Junge Deutsche mischt Stierkampfszene auf
Madrid/Lissabon (dpa/eew) - Sie lebt davon, bis zu 600 Kilo schweren Bullen die Stirn zu bieten: Clara Sofie Kreutter ist „Rejoneadora”, eine Stierkämpferin zu Pferd. Und zwar die erste, die aus Deutschland oder einem anderen Land ohne jegliche Stierkampf-Tradition kommt. Ohnehin sind Frauen in dieser Männerdomäne sehr selten.
Das Debüt, mit dem sich die aus Bad Berleburg in Nordrhein-Westfalen stammende Amazone „einen Traum” erfüllte, war im August. Seitdem ruht sie sich nicht auf ihren Lorbeeren aus. „Ich trainiere sieben Tage die Woche und das ganze Jahr über”, erzählte sie der Deutschen Presse-Agentur. Freie Tage oder Urlaub gebe es nicht. Die erste Corrida der Saison ist in Spanien schon Ende Februar. 2022 sind insgesamt 40 bis 50 Auftritte vorgesehen. Stierkampf zu Pferd ist traditionell in Portugal zu Hause, aber auch in vielen Regionen Spaniens sehr beliebt.
Die 29-Jährige, die mit sechs zu reiten anfing, widmet sich seit 2017 in Portugal unter Trainer Jorge de Almeida voll und ganz ihrer Leidenschaft. Nach ihrem Einstand, bei dem sie zwei Stiere tötete, wurde sie von begeisterten Fans auf die Schultern genommen und jubelnd aus der Arena in Ledaña getragen. Das Blatt „El Heraldo” sprach von einem „nie da gewesenen Ereignis”.
Daheim in Deutschland waren die Reaktionen weniger positiv. Die Tierschutzorganisation PETA erstattete Strafanzeige „wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Tierschutzgesetz”. Tierquälerei könne nach deutschem Recht mit einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden, so PETA. Im Netz gab es einen Shitstorm. Kreutter: „Ich frage mich, wie tierlieb jemand ist, der Menschen die schlimmsten Gewalt- und Morddrohungen macht.”
Sie verstehe es ja, dass es im Norden keine Corrida-Tradition gebe und respektiere es, wenn jemand Stierkampf nicht möge. „Allerdings akzeptiere ich keine Kritik von jemandem, der keine Ahnung hat, wovon er redet.“ Man müsse sich „mit fremden Traditionen und Kulturen wirklich beschäftigen, anstatt sie nur zu konsumieren. Die Menschen kennenlernen, die dafür leben.”
In Spanien sinkt die Beliebtheit des umstrittenen Brauchtums seit Jahren - vor allem bei Jüngeren. Nachdem Dutzende Gemeinden und Regionen im ganzen Land Stierkampf-Verbote verabschiedet hatten, urteilte das Verfassungsgericht 2016, nur der Staat könne über eine Abschaffung entscheiden - weil der Stierkampf 2013 zum nationalen Kulturgut erklärt worden sei.
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