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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Das war 2021


Olaf Scholz ist Kanzler

Olaf Scholz ist am Ziel: Am 8. Dezember legt der 63-Jährige im Bundestag seinen Amtseid ab. Mit dem ehemaligen Hamburger Bürgermeister übernimmt zum vierten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik ein Sozialdemokrat das mächtigste politische Amt im Staat. Ob er ähnliche Spuren hinterlassen kann wie Willy Brandt (1969 bis 1974), Helmut Schmidt (1974 bis 1982) und Gerhard Schröder (1998 bis 2005), wird sich zeigen. Alle SPD-Vorgänger mit der Richtlinienkompetenz überstanden zumindest eine Wahl. Dass Scholz es überhaupt ins Kanzleramt geschafft hat, ist ein politisches Husarenstück. Als die SPD ihn im August 2020 als Kanzlerkandidaten vorstellte, konnte sich kaum jemand vorstellen, dass es realistische Chancen gäbe. Lange lagen die SPD und Scholz in den Umfragen hinten. Erst in den letzten Monaten vor der Wahl wendete sich das Blatt - dank parteilicher Geschlossenheit, souveränen Auftretens des Kandidaten und Fehltritten der politischen Konkurrenz.


Ende der Ära Merkel

Am Ende fehlten nur zehn Tage und Angela Merkel hätte auch noch ihren einstigen politischen Mentor Helmut Kohl in Sachen längster Dienstzeit im Kanzleramt eingeholt. 5860 Tage lang gab die in der DDR groß gewordene Pastorentochter im wiedervereinigten Deutschland politisch den Takt vor. Während ihrer Amtszeit vom 22. November 2005 bis zum 8. Dezember 2021 erlebte sie acht SPD-Vorsitzende und vier US-Präsidenten. Einst als „Kohls Mädchen“ von vielen unterschätzt, entwickelte sie sich zur weltpolitischen Größe. Besser als ihr politischer Ziehvater, der 1998 mit einer herben Wahlschlappe aus dem Amt gefegt wurde, organisierte sie ihren Abschied. Rechtzeitig kündigte Merkel selbst ihren Rückzug aus der Politik an. Dies führte dazu, dass es in diesem Jahr erstmals seit 1949 eine Bundestagswahl gab, bei der kein amtierender Kanzler zur Wahl stand. Wahlkampfhilfe für ihre Nachfolger leistete Merkel dennoch - wie hier auf diesem Foto bei einem Besuch im Vogelpark Marlow in ihrem einstigen Bundestagswahlkreis Vorpommern-Rügen. Doch ohne Merkel als Kandidatin verlor die CDU den Wahlkreis diesmal an die SPD.


Grün-gelbe Annäherung

Jahrelang waren FDP und Grüne in der Opposition. Nun kam den einst kleinen Parteien gemeinsam die Rolle der Königsmacher zu. Bevor es in die Gespräche mit den potenziellen Kanzlerparteien ging, stimmten sich die Spitzenvertreter beider Parteien ab. Das Selfie, das Volker Wissing, Annalena Baerbock, Christian Lindner und Robert Habeck nach ihrem ersten Treffen alsbald auf Instagram veröffentlichten, war mit dem Text unterlegt: „Auf der Suche nach einer neuen Regierung loten wir Gemeinsamkeiten und Brücken über Trennendes aus. Und finden sogar welche. Spannende Zeiten.“ Ein erster Schritt in Richtung einer ganz neuen politischen Konstellation war getan. Recht bald zeichnete sich dann ab, dass die SPD die geeignete Partnerin sein würde. Dies machte auch Sinn, denn so bilden diejenigen Parteien die neue „Ampel“-Regierung, die bei der Wahl allesamt zulegen konnten. Die Liberalen treten erstmals seit 2013 wieder in eine Bundesregierung ein. Die Grünen mussten gar seit 2005 warten.


