top of page
Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Der dauerhafte Schaden des Ukraine-Krieges für Russland

Von Juan E. Alemann

Putin
Russlands Präsident Wladimir Putin.

Russlands Präsident Wladimir Putin dachte wohl, er werde die Ukraine ohne großen Widerstand besetzen und dann annektieren können. Doch er hat sich gründlich geirrt: Präsident Wolodymyr Selenskyj ordnete den Widerstand an, und die Ukrainer kämpften um ihre Unabhängigkeit. Immer mehr Ukrainer wurden als Soldaten aufgenommen, und nach und nach floss die Lieferung von Waffen aller Art und auch Munition aus den NATO-Staaten. Der Angriff führte zu einem brutalen Krieg, mit vielen Toten, auch unter den russischen Soldaten (angeblich weit über 5.000), von denen viele gar nicht wussten, dass es zu einem erbitterten Kampf kommen würde, und sich nicht im Klaren waren, für was sie kämpften. Die Ukrainer hingegen wissen, um was es für sie geht. Sie sind motiviert, und das ist keine Kleinigkeit.

Je mehr Leichen in schwarzen Plastikbeuteln nach Moskau u.a. Städten gelangen, umso mehr steigt der Unmut der russischen Bevölkerung, die sich am Anfang passiv verhielt, aber jetzt zunehmend Stellung gegen den Krieg bezieht, der für sie sinnlos ist. Ob die Ukraine unabhängig ist oder zu Russland gehört, ändert wenig am Leben der Russen. Als Putin beschloss, Reservisten einzuberufen, um die gefallenen Soldaten zu ersetzen und anderen die Möglichkeit zu geben, auszuruhen oder ihre Gesundheit wieder herzustellen (viele waren wegen dem langen Verbleiben in Panzern erkrankt), flohen viele junge Menschen aus Russland in Nachbarländern, an erster Stelle Aserbaidschan, wo die Grenze offen ist. Es sollen angeblich um die 300.000 gewesen sein. Die Jugendlichen sind sich bewusst, dass sie in diesem Krieg Lebensgefahr laufen, und sie wollen nicht sterben, umso weniger in einem Krieg, den sie für sinnlos halten.

Russland erlebt wegen dieses Krieges schon großen Schaden. Der Außenhandel ist gehemmt und geschrumpft, es fehlen Konsumgüter, und die Einkommenskette, die auf Exporten von Erdöl, Gas, Düngemittel u.a. Gütern beruht, ist gestört und führt zu geringeren Einkommen für die Betroffenen. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist stark gesunken, und die Investitionen stehen still. Auch die sogenannten Oligarchen, die die Großunternehmen kontrollieren, erleiden großen Schaden, da sie bei ihren Geschäften im Ausland gehemmt werden. Einer muss sogar dulden, dass seine Luxusjacht im Mittelmeer an einem Hafen stillsteht. Auch wenn es keine Zahlen gibt, kann man davon ausgehen, dass die Arbeitslosigkeit gestiegen ist.

In Zukunft wird Russland nicht mehr als vertrauenswürdig angesehen. Die enge wirtschaftliche Verknüpfung, die vor dem Krieg angestrebt wurde und u.a. in den großen Gasleitungen Nordstream I und II zum Ausdruck kam, hört auf. Die EU wird Importe aus Russland auf andere Länder verlegen, auch wenn sie dann teurer sind. Denn man will an erster Stelle Sicherheit bei der Versorgung. Und das führt zu einem dauerhaften Schaden für das Land. Ebenfalls werden Unternehmen der EU und der USA kaum noch in Russland investieren, weil das Land jetzt anders eingestuft wird, mit einem viel höheren Risiko. Auch werden russische Bauunternehmen Schwierigkeiten haben, sich an Projekten im Ausland zu beteiligen. Die Spätfolgen des Krieges wirken jahrelang.

Die Popularität Putins hat stark abgenommen, und die Opposition erlebt Aufschwung, obwohl sie verfolgt wird. Immer mehr Menschen wollen, dass Putin geht, der Krieg aufhört und ein Normalisierungsprozess eintritt. Putin muss immer mehr Gewalt einsetzten, um sich intern zu behaupten. Seine Diktatur erhält dabei ein brutales Antlitz, und das bekommt ihm politisch gewiss nicht gut. Die Opposition wird dabei gestärkt, mit immer mehr Anhängern, auch wenn sie öffentlich nicht auftreten, weil sie Gewaltmaßnahmen befürchten.

Die Invasion der Ukraine, und vorher schon der Krim, waren historische Fehler. Die Invasion der Sowjetunion durch Hitler, und lange vorher die von Russland durch Napoleon, waren große politische Fehlentscheidungen, die keinen vernünftigen Sinn hatten, und entscheidend zum Ende dieser beiden Diktatoren beigetragen haben. Ob und wann der Ukraine-Krieg analoge Folgen für Putin haben wird, wird sich noch zeigen. Aber die Folgen des Krieges kommen unvermeidlich auf ihn zu. Und leider auch auf Russland.


1 visualización0 comentarios

Comments


bottom of page