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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Aus den Regalen des Centro DIHA

Deutsche Einwanderung nach Charata 100 Jahrfeier

Eine kurze Reise in den Chaco, zur Feier des hundertjährigen Bestehens der aufstrebenden Stadt Charata am 4.10.2014 (verbunden mit dem Wunsch, dort Spuren der deutschsprachigen Einwanderung zu finden) hat gezeigt, dass in dieser, wie in anderen Provinzen die jeweils spätere Immigration der früheren den Rang abläuft. So ist es heute schwierig, mehr als vielleicht die Namen und äußeren Merkmale der Nachkommen deutscher Einwanderer aufzufinden, die in mehreren Siedlungsgebieten zu den Pionieren gehört haben. In Villa Angela, Charata und Castelli waren es neben Spaniern und criollos Deutsche oder Russlanddeutsche, die dort das Land urbar gemacht haben, bevor sich in der Gegend Italiener, Russen, Polen und Ukrainer niederließen, die heute dort vorherrschen. Angesichts der vom Staat durchgesetzten Erziehungsmuster und der Notwendigkeit, eine gemeinsame Sprache zu sprechen, gingen die Ursprungssprachen schnell verloren. Die Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe, mit ihren Eigenheiten im Aussehen, in den Gewohnheiten, in der Sprache und den Volkstraditionen, wie Lieder und Tänze, oder sogar die andersartige Religion der Protestanten oder Orthodoxen, wurde nicht als eigener Wert empfunden. Die Abwanderung von Kindern und Enkeln der Einwanderer nach Zentren, die ihnen bessere persönliche Chancen boten, führte dann zur Verringerung der Einwandererfamilien in der Region. Herausragende Persönlichkeiten haben durchaus ihre Spuren hinterlassen, wie der Redemptoristenpater Johann Holzer, der die notleidenden Wolgadeutschen aus dem Nationalterritorium La Pampa ins Chaco brachte, wo sie unter neuen großen Opfern schließlich in Castelli und La Florida Wurzeln schlugen. Oder wie der Kunstschmied Eduard Rohrberg, der den durchlässigen Turmaufbau der Redemptoristenkirche in Charata geschmiedet hat. Und wie Pastor Fritz Held mit seinem für arme Familien gegründeten Barrio Ulm. Diejenigen, die um ihre deutschen Wurzeln wissen, bilden eine kleine Gruppe, deren Mitglieder bei großen Festen, wie bei dem Aufmarsch der Institutionen und Vereine zum hundertsten Geburtstag von Charata, sich einen Tirolerhut auf den Kopf setzen oder geblümte Kleider und Schürzen anziehen und ein Bierfass auffahren. Immer mehr argentinische Ortschaften mit mitteleuropäischer Tradition suchen ihr Glück und ihren gemeinsamen Nenner im Organisieren eines “Oktoberfestes”. Nur dieses Fest scheint ihnen das Gefühl einer verlorenen deutschen Identität wiederzugeben, auch wenn es viele andere Dinge gäbe, die dazu geeignet wären. Viele Ortschaften und Städte in den argentinischen Provinzen stehen kurz vor ihrem hundertjährigen oder einem anderen wichtigen Jubiläum. Man könnte sagen, das Land wird auch in den fernen Provinzen jetzt erwachsen, insofern es für seine Vergangenheit einsteht und sie nicht mehr nur durch die Erinnerung sondern im Licht der Geschichte wahrnimmt. Die Erinnerung erlaubt uns, von uns selbst oder von unseren Gesprächspartnern erlebte Zeiten wieder aufleben zu lassen. Die Geschichte aber ermöglicht, uns über unsere eigene Erfahrung hinaus mit Wiederholungen und Kontrasten zu befassen. Die Arbeit des Centro DIHA soll helfen, solche Vergleiche zu ermöglichen.

Aus Mitteilungsblatt I/7-2014

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