Hoffnung im Nahen Osten / Maas sichert Israel Solidarität zu
Tel Aviv/Gaza (dpa) - Nach elf Tagen schwerer Kämpfe haben sich Israel und die militanten Palästinenser im Gazastreifen auf eine Waffenruhe geeinigt. Sie folgten damit einem Vorschlag Ägyptens, das zwischen den Kontrahenten vermittelt hatte, wie ein Sprecher der israelischen Regierung und Repräsentanten der islamistischen Hamas im Gazastreifen gestern am späten Abend bestätigten.
Die Waffenruhe sei einseitig und erfolge ohne jegliche Vorbedingungen, sagte ein Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Die politische Führung habe betont, dass die Realität vor Ort das weitere Vorgehen bei den Kämpfen bestimmen werde. Sollten etwa die Palästinenser ihre Raketenangriffe fortsetzen, sei die Waffenruhe umgehend wieder aufgehoben. Direkt nach der Mitteilung über Israels Entscheidung für eine Waffenruhe gab es erneut Raketenalarm in den israelischen Grenzorten am Rande des Gazastreifens.
Trotzdem bekannte sich auch die Hamas zu der indirekt erzielten Vereinbarung. „Die Waffenruhe ist wechselseitig und tritt beidseitig am Freitag 2 Uhr (Ortszeit) in Kraft“, sagte Taher al-Nuno, ein Berater des Hamas-Chefs Ismail Hanija, in Gaza. Der „bewaffnete Widerstand“ der Palästinenser werde sich so lange an sie halten, so lange dies die israelische Seite tue, fügte er hinzu.
Die Zustimmung der Islamisten kam nicht überraschend. Die Angriffe des israelischen Militärs auf ihre Infrastruktur im Gazastreifen, darunter Tunnels, Bunker, Waffenlager und Waffenwerkstätten, haben der Hamas erhebliche Verluste zugefügt.
In den Stunden vor der Verkündung der Waffenruhe hatte Bundesaußenminister Heiko Maas Israel und die Palästinensergebiete besucht. Dabei stellte er sich erneut mit aller Deutlichkeit an die Seite des jüdischen Staates. „Für uns ist die Sicherheit Israels, genauso die Sicherheit aller Jüdinnen und Juden in Deutschland, nicht verhandelbar“, betonte er.
Maas schlugen von seinen israelischen Gastgebern Sympathie und Wohlwollen entgegen. Sein Kollege Gabi Aschkenasi bedankte sich bei ihm für die Solidarität Deutschlands. „Ich danke ihm, dass er uns besucht in dieser Zeit, in einer Zeit, wo Raketen fallen.“
Maas kam bei seinem Besuch auch mit Präsident Reuven Rivlin, Verteidigungsminister Benny Gantz und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zusammen. Letzterer präsentierte dabei zwei Trümmerteile einer Drohne. „Iran hat uns diese bewaffnete Drohne geschickt“, sagte er dazu. Die israelischen Streitkräfte hätten sie an der Grenze zu Jordanien abgeschossen. In den Abendstunden traf Maas in Ramallah im Westjordanland den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas.
Die im Gazastreifen herrschende Hamas verurteilte die Äußerungen von Maas als „parteiisch“. „Wir sind schockiert von den Medienerklärungen des deutschen Außenministers (...) in Hinblick auf die Lage in den besetzten palästinensischen Gebieten“, schrieb das Büro für internationale Angelegenheiten der Hamas in einer Mitteilung.
Militante Palästinenser griffen gestern vom Gazastreifen aus die angrenzenden Gebiete in Israel nahezu ununterbrochen mit Raketen und Mörsern an. Das israelische Militär forderte die Bewohner in Grenznähe zu Gaza dazu auf, in den Luftschutzkellern zu bleiben. Aber auch in den etwas weiter entfernten Städten Aschkelon und Beerscheva heulten immer wieder die Sirenen.
