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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Aufarbeitung von Diktaturen

Käsemann-Stiftung organisiert Symposium in Buenos Aires

(v.l.n.r.) Der kolumbianische Botschafter Álvaro Pava Camelo, Dorothee Weitbrecht und der deutsche Botschafter Jürgen Christian Mertens.
(v.l.n.r.) Der kolumbianische Botschafter Álvaro Pava Camelo, Dorothee Weitbrecht und der deutsche Botschafter Jürgen Christian Mertens.

Buenos Aires (AT/mc) - Ein Erfahrungsaustausch in Sachen juristischer Aufarbeitung von Diktaturen - darum ging es beim Symposium „Past and Future“, das die Elisabeth-Käsemann-Stiftung Anfang dieser Woche in Buenos Aires organisierte. Juristen aus Argentinien, Deutschland und Kolumbien trafen sich drei Tage lang in der Juristischen Fakultät der Universität von Buenos Aires.

„Die Teilnehmer stammen aus Ländern, deren historische Rechtsbrüche häufig stellvertretend für extreme Menschenrechtsverletzungen und Konflikte genannt werden, die aber auch großartige Leistungen im Bereich der Vergangenheitsaufarbeitung hervorgebracht haben“, meinte Dorothee Weitbrecht, die Vorsitzende der Käsemann-Stiftung bei ihrer Begrüßungsansprache. Argentinien stehe für die „grausamste und effektivste lateinamerikanische Militärdiktatur“. Andererseits finde Argentinien weltweit Anerkennung für einen 18 Jahre nach Ende der Diktatur wieder aufgenommenen Aufarbeitungsprozess mit traditionellen Rechtsmitteln, der auch für andere Länder Südamerikas vorbildhaft sein könnte.

Deutschland hingegen sei 1963 - 18 Jahre nach Ende des „Dritten Reiches“ - noch weit davon entfernt gewesen, aus eigener Kraft die NS-Vergangenheit juristisch und gesellschaftlich aufzuarbeiten, verdeutlicht Weitbrecht.

Kolumbien wiederum litt jahrzehntelang unter einer „singulären Auseinandersetzung zwischen der ältesten und größten Guerrillaorganisation Lateinamerikas und staatlichen Terroreinheiten und Paramilitärs“.

Die deutsche Delegation war bei dem Treffen hochrangig vertreten. Beispielsweise durch Cornelius Nestler. Der Kölner Strafrechtsprofessor war Nebenklägervertreter in Strafprozessen gegen ehemalige SS-Leute und Wächter von Konzentrationslagern.

Mit dabei in Buenos Aires war auch Jens Rommel, der Leiter der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen. Gegenüber dem Tageblatt erläuterte Rommel: Es gehe bei dem Symposium nicht darum, Verbrechen zu vergleichen, sondern vielmehr darum aufzuzeigen, welche Wege des Umgangs und der Aufarbeitung es gebe.

Weitbrecht selbst hat ein persönliches Motiv, sich gerade mit der letzten argentinischen Militärdiktatur auseinanderzusetzen. Die Historikerin ist die Nichte von Elisabeth Käsemann. Diese kam Anfang der 70er Jahre nach Argentinien, wo sie studierte und sich für sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen engagierte. 1977 wurde sie von Schergen der Diktatur entführt und nach wochenlanger Folter erschossen. Ihr Fall ist einer von fast 100 deutsch-argentinischen Opfern während der Militärdiktatur. 2014 gründete Weitbrecht gemeinsam mit Gleichgesinnten die Stiftung, die den Namen ihrer ermordeten Tante trägt.

Die Organisation will dahin wirken, nachfolgende Generationen für antidemokratische Gefahren und die Bedeutung der Menschenrechte zu sensibilisieren. Ausgangspunkt war die juristische Aufarbeitung der Militärdiktatur in Argentinien. In einer gemeinsamen Bemühung erreichten deutsch-argentinische und deutsche Opfer, Opferangehörige, kirchliche und nichtstaatliche Organisationen mit der „Koalition gegen Straflosigkeit“ die internationale Strafverfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Aktuell unterstützt die Käsemann-Stiftung die Planung und den Bau einer Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen geheimen Haftlagers El Vesubio. Zudem fördert sie Schulprojekte, wie zuletzt an der hiesigen Pestalozzi-Schule, bei denen Wissen über die Diktatur vermittelt wird.

Gelegenheit zum Austausch bestand bereits bei dem Empfang, den der deutsche Botschafter Jürgen Christian Mertens am Montag in seiner Residenz veranstaltete. Der Diplomat würdigte die Stiftung wegen ihres Einsatzes für den Schutz der Menschenrechte und die demokratischen Werte durch den interkulturellen Dialog. Mertens hob die „immense Verantwortung“ der Justiz bei der Aufarbeitung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit hervor. Schließlich gehe es hier nicht nur um Gerichtsprozesse, sondern auch um Gerechtigkeit für die Gesellschaft insgesamt.

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