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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Burucúa

Von Marion Kaufmann

In diesen Tagen, die sich so langsam hinziehen vom Herbst, über den Winter und in den bald beginnenden Frühling, habe ich begonnen, über meinen Besuch, bei José Emilio Burucúa, einem bekannten Kunsthistoriker, Kritiker, Buchautor, Essayisten, ehemaligen Universitätsprofessor, zu schreiben.

Das Thema seines Unterrichts war in jenen prepandemischen Tagen die Moderne Kunst.

„Über die Moderne Kunst“, meinte Dr. Burucúa, „wird von Kritikern und Kunstforscher sehr diskutiert. Die Zeit der Avantgarde, die Suche nach neuen synthetischen Horizonten sind vorbei. Endgültig vorbei. Dieser Kunststil, der im 19. Jahrhundert begonnen hat und in den 80er-Jahren aufhörte als etwas ganz Neues begann: die Performance, die neuen Materialien, dievergängliche Kunst, die Installationen, das Experimentieren.“

„Und gehen Sie zu Ausstellungen solcher Themen?“

„Nein, ich ziehe andere Motive vor. Aber ich will dazu sagen, dass ich mein ganzes Leben damit verbracht habe, zu verstehen. Es klingt paradox, aber in einem Museum suche ich große Werke, große Gemälde und große Skulpturen aus dem 16., 17. Jahrhundert, die mir gefallen. Und trotzdem halte ich mich lange bei der zeitgenössischen Kunst auf, und versuche zu verstehen, was da geschieht. Ich glaube aber, dass meine Ideen weder von Künstlern noch von Kritikern akzeptiert werden. Es gibt natürlich Werke der heutigen Zeit, die mich beeindruckt haben. Andere scheinen mir harmlose Spielereien eines Momentes zu sein, die durch das Kombinationstalent des Künstlers entstanden sind. Es gibt schon Werke, die mir gefallen, zum Beispiel die von Richter, einem deutschen Maler, Installateur, Assembler. Vor allem, weil er ein traditioneller Maler ist. Mit ein paar Bildern, Fotos oder Zeichnungen erfindet er eine Welt. Nebeneinander aufgereiht, bildet er Paneele, mit hieroglyphischen Zeichen, die die Welt von heute illustrieren. Aber auch diese Künstler müssen zuerst die Klassik kennenlernen, die Komposition studieren, Gegenstände, Personen, geometrische Schemen zufügen, auf das Gleichgewicht achten, bis schließlich eine erkennbare Szene erscheint. Im Grunde geht es um die Komposition, ähnlich wie in einem schriftlichen Text. Aber unter diesen Werken findet man auch manchmal abstrakte Kompositionen, die nichts Sichtbares nachahmen, aber ob ihrer Feinheit beeindrucken.“

„Es ist bekannt, dass Sie sich sehr für Aby Warburg interessieren, was können Sie mir über diesen hier kaum bekannten Autor sagen?“

„Aby Warburg, ein deutscher Kunsthistoriker (1866-1929), studierte Philosophie, Geschichte und Religion an deutschen, italienischen und französischen Universitäten. In Argentinien ist er hauptsächlich in akademischen Kreisen und bei Kunst interessierten Autoren bekannt. Besonders, seit ich ab 1992 wichtige Arbeiten von ihm ins Spanische übersetzt habe. In Spanien erschien 2005 sein gesamtes Werk. Für das allgemeine

Publikum ist sein Werk schwer zugänglich, denn er hat es in einem kompliziertem Altdeutsch des 19. Jahrhunderts verfasst, aber in Universitäten gehört es zum Lehrplan. Unter anderen Themen schrieb er über ein illuminiertes Manuskript aus dem 15. Jahrhundert, mit wunderbaren Miniaturen, das einem neapolitanischen Herzog gehört hatte. Über diese Miniaturen gibt es zwei Bücher, eins von 1999, dessen antiker Stil mir schwer fiel zu lesen, und ich musste häufig bei deutschsprechenden Kollegen um Rat fragen.

Von Warburg habe ich zwei Werke ins Spanische übersetzt. Eins über die florentinische Bourgeoisie und die Kunst am Ende des 14. Jahrhundert, und ein anderes über die astrologischen Fresken im Palast des Herzogs von Ferrara.

Ich glaube dass sich nach dem Zweiten Weltkrieg die Sprachen, insbesondere in akademischen Kreisen, kompliziert geworden sind, mit einem unklaren Stil, als ob man etwas auf zwei verschiedenen Arten interpretieren könnte, die aber dasselbe bedeuten. Manchmal versucht man, dass in einem Satz etwas ausgedrückt wird, das genau das Gegenteil des Problems darstellt. Wo dieses Problem der Sprachen zuerst auftrat war in Frankreich, dann im deutschen Sprachraum, im Italienischen etwas weniger. Der spanische Stil, besonders der lateinamerikanische, ist sehr kompliziert geworden. Nur der englische Stil – der aus England – hat sich gerettet und der drückt sich am klarsten aus, denn der aus USA lässt einen manchmal an ein Labyrinth denken.

Sie sehen, dass mich auch die Übersetzung sehr interessiert. Zur Zeit arbeite ich mit einem Text aus dem Latein des 16. Jahrhundert, dem Neo-Latein.

Die Übersetzung ist das Herz der Zivilisation. Man kann sagen, dass es ohne Übersetzung keine Zivilisation gibt. Die beweist, dass eine Kultur an einer anderen interessiert ist. Es ist ein Kennzeichen einer geistigen Größe, eines erweiterten Horizontes. Die Übersetzung ist die Suche nach einer universellen Erkenntnis.

Ich höre nicht auf, über das Leben von Aby Warburg zu lesen. Berühmte deutsche Schriftsteller haben über ihn geschrieben.“

Nachdem das Gespräch beendet war, erwähnt Dr. Burucúa, dass er auch ein Buch über Berlin geschrieben hat.

„Eigentlich war es nicht über Berlin, sondern aus Berlin. Es hieß Cartas berlinesas und enthält die Briefe, die ich meiner Familie schrieb, als ich vor vielen Jahren einige Jahre in Berlin lebte, um zu studieren.“

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