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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Aus den Regalen des Centro DIHA

Dokumente der Familie Oppenheimer

Centro DIHA möchte Herrn Pedro Oppenheimer herzlich danken für die wichtige Dokumentensammlung seiner Familie, deren Mitglieder ab 1910 in mehreren Schüben nach Argentinien einwanderten. Er hat dem Archiv Reisepässe, Kennkarten, Führungszeugnisse, Familienbücher, Sterbeurkunden und andere Dokumente übergeben, aus denen Herkunft und Schicksal seiner deutsch-jüdischen Familie abzulesen ist. Der erste, Heinrich Rosenthal, hatte sich vor dem Ersten Weltkrieg als 25-Jähriger auf der Suche nach neuen Horizonten in Buenos Aires angesiedelt. Er hatte in Argentinien Erfolg. Nach dem Ersten Weltkrieg begann er sieben seiner Neffen in seine Wahlheimat zu holen. Der erste war Ernst Oppenheimer, der bald argentinischer Staatsbürger wurde. Dann reiste er nach Deutschland, heiratete dort und kam wieder zurück. Seine beiden Söhne sind in Buenos Aires geboren, Pedro war der ältere. Oppenheimer erzählt, sein Vater habe in der Kaffeebranche gearbeitet. Ab 1936 leitete er das jetzt hundert Jahre alte Kaffee- und Süßigkeitengeschäft Bonafide (eine der großen Ketten in Buenos Aires), das 1917 von den deutschen Gebrüdern Trinks gegründet worden war. Ab 1960 hat auch Pedro, der an der ETH Zürich Chemieingenieur geworden war, bei Bonafide gearbeitet, bis er 1981 aus der Firma austrat. Entsprechende Dokumentation ist an das Firmenarchiv von Bonafide gegeben worden. Ernst Oppenheimer war einer der Gründer des Hilfsvereins deutschsprechender Juden und gehörte zum Vorstand. Pedro ist nach dessen Tod 1968 in seines Vaters Fußstapfen getreten, er arbeitet bis heute in der Kommission für direkte Sozialhilfe des Hilfsvereins. Die erhaltenen Dokumente erinnern an Sitten und Gebräuche aus den 30er- und 40er-Jahren. Die Einstufung als “Ehefrau eines Argentiniers” ermöglichte es der Mutter von Pedro, die mit dem argentinischen Staatsbürger Ernst Oppenheimer verheiratet war, ins Land einzuwandern. An den Pässen der vier Großeltern von Pedro, die 1939 nach Argentinien kamen, kann man sehen, dass ein zweiter Vorname, Israel für die Männer, Sara für die Frauen, eingefügt war, wie in Nazideutschland zur Identifizierung der Juden üblich. Diese Namen sind später in die argentinischen Dokumente übernommen worden, während die Betroffenen sie in Deutschland wieder ablegen konnten. Mit einem verschmitzten Lächeln zeigt Pedro die argentinischen Personalausweise seiner vier eingewanderten Großeltern: neben den Dokumentennummern ist rechts und links ein Davidstern eingestanzt. In seinem eigenen alten Personalausweis hatte man ihm als jungem Argentinier ein Kreuz neben die Nummer gesetzt. Die Eltern von Ernst Oppenheimer und seiner Frau benötigten, um einwandern zu können, eine “Rufpassage”. Diese konnte nur jemand an seine Verwandten schicken, der wenigstens zwei Jahre lang in Argentinien gelebt hatte. Es fehlt in den Pässen auch nicht das rote “J”, das die Juden brandmarken sollte.

Noch etwas Kurioses: im deutschen Familienbuch Ernst Oppenheimers hat ein argentinischer Beamter die Geburten Pedros und seines jüngeren Bruders Ricardo bezeugt. Oppenheimer besitzt einen Familienstammbaum, der bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht. Die Zweige dieser Familie stehen dort teils auf hebräisch, teils auf deutsch verzeichnet. Er hat uns großzügigerweise mehrere alte Dokumente geschenkt, deren Bearbeitung Themen der deutschen Geschichte neu beleuchten wird. Sobald er die argentinischen Nachkommen eingetragen hat, soll das Archiv eine Kopie dieses prächtigen Werkes bekommen.

Aus Mitteilungsblatt IV/9-2017

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