Das Duell Laschet vs. Söder

Bei der Union lief es in diesem Wahljahr einfach nicht rund. Vielleicht ist es auch kein Wunder. Schließlich galt es, nach 16 Jahren Kanzlerin Angela Merkel einen Neuanfang zu finden. Kanzlerkandidat Armin Laschet hatte es jedenfalls schwer. Auch in den eigenen Reihen waren viele nicht von dem bisherigen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten überzeugt. Noch im April unternahm der bayrische Landesvater Markus Söder einen Versuch, Laschet die Kandidatur noch abspenstig zu machen und selbst zu kandidieren. An dieser Stelle offenbarte sich auch die Schwierigkeit, dass die Union aus zwei unterschiedlichen Parteien besteht. Das einzige gemeinsame Gremium ist die von CDU und CSU gemeinsam gebildete Bundestagsfraktion. In dieser wurde bereits 1979 die Kanzlerkandidatur des damaligen bayrischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß per Abstimmung beschlossen. Doch diesmal hatte der Bundesvorstand der CDU das letzte Wort - und das fiel zugunsten von CDU-Chef Laschet aus. Doch Laschets Wahlkampf verlief glücklos. Dies lag auch an wiederholten Störmanövern aus München. Die Folge: Die Union findet sich nach 16 Jahren Regierungsverantwortung in der Opposition wieder.


Argentinien gewinnt die Copa

28 Jahre währte die Durststrecke der argentinischen Fußballnationalmannschaft. Im Juli dieses Jahres aber gelang der „Albiceleste“ mit dem 1:0 im Finale der Copa América gegen Gastgeber Brasilien der erste wichtige Titelgewinn seit 1993. Matchwinner des Endspiels in Rio de Janeiro war Ángel Di María, der in der 21. Minute den Siegtreffer markierte. Auch für Lionel Messi war es wie eine Erlösung nach zuvor vier verlorenen Endspielen mit der Nationalmannschaft bei großen Turnieren. Der Superstar trug mit vier Toren und fünf Vorlagen im Verlauf des Wettbewerbs maßgeblich zu dem Erfolg bei. Der Copa-Triumph ausgerechnet beim Erzrivalen Brasilien dürfte wohl auch die Juroren des Ballon d'Or 2021 dazu bewogen haben, Messi den Vorzug gegenüber dem polnischen Torjäger Robert Lewandowski in Diensten des FC Bayern gegeben zu haben.


Hochwasser im Ahrtal

Im Juli 2021 stehen weite Teile Mitteleuropas unter einem Tiefdruckgebiet, welches sich über Wochen kaum von der Stelle bewegt. Am Morgen des 14. Juli warnt der Deutsche Wetterdienst vor Starkregen in Teilen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Und der Regen kommt: Bereits am Vormittag steht der Pegel der Ahr bei Ahrweiler bei über 1,30 Metern - normal wäre unter einem Meter. Gegen 17 Uhr steigt der Pegel auf über zwei Metern; um 19 Uhr ist aus dem beschaulichen Flüsschen ein reißender Strom mit einem Wasserstand von fast vier Metern geworden. Die letzte Messung kommt um 20.45 Uhr mit fast sechs Metern, danach bricht der Kontakt zur Messstation ab. In der Nacht rollt dann eine Flutwelle historischen Ausmaßes durch das enge Tal. Sie reißt alles mit sich und kostet allein in Rheinland-Pfalz über 130 Menschen das Leben. In ganz Mitteleuropa starben im Juli über 220 Menschen bei Hochwasserereignissen. Der Wiederaufbau dürfte sich bis weit ins neue Jahr ziehen - genau wie die politische Aufarbeitung. Denn die Frühwarnsysteme hatten nicht nur an der Ahr versagt.


Geflüchtete in Belarus

Alexander Lukaschenko weiß, wo es den Europäern wehtut. Schließlich hatten diese in den vergangenen Jahren aller Welt gezeigt, dass sie weitere Fluchtbewegungen nach Europa um jeden Preis verhindern möchten. Es war dem belarussischen Diktator also ein Leichtes, Geflüchtete einzufliegen und seine Grenzen in die EU zu öffnen, nachdem diese ihn zuvor für die manipulierte Wahl im Jahr 2020 sanktioniert hatte. Die EU antworte mit Zäunen und illegalen Zurückweisungen, infolge derer zwischenzeitlich Tausende Menschen im winterlichen Grenzgebiet festsaßen. So sehr dieses Manöver eine Erpressung war, so sehr war es die EU, die sich erpressen ließ. Die wahren Verlierer in diesem Spiel waren die Geflüchteten. Zur bloßen Verhandlungsmasse degradiert warteten sie im Niemandsland zwischen Polen und Belarus auf ihre Weiterreise. Die Brüsseler Sonntagsreden von Humanismus und Menschenrechten verhallten in den polnischen Wäldern - genau wie auf dem Mittelmeer, wo die EU dem Sterben seit Jahren gleichgültig zusieht.


