Am Sonntagabend, nach Abschluss der Wahlen, kündigte Präsident Alberto Fernández an, er werde unmittelbar ein Gesetzesprojekt im Kongress einbringen, das sich auf Grundlagen des Abkommens mit dem Internationalen Währungsfonds bezieht. Er sprach von einem Plan, was jedoch zu weit gefasst ist. Das Gesetzesprojekt soll voraussichtlich in außerordentlichen parlamentarischen Sitzungen im Dezember behandelt werden.
Nachdem über ein zehnjähriges Abkommen verhandelt wird, fordert der Fonds eine parlamentarische Zustimmung, die somit nicht nur die Regierung verpflichtet, sondern auch die Opposition. In diesem Sinn hat die Regierung schon vor einiger Zeit ein Gesetzesprojekt eingebracht, in dem die parlamentarische Zustimmung zu einem Fondsabkommen bestimmt wird, das schon im Februar dieses Jahres verabschiedet wurde.
Der Fonds fordert grundsätzlich eine bedeutende Verringerung des primären Staatsdefizits (ohne Zinsen). Das ist mit oder ohne IWF notwendig: denn das Defizit wird entweder mit Neuverschuldung oder mit Geldschöpfung gedeckt. Der argentinische Staat kann sich auf Jahre hinaus nicht über den internationalen Finanzmarkt finanzieren, weil niemand argentinische Staatstitel kauft. Als Neuverschuldung kommen nur die langfristigen Kredite der Weltbank, der BID, der Andenköperschaft, der chinesischen Förderungsbank und der Banken in Frage, die Kapitalgüterexporte nach Argentinien finanzieren. Die Regierung müsste somit im Kongress einen ausführlichen Bericht über dies vorlegen. Die Frage, die sich jetzt dabei stellt, ist die, ob Minister Guzmán und seine Mitarbeiter schon konkrete Zahlen über dies haben. Wenn nicht, müssen sie sich beeilen. Auch solle das Projekt über den Staatshaushalt des Jahres 2022, das am 15. September termingemäß im Kongress eingereicht aber noch nicht behandelt wurde, korrigiert werden, indem u.a. die neuen Sparmaßnahmen eingeschlossen werden.
Der Fonds fordert jedoch nicht nur, dass globale Budgetzahlen für die nächsten Jahre vorgelegt werden (in konstanter Währung), sondern auch eine Aufzählung der konkreten Maßnahmen, mit denen dies erreicht wird. Denn damit eine effektive Verringerung des primären Defizits erreicht wird, muss sehr viel getan werden. Eine Vertuschung über Buchhaltungstricks nimmt der Fonds nicht an. Die Regierung müsste sich somit zunächst verpflichten, die Tarife öffentlicher Dienste, besonders von elektrischem Strom, zu erhöhen. Damit dies glaubhaft ist, müsste sofort eine erste Erhöhung verfügt werden. Und dann müssten überall Ausgaben gestrichen werden, und auch die Staatsinvestitionen begrenzt werden. All diese Einzelheiten dürften dem Kongress zunächst nicht vorgelegt werden, einmal weil Guzmán und seine Leute selber noch nicht darüber im Klaren sind, und dann, weil dabei eine parlamentarische Diskussion auftreten kann, die schließlich die Verabschiedung des Gesetzesprojektes verhindert oder ad calendas graecas hinausschiebt.
Doch abgesehen von der Ordnung des Staatshaushaltes fordert der Fonds auch Maßnahmen, die die Inflation senken und das Gleichgewicht der Zahlungsbilanz sichern. Um die Inflationsrate von gegenwärtig ca. 50% jährlich stark zu senken, also z.B auf 20% in einem Jahr, 10% in zwei Jahren und dann unter 5%, genügt es nicht, die Geldschöpfung stark zu verringern. In früheren Zeiten hatte der Fonds eine extrem monetäre Auffassung der Inflationsproblematik. Aber heute weiß auch er, dass eine Stabilisierungspolitik viel mehr erfordert, u.a. eine Beherrschung des Devisenmarktes, um Kurssprünge zu vermeiden, und dann auch eine Lohnpolitik, die die jährlichen Zulagen in Grenzen hält. Wie weit das Programm, das dem Kongress vorgelegt wird, Ziele und Verpflichtungen über dies enthält, sei dahingestellt. Auf alle Fälle, muss das Gesetz so gefasst sein, dass es Guzmán erlaubt, sich gegenüber dem IWF zu verpflichten, die notwendigen Maßnahmen zu treffen.
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