Trotz Differenzen: Argentinische Regierung setzt auf Bündnis
Buenos Aires (dpa/mc) - Trotz der jüngsten Meinungsverschiedenheiten im Mercosur hat sich Argentinien zu dem Wirtschaftsbündnis mit Brasilien, Paraguay und Uruguay bekannt. „Niemand will austreten“, sagte der Außenminister Felipe Solá am Samstag. „Der Mercosur hat seine Probleme, aber wir lassen die Differenzen hinter uns. Wir leben in einer Welt, die immer stärker von Regionen geprägt ist. Deshalb ist es fundamental, den Mercosur zu stärken.“
In dem Staatenbündnis gab es zuletzt Streit über die künftige Ausrichtung. Argentinien setzt unter der neuen linken Regierung eher auf den Schutz seiner Märkte, während Brasilien, Uruguay und Paraguay für eine liberalere Handelspolitik stehen. Zuletzt zog sich die Regierung in Buenos Aires beispielsweise aus den laufenden Verhandlungen des Mercosur über Freihandelsabkommen mit Kanada, Südkorea und Singapur zurück.
Differenzen gibt es auch bei dem schon ausgehandelten Freihandelsabkommen zwischen dem Mercosur und der Europäischen Union. Uruguay, Paraguay und Brasilien wollen den Vertrag zügig ratifizieren, Argentinien tritt auf die Bremse. Aber auch in der EU ist das Abkommen umstritten. Die Bundesregierung hatte zuletzt angekündigt, während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft der Umsetzung des Freihandelsvertrags neuen Schwung verleihen zu wollen (wir berichteten).
Im Mercosur hat Uruguay für das nächste halbe Jahr die Präsidentschaft inne. Die Regierung in Montevideo kündigte an, das Freihandelskommen mit der EU zügig in Kraft setzen zu wollen. „Es könnte kein schlechteres Signal geben, als einen Prozess auf den letzten Metern nicht abzuschließen, über den schon so viele Jahre verhandelt wurde“, sagte der uruguayische Staatschef Luis Lacalle Pou bei einem virtuellen Gipfel mit seinen Mercosur-Amtskollegen vor wenigen Tagen. Man wolle gemeinsam mit der deutschen Regierung die Ratifizierung des Abkommens vorantreiben, sagte Lacalle Pou.
Nach jahrelangen Verhandlungen hatten sich die Unterhändler vor einem Jahr auf das Abkommen geeinigt. Der Vertrag würde die größte Freihandelszone der Welt mit 780 Millionen Menschen schaffen. Er soll vor allem Zölle abbauen und damit den Handel ankurbeln. Das Abkommen muss noch von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Allerdings ist es sowohl in Südamerika als auch in Europa umstritten. Einige Länder wollen ihre Märkte schützen, andere fürchten die Aufweichung von Arbeits- oder Umweltstandards.
Was den Mercosur betrifft, wurde vereinbart, dass der Vertrag in denjenigen Ländern des Bündnisses in Kraft tritt, in denen er ratifiziert wurde. Er könnte also durchaus passieren, dass er in einigen Ländern gilt und in anderen nicht.
Dass Argentinien am Ende außen vor stehen könnte, befürchtet vor diesem Hintergrund die ehemalige Kongressabgeordnete Cornelia Schmidt-Liermann: „Paraguay und Uruguay werden sehr schnell ratifizieren. Brasilien wohl auch. Wenn Argentinien dies nicht tut, dann verpassen wir eine einzigartige Chance. Ich gehe aber davon aus, dass wir es schaffen. Denn dieser Vertrag mit der EU ist ja mit der Region, aus der viele Argentinier stammen“, argumentiert die deutschstämmige Juristin, die bis zu ihrem Ausscheiden im Dezember vorigen Jahres den Ausschuss für Außenpolitik der Deputiertenkammer leitete.
„Wir müssen aufpassen, dass die ausgeprägten Nationalisten diesen Vertrag nicht bombardieren. Er ist auch für den Zusammenhalt des Mercosur wichtig“, so Schmidt-Liermann. In dem Bündnis gebe es auch Kräfte, die lieber nur mit China handeln wollten. „Deswegen ist der Vertrag auch geopolitisch wichtig. Zum Gleichgewicht der Handelsmächte“, meint die Politikerin, die der PRO-Partei des marktliberalen Ex-Präsidenten Mauricio Macri angehört.
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