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Dem Teufel ganz nah

Kritik zur Bremer Tatort-Folge „Liebeswut“

Von Catharina Luisa Deege

Milena Kaltenbach
Milena Kaltenbach spielt Jaqueline Deppe. Zu sehen ist „Liebeswut“ in der ARD-Mediathek. (Foto: ARD)

Hannover (AT) - „Rot, rot, rot sind alle meine Kleider, rot, rot, rot ist alles, was ich hab“, so heißt es in einem deutschen Kinderlied. Die Farbe Rot zieht sich auch durch den Bremer Tatort „Liebeswut“, der vergangenen Sonntag im Ersten Premiere feierte. Regisseurin Anne Zohra Berrached erklärte in einem Interview, dass die Farbe ihr Leitmotiv für den anderthalbstündigen Kriminalfilm gewesen sei. Und so ist es auch kein Zufall, dass das Todesopfer der Folge in rotem Ballkleid mit einem Schuss im Kopf auftaucht.

Die Kulisse, in der die Tote liegt, ist schaurig. In einem kleinen Dachbodenzimmer, deren Wände mit merkwürdigen Kritzeleien und Sprüchen rund um den Teufel versehrt sind, wird die blutverschmierte Leiche gefunden. Alle Zeichen deuten auf einen Selbstmord hin, doch stellt sich den Kommissarinnen Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Linda Selb (Luise Wolfram) eine Frage: Wo sind die beiden Töchter der Verstorbenen?

Der vom Opfer geschiedene Thomas Kramer (Matthias Matschke) schweigt zum Verschwinden seiner kleinen Töchter und seine neue Freundin Jaqueline Deppe (Milena Kaltenbach) sendet undurchsichtige Signale. Durch Ermittlungen an einer Schule trifft Kommissarin Selb auf den Hausmeister Joachim Conradi und wird Zeugin seiner pädophilen Neigungen. Dazu gerät auch der ungepflegte Nachbar der Verstorbenen, Gernot Schaballa (Aljoscha Stadelmann), ins Visier der Polizistinnen.

Auffällig ist, dass hauptsächlich Männer des Bösen beschuldigt werden. Jede Person, die des Mordes und/oder der Kindesentführung verdächtigt wird, bekommt ihre eigene Szene im Tatort, sodass der Zuschauende genau weiß, wer als „Teufel“, vor dem die psychisch kranke Verstorbene große Angst hatte, infrage kommt. Trotzdem kann „Liebeswut“ auf einige verwirrend wirken - es ist keine klassische Folge, zudem auch die persönlichen Probleme von Kommissarin Moormann immer wieder in den Fokus rücken. Sie erlebt während der Ermittlungen häufig Flashbacks, erinnert sich also an prägende Momente ihrer Kindheit.

Das Drehbuch von „Liebeswut“ schrieb Martina Mouchot, Regisseurin Anne Zohra Berrached hat dem Film jedoch unübersehbar ihre ganz eigene Note verliehen. Sie spielt mit Farben und Licht, dabei ist alles genau überlegt. Im Interview mit dem Radiosender „Bremen Zwei“ gestand die Filmemacherin, besonders auf Dunkelheit zu setzen - schließlich treten viele zwielichtige Gestalten in der Folge auf: Personen, die sich am Rande der Gesellschaft bewegen.

So fällt besonders Schauspielerin Milena Kaltenbach auf. Sie verkörpert die schrille Jaqueline, die - auf gut Deutsch gesagt - nicht alle Tassen im Schrank hat. Mit ihrer kräftigen Haarfarbe und lieben Stimme kann sie nicht überdecken, dass es tief in ihr drin finster aussieht.

Als das Argentinische Tageblatt im Dezember 2021 virtuell mit Anne Zohra Berrached reden durfte, wurde „Liebeswut“ gerade hinter ihr im Raum geschnitten. Das Endergebnis kann sich sehen lassen; auch wenn das Publikum mit gemischten Gefühlen auf ihre insgesamt dritte Tatort-Folge reagierte. Ein Zuschauer verglich „Liebeswut“ mit Dario Argentos Erfolg „SUSPIRIA“, andere waren mit der Ästhetik und dem ungewöhnlichen Handlungsstrang nicht zufrieden. Die Deutschen sind jedoch was den Tatort angeht auch mehr als spitzfindig. Und wo es Kritik hagelt, wurde auch viel gewagt.

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