„Long-Covid“ trifft auch junge Menschen
Berlin/Freiburg (dpa/wvg) - Mit der Zunahme der Corona-Ansteckungen bei Kindern und Jugendlichen sind nach Einschätzung eines pädiatrischen Infektiologen auch mehr Spätfolgen in diesen Gruppen zu erwarten. „Wir rechnen durch die Lockerungen der Maßnahmen mit mehr Betroffenen mit meist diffusen, länger anhaltenden gesundheitlichen Problemen“, sagte Markus Hufnagel vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsklinik Freiburg der Deutschen Presse-Agentur.
Akute Corona-Infektionen laufen bei Kindern oft symptomlos ab, schwere Krankheitsverläufe sind auch noch bei Jugendlichen eher selten. Von Spätfolgen wird dennoch auch bei Minderjährigen berichtet: Diese setzten manchmal auch erst Monate nach der Corona-Infektion ein oder verschlechterten sich, schildert Hufnagel.
In der Fachsprache ist bei dem Phänomen von Long Covid (Langes Covid-19) oder Post Covid (Nach Covid-19) die Rede. Da für Kinder und Jugendliche noch keine Covid-19-Impfstoffe zugelassen sind, zählen sie zu den Gruppen, die noch einige Monate empfänglich für das Virus sein werden. Mit den Lockerungen der Corona-Maßnahmen mit Schul- und Kita-Öffnungen rücken mögliche Spätfolgen der Infektion in diesen Gruppen in den Fokus. Seit Wochen steigen die nachgewiesenen Corona-Fälle bei Kindern und Jugendlichen nach Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) an.
„Das Krankheitsbild ist sehr variabel“, erläutert Hufnagel und zählt mögliche Folgen auf, die auch in Kombination auftreten könnten: Darunter sind chronische Erschöpfung, generelle Leistungsminderung und Gelenk- und Muskelschmerzen. Aber auch Hautveränderungen, ähnlich Frostbeulen an den Zehen. Anhaltender Geruchs- und Geschmacksverlust spiele hingegen im Vergleich zu Erwachsenen bei Kindern und Jugendlichen eine untergeordnete Rolle. „Generell sind die Symptome nicht Sars-CoV-2-spezifisch. Das heißt, wir kennen solche anhaltenden gesundheitlichen Einschränkungen auch von anderen Virusinfektionen wie dem Pfeifferschem Drüsenfieber“, betonte Hufnagel.
Daten aus Deutschland zu dem Thema gebe es bislang nicht, so Hufnagel, der mit Kollegen der Dresdner Universitätskinderklinik ein Register zu Krankheitsverläufen aller stationär behandelten Kinder und Jugendlichen mit Sars-CoV-2-Infektion der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie etabliert hat. Eine Studie, bei der Haushalte mit Corona-Fällen über längere Zeit begleitet wurden, habe gezeigt, dass fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 14 Jahren drei Monate nach der Infektion noch mindestens ein Symptom aufwiesen. Bei Erwachsenen betreffe es hingegen bis zu jeden Dritten, schilderte Hufnagel.
Allerdings spielt beim Auftreten der Spätfolgen nach Einschätzung Hufnagels auch die generell belastende und ermüdende Pandemiesituation eine Rolle - nicht nur das Virus allein. „Der Lockdown ist ein großer Stressfaktor. Wenn sich die Pandemiesituation bessert, dürften zumindest bei einem Teil der Betroffenen auch die Ermüdungsanzeichen besser werden.“
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