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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Aus den Regalen des Centro DIHA

Hans-Adalbert von Maltzahn

Kämpfer für die Republik und Freund Else Lasker-Schülers


Im Januar 1926 kommt Hans-Adalbert von Maltzahn (1894 Kiel - 1934 Paris) in Buenos Aires mit dem Schiff aus Genua an. Er ist zum zweiten Mal in Südamerika. Wenige Jahre zuvor (ab 1921-1924) war er bereits in Brasilien, in Blumenau im Bundesstaat Santa Catarina. Vermutlich wurde er als „missratener Sohn“ - Pazifist, Teil der Berliner Künstler-Boheme um Else Lasker-Schüler, homosexuell - von seinen Eltern zur „Bewährung“ nach Brasilien geschickt. Zunächst arbeitet er in einer Siedlungsgesellschaft, dann als Schriftleiter der liberalen Blumenauer Zeitung. Aufgrund von Auseinandersetzungen mit rechten revanchistischen, deutschen Kreisen in Blumenau und einer Beteiligung bei einer Streikaktion von Arbeitern eines Kraftwerkes, wird er im Sommer 1924 verhaftet und aus Brasilien ausgewiesen.

Wieder in Deutschland angekommen, reist er mit seiner mütterlichen Freundin Else Lasker-Schüler, die mehrere Liebesgedichte über ihn schrieb und ihn in ihrer Erzählung „Der Malik“ auftreten lässt, in die Schweiz. Im Januar 1926 schifft er sich in Genua ein. Was Maltzahn im Jahr 1926 in Argentinien machte, wo er sich aufhielt, ob er vielleicht auch wieder zurück nach Brasilien ging, ist unbekannt. Mitte Dezember 1926 verwirklicht er in Buenos Aires ein eigenes republikanisches Zeitungsprojekt, von dem er lange träumte: Die Deutschen Blätter - Zeitschrift für Kultur, Politik und Wirtschaft, von dem zwei Nummern im Institut für Auslandsbeziehungen, Stuttgart, bewahrt sind. In dem anspruchsvollen Heft, dessen Erstausgabe bisher nicht aufzufinden ist, formuliert Maltzahn als Programm: „Fragen zu diskutieren, die für die moralischen, geistigen und materiellen Beziehungen des Auslandsdeutschtums zum alten Vaterlande und zur neuen Heimat von Bedeutung sein könnten.“ Dabei sei klar, dass „die Auslandsdeutschen keinen Einfluss auf den Gang der deutschen Politik drüben ausüben können und ihre Aufgabe allein auf kulturellem Gebiet liegen“ (La Vanguardia vom 28.12.1926 zitiert nach Deutsche Blätter vom 11.01.1927: 44), deren Grundlage die Weimarer Verfassung sei.

Offenbar war dem Projekt kein größerer Erfolg vergönnt, es erschienen nur wenige Hefte (nur Heft 2 und 3 konnten gefunden werden). Mitte 1927 kehrt er nach Europa zurück und wird in Paris Theaterkritiker zahlreicher Zeitungen. Im Juni 1934 stirbt er lungenkrank und verarmt in Paris. Die Trauerrede für den „einfach anständigen Menschen“ hält der Schriftsteller Rudolf Leonhard. Eine ausführliche Biografie ist in Vorbereitung.

Andrej Seuss, Friedberg/Hessen

(Aus Mitteilungsblatt VIII/1-2021)

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