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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Aus den Regalen des Centro DIHA


Hundert Jahre Deutscher Krankenverein (1857-1957)

Ein Jahrhundert deutsch-argentinischer Gemeinschaft im Spiegel des Wachsens und Werdens ihrer größten und bedeutendsten Vereinigung den Vereinsprotokollen und anderen Quellen entnommen in den Zusammenhang der geschichtlichen Entwicklung gestellt von W. von Oven. Eine erstaunlich reichhaltige Darstellung der Umstände, unter denen diese Institution entstand und der Geschichte derselben.

Von Oven hat mit Kenntnis und Interesse nicht nur die Geschichte des Krankenvereins dargestellt, sondern das Umfeld im weiteren Sinn, also die damals fast 150 Jahre umfassende argentinische Geschichte. Entsprechend der Ideologie des Verfassers findet sich in der Vorgeschichte des Vereins eine interessante Variante zu der Geschichte von Manuel de Rosas, der von Historikern meist als autoritärer Gewaltherrscher behandelt wird. Hierbei stützt sich von Oven auf das Buch von Wilhelm Lütge, Argentinien im Aufstieg. Geschichte und Ringen einer jungen Nation. Bs. As.: El buen libro, 1952. Ein unorthodoxes Buch zum Thema; es gehört zu der “revisionistischen” Strömung der argentinischen Geschichtsschreibung. Ein wichtiger Akzent wird in dieser Darstellung auf die Angriffe ab 1840 der französischen und englischen Kriegsmarine gesetzt, deren Versuche, die Schifffahrt auf dem Paraná unter Kontrolle zu bekommen, von den unter Rosas geeinten Truppen ruhmreich abgeschlagen wurden. Hierzu gehört die Schlacht auf dem Paraná 1845 an der Vuelta de Obligado (Windung des Paraná nahe von San Pedro, Prov. Buenos Aires), dort wurden dicke Ketten über den Fluss gespannt, um die Durchfahrt zu verhindern. Drei Jahrzehnte nach seiner Loslösung von Spanien entkam Argentinien dank Rosas’ entschlossener Abwehr den kommerziellen und womöglich kolonisatorischen Absichten der damaligen Großmächte. Dabei stellt von Oven die sonst meist als blutig wütende Schergen beschriebene Mazorka –im Fahrwasser von Lütge, der von einer Polizei spricht, die eben aus vielen (damals als minderwertig geltenden) Farbigen bestand– als bloße Ordnungstruppe dar.

Auch das engere Umfeld der deutschsprachigen Einwanderer kommt zur Sprache. So sieht man, wie der Krankenverein zu der Gründung des Hospitals maßgeblich beigetragen hat und das Grundstück gestiftet hat, auf dem das Hospital steht, und wie dieses im Laufe der Jahre dann den Mutterverein an Bedeutung überflügelte. Der Deutsche Krankenverein war ein Sozialversicherungsverein, eine mutual wie sie auch bei anderen Landsmannschaften bestanden. Dagegen betrieb der Hospitalverein seit vielen Jahren das Hospital als solches, ließ aber lange Zeit auch zahlreichen Patienten Hilfe zukommen, die zuvor nicht eingezahlt hatten. Aufgrund der Sprachzugehörigkeit wurde an ihnen Wohltätigkeit geübt.

Ein Kommentar noch: Die Verteuerung des Gesundheitswesens und die Übernahme der Sozialaufgaben durch den Staat hat schließlich dazu geführt, dass weder die früher vorhandene wohltätige Einrichtung des Hospitals als landsmannschaftliche Einrichtung noch die genossenschaftliche Organisation des Krankenvereins mithalten konnten. Das Hospital wird zwar immer größer, hat aber ganz andere Geschäftsmodelle entwickelt, um in der modernen Welt fortbestehen zu können.

Aus Mitteilungsblatt VIII/8-2021

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