Am Montag sprach Cristina Kirchner im Vorort Avellaneda bei einer Veranstaltung des Gewerkschaftsverbandes CTA (Central de Trabajadores Argentinos), der nur wenige Arbeitnehmer vertritt und von Hugo Yasky geleitet wird, der außerdem Deputierter der Regierungspartei ist. Dieser forderte in seiner Einführungsrede eine allgemeine Lohnerhöhung, in Form eines festen Betrages, die per Dekret verfügt werden solle und einen Zusatz zu den Lohnerhöhungen darstellen sollte, die sich bei den Lohnverhandlungen ergeben. Darauf ging Cristina jedoch nicht ein. Sie erwähnte den Vorschlag überhaupt nicht. Gut so.
Ebenfalls war es wichtig, dass sie in ihrer Rede auf die sozialen Leistungen der Regierung zu sprechen kam, und dabei erklärte, die private Verteilung dieser Gelder müsse aufhören. Das bezieht sich darauf, dass die Gelder zum Teil von sogenannten sozialen Organisationen verteilt werden, die (wie wir jetzt erfahren) einen Beitrag fordern, und die Empfänger bedrohen, die Subvention zu verlieren, wenn sie nicht bei öffentlichen Kundgebungen am Obelisk oder sonst wo mitmachen. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Wink mit dem Zaunpfahl von den zuständigen Beamten verstanden wird. Dann schrumpfen die Massenveranstaltungen auf der “9 de Julio” u.a. Orten gewaltig.
In ihrer langen Rede gab Cristina eine eigenartige Erklärung der Inflation. Sie wies darauf hin, dass das Defizit der Staatsfinanzen nicht die Ursache sei, und zeigte dabei eine Statistik der Defizite vieler Länder, die im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt viel höher als das argentinische seien, wobei die entsprechenden Staaten keine Inflation (oder eine sehr niedrige) hätten. Sie betonte das hohe Defizit der Vereinigten Staaten. Was sie nicht sagte, ist, dass die USA u.a. Staaten das Defizit mit Verschuldung zu sehr niedrigen Zinsen decken, und nur ausnahmsweise und für kurze Perioden (wie bei der Pandemie) zur Geldschöpfung in höherem Umfang greifen. Die Wirkung der Geldschöpfung auf die Preise ist nicht direkt, wobei sie in Ländern mit Stabilität einige Zeit dauert. In Argentinien hingegen wird das Defizit direkt oder über Umwege monetisiert, und das hat eine inflationäre Wirkung.
Sie bezog sich dann auf die Handelsbilanz, und zeigte dabei auch eine Tabelle, in der Argentinien mit einem Überschuss auftritt, der sich mit Defiziten in den USA u.a. Ländern vergleicht. Hier ist es erneut so, dass die USA das Defizit mit Kapitalimporten ausgleicht, während Argentinien diese Möglichkeit nicht hat.
Als Ursache der Inflation bezeichnete Cristina die Auslandsverschuldung, und in dieser Beziehung beschuldigte sie die Macri-Regierung, das Land verschuldet zu haben. Dass ihre letzte Regierung im Jahr 2015 mit einer starken Zunahme der Staatsschuld endete, die Macri dann mit dem IWF-Kredit tilgte, sagte sie nicht. Ebenfalls gab sie keine Erklärung für den kausalen Zusammenhang zwischen Auslandsverschuldung und Inflation. Er existiert eben nicht.
Sie gab dann auch eine eigenartige Erklärung für das hohe Auslandsvermögen von Personen, die in Argentinien wohnen, indem sie die Bildung dieser Vermögen mit den Überfakturierungen bei Importen und Unterfakturierungen bei Exporten in Beziehung setzte. Doch diese Manöver, die eine Folge der hohen Differenz zwischen offiziellem und freiem Wechselkurs sind, haben keine direkte Beziehung zur Kapitalflucht. Dass die Menschen in Dollar sparen, ist eine direkte Folge der Inflation, bei der die Pesosparer schließlich Geld verlieren. Cristina erwähnte das Wort Bimonetarismus. gab dann eine Erklärung, die wenig mit der Tatsache zu tun hat, dass in einem Inflationsland wie Argentinien die Gesellschaft den Dollar als Sparmittel und Wertmesser verwendet.
Es gibt Menschen, die die Wirtschaft verstehen, und andere, die sie nicht verstehen. Und dann gibt es eine dritte Kategorie: diejenigen, die nichts von Wirtschaft verstehen, aber überzeugt sind, sie doch zu verstehen. In diese Kategorie gehört Cristina.
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