Waldbrände am Mittelmeer

Während in Mitteleuropa im Juli weite Gebiete von Überschwemmungen betroffen waren, glühte im Süden des Kontinents der Boden. Ursache der Hitzewelle war Experten zufolge dieselbe Luftströmung, die weiter nördlich für die Flutkatastrophe gesorgt hatte. In Griechenland und der Türkei wurden zeitweise Temperaturen von fast 50 Grad Celsius gemessen. Mit der Hitze kamen die Brände: Anfang August waren in Spanien, Italien, Griechenland und der Türkei bereits hunderttausende Hektar Land verbrannt. Die Feuerwehren kamen an ihre Grenzen; über vielen Gegenden färbten Flammen und Rauch den Himmel orange. Die Feuer waren nach jenen des Jahres 2017 die zweitgrößten im Mittelmeerraum seit Beginn der Aufzeichnungen und forderten mehrere Todesopfer. Forscher vermuten den Klimawandel hinter den gehäuften Wetterextremen. Trotz der verheerenden Brände fielen die Ergebnisse der UN-Klimakonferenz in Glasgow im November enttäuschend aus: Kritiker monierten vielfach, dass sich die Klimaziele mit den Ergebnissen nicht einhalten lassen würden.


Abzug aus Afghanistan

20 Jahre nachdem die USA in Afghanistan einmarschiert waren, ordnete US-Präsident Joe Biden im April den endgültigen Truppenabzug an. Dieser war bereits ein Jahr zuvor von seinem Vorgänger Donald Trump mit dem sogenannten „Abkommen von Doha“ eingefädelt worden. Kurz nachdem die US-Truppen mit dem Rückzug begannen, rückten die Taliban vor und konnten innerhalb von kürzester Zeit massive Landgewinne verzeichnen. Da die afghanische Armee viele Gegenden teils kampflos aufgab, standen die Taliban bereits Mitte August vor Kabul. Die Regierungen der NATO-Staaten zeigten sich trotz entsprechender Geheimdiensterkenntnisse überrumpelt vom schnellen Vorrücken der Taliban. Die Einnahme von Kabul Mitte August sorgte für dramatische Szenen: Der afghanische Präsident floh aus dem Land; tausende Menschen versuchten, über den Flughafen aus dem Land zu gelangen. In halsbrecherischen Aktionen flogen die westlichen Verbündeten schließlich über 120.000 Menschen aus Kabul aus. Zurück bleibt ein zerrüttetes Land, welches nach Jahrzehnten kriegerischer Auseinandersetzungen nun unter der Herrschaft der Taliban steht.


Zverev auf dem Tennis-Olymp

Sieg bei Olympia: Der gebürtige Hamburger Alexander Zverev gewann am 30. Juli bei den Olympischen Spielen in Tokio die Goldmedaille. Der 24-Jährige ist damit der erste Deutsche, der im Herren-Einzel die Goldmedaille mit nach Hause brachte. Zverev gilt als der beste deutsche Tennisspieler seit Boris Becker und Michael Stich. Er wurde dieses Jahr zudem zum Sportler des Jahres gewählt. 2021 war für den Tennis-Star ein Jahr der Erfolge: Neben Olympia gewann er auch die ATP-Finals, die als inoffizielle Tennis-Weltmeisterschaft gelten. Bereits 2020 hatte er bei den US-Open erstmals ein Gran-Slam-Finale erreicht, dieses aber verloren. Ein Sieg bei einem der vier Gran-Slam-Turniere fehlt Zverev noch.


