Von Juan E. Alemann
Die Präsenz von Cristina Kirchner als Vizepräsidentin, die außerdem in wichtigen Aspekten der Regierungstätigkeit die Entscheidungen trifft, ist für das Land sehr kostspielig. Es geht hier nicht um das Geld, das sie dem Staat entwendet hat, wie es in verschiedenen Prozessen nachgewiesen wurde, sondern um ihre grundsätzlichen Auffassungen, in denen die marxistische Vorstellung über lokale Wirtschaft und Weltwirtschaft zum Ausdruck kommt. Das Schlimme dabei ist, dass dies weltweit bekannt ist und dazu führt, dass Staatsoberhäupter und die Finanzwelt entsprechend handeln.
Fernando Iglesias, jetzt Oppositionspolitiker und ein intelligenter Politologe, wies in enem Artikel in der Zeitung “La Nación” darauf hin, dass das verheerende Bild, das von Cristina in der Finanzwelt besteht, in den PASO-Wahlen vom Sonntag, dem 11. August 2019, krass zum Ausdruck gekommen sei, die ihre Koalition mit 17 Prozentpunkten Vorsprung gewann, was einer Rückkehr des Kirchnerismus zur Regierung in Aussicht stellte. Der Dollarkurs hatte am Freitag vor den Wahlen 1:46,8 zum Peso geschlossen, und am Montag lag er bei 59. Die Aktien argentinischer Unternehmen, die an der Börse von New York kotieren, sanken dann um 72 Prozent, und der lokale Merval-Aktienindex ging, in Dollar berechnet, um 57 Prozent zurück. Von einem Tag auf den anderen gab es keine Kredite mehr für Argentinien, was einen Default in Aussicht stellte, obwohl die Verschuldung des Staates nicht hoch war. Kein Land kann seine Schulden bezahlen, ohne gleichzeitig neue aufzunehmen.
Argentinien erlebt gegenwärtig eine Krise wie nie zuvor, die zum großen Teil durch die Pandemie bedingt ist, aber schon vorher bestand und tiefere Ursachen hat. Das Land ist auf den guten Willen der großen Staaten angewiesen, die zunächst beim Internationalen Währungsfonds einer großzügigen Umschuldung von 44 Milliarden Dollar zustimmen und dann dem Land helfen müssen, damit es die schwierige Lage überwindet. Wenn die Vereinigten Staaten, die EU-Staaten u.a. wegschauen, ist die Überwindung der Megakrise kaum möglich.
Als erstes müsste die argentinische Regierung der Verurteilung von Venezuela zustimmen, die die Organisation Amerikanischer Staaten (OEA) beschlossen hat. Ebenfalls müsste die Haltung gegenüber der kubanischen Diktatur abgekühlt werden und Distanz zum Puebla-Verein genommen werden, der mit Mexico, Nicaragua, Kuba und einigen ehemaligen Präsidenten gegen den OEA-Beschluss Stellung bezogen hat. Doch Cristina will dies nicht, und Alberto gehorcht.
Auch in der Enteignungsabsicht von Vicentin, die dann rückgängig gemacht wurde, und in der Justizreform, die allgemein auf Widerstand stößt, kommt die Macht von Cristina und die passive Haltung des Präsidenten zum Ausdruck. Cristina schafft überall Konflikte, die besonders jetzt vermieden werden sollten. Doch abgesehen von einzelnen Fällen, kommt bei ihr ein politisches Konzept zum Ausdruck, das einen schädlichen Anachronismus zum Ausdruck bringt. Denn man befürchtet mit gutem Grund, dass sie die Krise schließlich benutzen will, um einen gesellschaftlichen Umsturz herbeizuführen, der in Richtung Kuba und Venezuela geht.
Während AF ein echter Peronist ist, der international als Sozialdemokrat eingestuft werden kann und auch Dialog und Zusammenarbeit mit der Opposition und allen möglichen Gesellschaftsgruppen sucht, vertritt Cristina ein entgegengesetztes Konzept, das eine verheerende Wirkung hat. Sie geht von der Doktrin von Carl Schmitt aus, die auch der Nationalsozialismus aufgenommen hatte, dass man in der Politik Feinde haben muss, um sich selber zu behaupten. Schlimm!
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