Der Konflikt war am 10. Mai mit dem Raketenbeschuss der Hamas auf Jerusalem eskaliert. Israel reagierte darauf mit massiven Angriffen in dem Küstengebiet. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden bis zum Donnerstag 232 Palästinenser getötet, unter ihnen 65 Kinder und Jugendliche. 1900 Menschen wurden verletzt.
Militante Palästinenser feuerten nach israelischen Militärangaben insgesamt 4340 Raketen auf Israel ab, von denen 640 noch im Gazastreifen niedergingen. Das israelische Abwehrsystem Eisenkuppel („Iron Dome“) fing 90 Prozente der Geschosse ab. Zwölf Israelis kamen durch den Beschuss ums Leben, mehr als 300 erlitten Verletzungen.
Gewalttätige Proteste
Berlin (dpa) - Nach den teils gewalttätigen Protesten gegen das Vorgehen Israels im Gaza-Konflikt warnen Politiker und Verbände vor wachsendem Antisemitismus in Deutschland. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte ein hartes Durchgreifen bei Attacken auf jüdische Einrichtungen an. "Wir werden nicht tolerieren, dass auf deutschem Boden israelische Flaggen brennen und jüdische Einrichtungen angegriffen werden", sagte er der "Bild am Sonntag". "Wer antisemitischen Hass verbreitet, wird die volle Härte des Rechtsstaates zu spüren bekommen."
Angesichts der Eskalation des Konflikts zwischen Israel und der palästinensischen Hamas waren am Wochenende Tausende Menschen in deutschen Städten auf die Straße gegangen, vor allem um ihre Solidarität mit den Palästinensern zu bekunden. Weiterer Anlass für Demonstrationen war der jährliche Gedenktag am 15. Mai, an dem Palästinenser an die Flucht und Vertreibung von Hunderttausenden ihrer Vorfahren aus dem Gebiet des späteren Israels im Jahr 1948 erinnern. Bei mehreren Demonstrationen kam es zu Zwischenfällen und Ausschreitungen, die schwersten Krawalle gab es in Berlin.
ARGENTINIEN
„Befinden uns im Notstand“
Buenos Aires (AT/mc) - „Wir befinden uns in einem nationalen Gesundheitsnotstand.“ Mit diesen drastischen Worten hatte Präsident Alberto Fernández bereits am Mittwoch die Situation beschrieben, die Argentinien derzeit aufgrund zweiten Corona-Welle durchmacht. Der Staatschef plante gestern Abend neue scharfe Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie.
Nach übereinstimmenden Medienberichten sehen diese einen landesweiten Lockdown vor, der in der Nacht zum morgigen Samstag in Kraft treten und neun Tage andauern soll. Dies bedeute, dass die Bürger, die nicht zu den systemrelevanten Berufsgruppen gehören, die eigenen Wohnungen nur für lebensnotwendige Besorgungen verlassen werden dürften - ähnlich wie bei der Phase 1 der allgemeinen Quarantäne vor gut einem Jahr.
Fernández hatte zuvor bei den Gouverneuren um Unterstützung für seinen Kurs geworben. Er erläuterte, dass neben der Impfkampagne die Einschränkung der Zirkulation die einzige Möglichkeit darstelle, die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen. Erneut sprach Fernández sich dafür aus, den Präsenzunterricht an den Schulen auszusetzen. Die offizielle Ankündigung des Präsidenten wurde gestern Abend nach Redaktionsschluss erwartet.
Zuletzt stiegen die Ansteckungszahlen im Land dramatisch an. Am Mittwoch wurden 39.652 Neuinfektionen pro Tag registriert. Ein Rekordwert. Bereits in den vergangenen Wochen lag die Zahl der neuen Infektionen pro Tag immer wieder über 25.000. Bislang haben sich rund 3,3 Millionen Menschen in Argentinien nachweislich mit dem Coronavirus infiziert, über 71.000 Patienten sind im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Die Auslastung der Intensivstationen liegt bei über 70 Prozent.
Comentários