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„Bürgerin aus dem Osten“

Angela Merkel zum Tag der Deutschen Einheit

Angela Merkel
Die amtierende Bundeskanzlerin nahm bei der Rede in der Händel-Halle ihre eigene Herkunft in den Blick. (Foto: dpa)

Halle (dpa) - Zum Abschied wurde Angela Merkel ungewöhnlich persönlich. Für die Bundeskanzlerin war es mutmaßlich der letzte Tag der Deutschen Einheit im Amt, und sie nutzte ihn für zwei große Botschaften: Setzt euch ein für die Errungenschaften der Demokratie! Und tut die wichtigen Erfahrungen der Ostdeutschen nicht einfach ab!

Nicht als Bundeskanzlerin, sondern als „Bürgerin aus dem Osten“ erzählte Merkel am Sonntag beim Festakt in der Händelhalle in Halle an der Saale zwei Anekdoten zum Stand der Dinge, 31 Jahre nach der deutschen Vereinigung. Die eine ging so: In einem Beitrag über sie in einem Buch sei die Rede gewesen von ihrem „Ballast der DDR-Biografie“. Ballast? Merkel zitierte den Duden, der das Wort unter anderem als Material „mit geringem Wert“ definiert.

Das andere „Beispiel aus meinem Leben“, wie Merkel es nannte: Ein Journalist habe über sie geschrieben, sie sei „keine geborene, sondern eine angelernte Bundesdeutsche und Europäerin“. Aber gibt es das, fragte Merkel: „Gibt es zwei Sorten von Bundesdeutschen und Europäern, das Original und die Angelernten, die ihre Zugehörigkeit jeden Tag aufs Neue beweisen müssen?“ Was sei das für ein Bild von Wiedervereinigung?

Es ist nicht nur dieses Gefühl des Zurückgesetztseins, das viele Ostdeutsche auch drei Jahrzehnte nach der Friedlichen Revolution in der DDR und nach der Vereinigung am 3. Oktober 1990 noch spüren. Die Reste der Teilung sind handfest. Trotz milliardenschwerer Investitionen sind Einkommen und Renten immer noch unterschiedlich.

„Mental und strukturell ist die Einheit noch nicht vollendet“, meinte denn auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), der die Feier in Halle dieses Jahr als Bundesratspräsident ausrichtete. Und er betonte auch: „Es bestehen nach wie vor zum Teil große politische Unterschiede zwischen Ost und West.“ Das habe sich zuletzt im Wahlverhalten bei der Bundestagswahl gezeigt.

Merkel sprach von Gefahren für die Demokratie, für die DDR-Bürger in der Wendezeit auf die Straße gegangen waren. Manchmal „gehen wir mit den demokratischen Errungenschaften etwas zu leichtfertig um, als müssten wir nichts für sie tun, als ob sie sich von Generation zu Generation ganz selbstverständlich weitergeben ließen“, formulierte die Kanzlerin. Menschen würden wegen ihres Aussehens oder Glaubens angegriffen, Feuerwehrleute, Sanitäter und Kommunalpolitiker angefeindet. Die verbale Verrohung und Radikalisierung müssten alle gemeinsam zurückweisen.


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