Von Juan E. Alemann
Die kommende Regierung hat eine eigenartige Machtkonstellation. Alberto Fernández hat als Präsident formell und faktisch eine starke Machtposition, was damit zum Ausdruck gebracht wird, dass er schließlich den Federhalter in der Hand hat. Doch er verdankt einmal seine Nominierung und dann seinen Wahlerfolg Cristina Kirchner, die jetzt außerdem als Senatsvorsitzende eine bedeutende Machtposition hat. In der Vorwoche hat sie gezeigt, dass sie ihre Macht auch effektiv ausüben will.
Im Senat hat sie erreicht, dass José Mayans, Senator für Formosa, den Vorsitz der Fraktion übernimmt, und es dabei keine Trennung zwischen Kirchneristen und traditionellen Peronisten gibt, die den Gouverneuren der peronistisch regierten Provinzen nahestehen. Mayans häng politisch von der Gunst des Gouverneurs Gildo Insfran ab, der die Provinz seit einer Ewigkeit regiert und für seinen Mangel an Skrupel bekannt ist, was sich auf Wahlschwindel, Verfolgung politischer Gegner und Korruption bezieht. Insfran steht bedingungslos zu Cristina, solange sie sich nicht in die internen Angelegenheiten von Formosa einmischt. Um diese Ernennung zu erreichen, musste sich Alberto Fernández verpflichten, den Senator für Córdoba, Alfredo Caserio, den die Senatoren der Fraktion als Vorsitzenden habe wollten, mit einem hohen Amt im Kabinett zu belohnen.
In der Deputiertenkammer ging sie ähnlich vor. Dem bisherigen Fraktionsvorsitzenden Agustín Rossi wurde das Verteidigungsministerium angeboten, das er bis Dezember 2015 schon besetzte. Der Vorsitz fällt jetzt auf Befehl von Cristina auf ihren Sohn Máximo. Es bleibt alles in der Familie.
Cristina hat somit in beiden Kammern das entscheidende Wort. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass es gelegentlich zu einer Rebellion kommt, wenn die nicht kirchneristischen Parlamentarier mit denen der von Macri geleiteten Opposition stimmen und dabei alternative Mehrheiten zusammenbringen. Die Lage ist anders als 2003 und danach, als Néstor Kirchner zuerst und Cristina danach das Parlament beherrschten und kein Parlamentarier ihrer Partei es wagte, ihnen zu widersprechen.
Cristina macht sich besondere Sorgen über die zahlreichen Prozesse, die gegen sie laufen, von denen einige weit fortgeschritten sind, und für sie bald ein böses Ende nehmen könnten. Gewiss würde sie als Vizepräsidentin nicht verhaftet werden. Aber sie würde bei einer Verurteilung wegen Korruption an effektiver Macht verlieren. Dafür würde auch der Journalismus sorgen, der jetzt auch nicht mehr wie vor 2015 unter Druck gestellt werden kann.
Wie bekannt wurde, hat sie ihren treuen Mitarbeiter Carlos Zannini, der unter ihrer Regierung Präsidialsekretär war, als Schatzanwalt („procurador del tesoro”) empfohlen. Zanini, der vor seinem Eintritt in die Politik dank Néstor Kirchner, der Terroristengruppe ERP angehörte, würde dann über die Prozesse entscheiden, die den Staat als Kläger oder Angeklagten betreffen. Auch wenn er nicht direkt in die Prozesse eingreifen könnte, die Cristina persönlich betreffen, hätte er einen großen Einfluss auf die Justiz.
Dass Cristina äußerst beunruhigt über die Verfahren gegen sie ist, sieht man auch daran, dass sie versucht, Druck auf die zuständigen Richter auszuüben, an erster Stelle Claudio Bonadío. In diesem Sinne heißt es, sie will, dass der Vorsitz des Obersten Gerichtshofs wieder an Ricardo Lorenzetti übergeht, den sie seinerzeit für dieses Amt empfohlen hatte, nachdem er sie bei der verfassungsgebenden Versammlung von 1994 beraten hatte. Wie weit ihr dieses Manöver gelingt und ob dies genügt, damit die Prozesse zumindest versanden, sei dahingeste
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