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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Das argentinische Rätsel

Von Juan E. Alemann

Im Jahr 1971 erhielt Simon Smith Kuznets den 1969 von der Bank von Schweden eingeführten Nobelpreis für Wirtschaft für seine bahnbrechenden Studien über die Berechnung des Bruttoinlandsproduktes und die Ursachen des wirtschaftlichen Wachstums. Er war der erste, der in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts das Volkseinkommen der USA berechnet hat. Beiläufig bemerkte er, dass es fortgeschrittene Staaten und Schwellenländer gebe, für die allgemeine Erklärungen zutreffen, aber auch zwei Ausnahmen: 1. Japan, dem der Sprung zu einer modernen fortgeschrittenen Wirtschaft gelang, obwohl es keine materiellen, kulturellen und historischen Voraussetzungen dafür gab, wie sie in den anderen Ländern dieser Kategorie auftraten. 2. Argentinien, das nicht in die obere Kategorie gehöre, obwohl es alles Voraussetzungen dafür erfülle. In der Tat hatten schon Anfang des vorigen Jahrhunderts bedeutende Wirtschaftler einen baldigen Aufstieg auf die obere Kategorie vorausgesagt. Wenn man davon ausgeht, dass dass sich die wirtschaftliche Leistung im Jahrzehnt 1880/1890 verdreifacht hatte, und sich nach einer Pause dann im Jahrzehnt 1990-1910 verdoppelte, erschien die Prophezeiung realistisch.

Argentinien verfügt über natürliche Ressourcen wie kein anderes Land, die jedoch lange Zeit nur zum Teil genutzt wurden. 1968 führte die Ford-Stiftung eine Studie über die argentinische Landwirtschaft durch, die sie “Der schlafende Riese” benannte. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die Erträge (Produktion pro Hektar) vor allem bei Getreide und Ölsaaten unter den einzelnen Landwirten sehr unterschiedlich seien. Viele Landwirte hätten den doppelten Ertrag ihrer Nachbarn. Und dies wiederholte sich im ganzen Land. Doch in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts ist der Riese erwacht, und die Ernten haben sich mehr als verdreifacht. Das hat zwar verhindert, dass Argentinien in eine sehr tiefe Dauerkrise geraten wäre, aber das Wachstumsproblem nicht gelöst.

Der Bergbau geriet erst in Schwung, als die Menem-Regierung die legalen Voraussetzungen schuf, internationale Unternehmen zuließ, und beiläufig das Amt des Heeres, das sich mit Industrie und Bergbau befasste, beiseiteließ, das viel Forschung durchgeführt hatte, aber nicht in der Lage war, auf eine effektive Ausbeutung überzugehen.

Abgesehen von den natürlichen Ressourcen verfügt das Land auch über menschliche. Es gibt sehr viele Menschen, die sich in der neuen Computertechnologie sehr gut auskennen, was in anderen lateinamerikanischen Staaten beschränkt auftritt. Die Fähigkeit des abstrakten Denkens ist nicht überall vorhanden. Die argentinische Gesellschaft eignet sich somit sehr gut für die Tätigkeiten, die mit der technologischen Revolution unserer Zeit zusammenhängen.

Abgesehen von alldem, hat Argentinien auch ein rechtliches System wie in fortgeschrittenen Staaten, die eine Voraussetzung für eine moderne Wirtschaft sind. Und schließlich besteht die argentinische Bevölkerung zum allergrößten Teil aus Abkommen von Europäern. Warum diesen Menschen nicht das gelungen ist, was ihre Verwandten in Europa geschaffen haben, ist schwer zu erklären.

Diese Überlegungen sollten uns zum Schluss führen, dass die Überwindung der gegenwärtigen Schwierigkeiten nicht so kompliziert ist, wie er zunächst erscheint. Und das sollte der argentinischen Gesellschaft, und vor allem denjenigen, die in Politik und Wirtschaft an führenden Stellungen stehen, die feste Überzeugung geben, dass der Sprung in die Modernität nicht viel erfordert. Im Wesen geht es darum, rationell zu handeln, und nicht aus der Rationalität ein ideologisches Problem zu machen.


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