Neue Milliardäre

Ein Grund zum Grinsen: Das Unternehmen Biontech, gegründet von dem Ehepaar Uğur Şahin und Özlem Türeci, entwickelte die erste zugelassene mRNA-Impfung weltweit und sorgte somit für einen großen Fortschritt im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Der mit dem US-Pharmariesen Pfizer vermarktete Impfstoff wird in 150 Ländern verimpft und gilt mit einer Wirksamkeit von 92 Prozent 15 bis 30 Tage nach Gabe der zweiten Dosis als besonders effektiv gegen schwere Verläufe. Es ist eine Erfolgsgeschichte, wie sie im Buch stehen könnte: Die Mediziner Şahin und Türeci lernten sich, beide Kinder türkischer Einwanderer, in den 90er Jahren am Universitätsklinikum Homburg kennen. 2002 heirateten die beiden, sechs Jahre später gründeten sie das Biotechnologieunternehmen Biontech. Uğur Şahin ist heute Vorstandschef, seine Frau Özlem Türeci medizinischer Vorstand des Mainzer Betriebs. Das Paar wurde dieses Jahr mit dem angesehenen spanischen Prinzessin-von-Asturien-Preis in der Sparte Forschung und Technik ausgezeichnet. Und: Allein zwischen Januar und September erzielte Biontech einen Umsatz von 13,44 Milliarden Euro.


Querdenker und Impfgegner

Trotz der im Vergleich zum letzten Jahr recht milden Einschränkungen, zog es 2021 wieder fast im Wochentakt Tausende Menschen auf die Straßen Deutschlands, um gegen die Corona-Politik zu protestieren. Die sogenannten Querdenker setzten sich immer wieder über das Versammlungsverbot hinweg und ignorierten Hygienevorschriften, sodass es oft zu Ausschreitungen während den bundesweiten Protesten kam. Ein besonderes Augenmerk liegt mittlerweile auf der rechtsextremen Szene innerhalb der Querdenker-Bewegung. Personen aus der Initiative werden vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet. Die Behörde alarmiert, dass Verschwörungstheorien auch in Zukunft das friedliche Zusammenleben der deutschen Bevölkerung beeinträchtigen könnten. Oft kommt es bei den Versammlungen zu Gewalt gegen Sicherheitskräfte und Polizistinnen sowie Medienmitarbeiter. Die Demonstrationen gegen Masken- und Impfpflicht sorgten 2021 maßgeblich dafür, dass Deutschland im internationalen Ranking der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ mit Platz 13 von „gut“ auf nur noch „zufriedenstellend“ herabgestuft wurde.


Sturm aufs Kapitol

Der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten verließ das Weiße Haus in Washington D.C. mit einem lauten Rums: Am 6. Januar stürmten seine Anhänger das Kapitol. Es war eine Attacke auf das politische Zentrum der USA, die aus Donald Trumps ständigen Wahlbetrugsvorwürfen gegen den amtierenden Präsidenten Joe Biden resultierte. Hunderte Anhänger Trumps wollten sich kurz vor dem offiziellen Machtwechsel den „Diebstahl“ der Wahl nicht gefallen lassen und drangen auf gewaltsame Weise in das Kapitol ein. Viele Abgeordnete und Senatoren bangten um ihr Leben. Bei der Attacke starben fünf Menschen, davon vier Trump-Anhänger und ein Polizist. Mittlerweile muss sich Trump, der während des Vorfalls in einer Live-Übertragung die brutalen Proteste guthieß, vor dem Obersten Gericht verantworten. Er verhindere die Weitergabe von wichtigen Dokumenten, die die Hintergründe zum Vorfall des 6. Januars beleuchten könnten.


Biden im Amt

Nach vier Jahren im Amt musste Donald Trump den Kelch weiterreichen. Joe Biden, Demokrat und Vizepräsident während Barack Obamas Amtszeit (2009 bis 2017), wurde am 3. November 2020 mit 306 der insgesamt 538 Wahlleute zum 46. Präsidenten der US-Geschichte gewählt und am 20. Januar 2021 vor dem Kapitol in Washington vereidigt. Bidens Amtsantritt sorgte für einige Premieren: Unter anderem ist nun mit Kamala Harris erstmals eine Frau Vizepräsidentin, die dazu als erste Afroamerikanerin und erste asiatische Amerikanerin in das Amt eingeschworen wurde. Der 1942 in Scranton (Pennsylvania) geborene Joseph „Joe“ Robinette Biden Jr. unterzeichnete wenige Stunden nach seiner Vereidigung etliche Dekrete, von denen die meisten Verfügungen seines Amtsvorgängers Donald Trump rückgängig machten. Außerdem sorgte Joe Bidens Aufforderung, temporär den Patentschutz von Corona-Impfstoffen aufzuheben, international für großen Zuspruch sowie starken Gegenwind.

(Fotos: dpa)

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