. Das ist besonders für kleinere Betriebe von Vorteil, die sich keine eigenen Maschinen leisten können. Die Maschinen und Anlagen werden zum großen Teil von der Banco Nación zu Vorzugszinsen finanziert, was eine indirekte Subvention für die Landwirtschaft beinhaltet. Doch dieses Argument verwendet die Regierung nicht, um den Konflikt mit der Landwirtschaft zu entschärfen. Denn dies gleicht in vielen Fällen den Schaden aus, den die Exportzölle bedeuten.

Beim Gespräch mit den Vertretern landwirtschaftlicher Verbände braucht die Regierung gute Kenner der Materie. Es ist schade, dass der bisherige Landwirtschaftsminister Julián Domínguez zurückgetreten ist. Denn er war ein guter Kenner der Materie, hatte eine gute Beziehung zu den Landwirten und hätte bestimmt viel zu Kompromisslösungen beigetragen. Massa konsultiert ihn gelegentlich auch. Sein Nachfolger im Amt hat nicht entfernt sein Format.

Wirtschaftsminister Massa traf sich in der Vorwoche im Vorort Escobar mit den Vorsitzenden der einzelnen landwirtschaftlichen Verbände. Er hat sie dabei angehört, angeblich ohne eine eigene Meinung zu äußern. Es wurde vereinbart, technische Gruppen zu bilden, um einzelne Themen des landwirtschaftlichen Bereiches zu besprechen. Das bietet den Landwirten eine glänzende Gelegenheit, um Fortschritte zu erreichen. Sowohl die Regierung wie die landwirtschaftlichen Verbände sollten darauf achten, dass sie fachkundige Unterhändler mit dieser Arbeit beauftragen. Denn es geht um Kompromisslösungen, die eine gute Kenntnis der einzelnen Probleme erfordern, und nicht um prinzipielle Stellungnahmen, die im Wesen wirklichkeitsfremd sind.



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